28. August 2015
Wie drollig: da mache ich auf einmal wie verrückt Selbstbildnisse! Nur um dann Wochen später festzustellen, dass ich das eigentlich schon immer gemacht habe. Also nicht ganz, aber im Zeitraum 2001 bis 2007 war das eine ganz regelmäßige Betüchtigung. Natürlich habe ich auch anderes Zeug vor die Linse genommen, (fotografische Erkundung einer neuen Umgebung nach dem Umzug), aber ein Selbstbild war immer dabei.
Kurz zum Zeitstrahl: 2005 habe ich mit dem Harzen angefangen, und 2006 hatte ich meine erste Ausstellung mit Bildobjekten aus Harz 2007 die zweite. Zeitgleich schwand das Interesse an der Fotografie. Zufall?
Lange vor der Ära der World Wide Blogs habe ich a) natürlich analog fotografiert und b) in schwarz-weiß und c) die Erzeugnisse in ein Buch geklebt. Steinzeit, eben. Aber Leute, wie traumhaft ist es, endlich mal wieder ein echtes Korn im Abzug zu erspähen, und wie beeindruckend ist die unglaubliche Stimmung, die so eine Aufnahme transportieren kann. In Digital und Farbe ist nicht immer alles schöner.
Für alle, die noch nie einen Film belichtet haben: ein Selbstbild mit einer analogen Spiegelreflex hat einen völlig anderen Charme, als Selfies mit einem Smartphone oder einen digitalen Spiegelreflex zu machen. Mein frühes Gehäuse war aus Metall, so dass die Kamera einfach auf einen Untergrund gestellt werden konnte. Die Objektive waren leicht, so dass das Gehäuse nicht nach vorne umgekippt ist, wie es heute bei digitalen Bodies der Fall ist.
Dann konnte man sich die Situation ungefähr einrichten und den Selbstauslöser betätigen. 10 Sekunden hatte man Zeit, sich blitzschnell hinter und vor die Kamera in die Pose seiner Wahl zu werfen, während ein schnarrendes Geräusch den Mechanismus ansagte (da muss man stellenweise ganz schön rennen). Kurz vor dem Auslösen hat das Schnarren ausgesetzt. Freeeze! Und Tage, Wochen, Monate später, wenn der Film dann endlich fertig belichtet und entwickelt war, konnte man die Ergebnisse bestaunen. Wenn die schöne Situation oder das Ereignis, das man festhalten wollte, längst vorbei und außer Reichweite war.
Zufallsprodukte - oder auch: Fotos ohne die Beeinflussung durch den Blick eines anderen Menschen. Dadurch, dass bei Selbstbildnissen kein Externer involviert ist, könnte man mutmaßen, dass es sich um "wahrhaftigere" Darstellungen von einem selbst handelt. Darüber könnte man jetzt unter Fotofreunden trefflich diskutieren.
Falls man die Kamera nicht irgendwo platzieren konnte, mussten eben Spiegel oder spiegelnde Flächen herhalten. Kaum ein nettes Waschbecken in und um Düsseldorf, vor dem ich nicht mal eben schnell im Spiegel ein Selbstbild geschossen habe. Aufgrund der meist gänzlich obskuren Lichtsituation sind die Bilder wenig scharf und von der Belichtung auch nicht immer optimal, aber trotzdem schön.
Gerade vor meiner Betrachtung zum älter werden muss ich rückblickend sagen, dass die Fotos doch ein recht schmeichelhaftes Licht auf mich werfen. Was mir damals nicht so vorkam.Rückblickend würde ich formulieren, dass ich mein Potenzial vielleicht nicht so recht ausgelotet habe. Sei es drum. Aber so lässt sich erklären, warum und welche Dinge mir heute wichtig sind.
Auch wenn ich heute beim besten Willen nicht mehr sagen kann, was ich im Hotel Mercure Zimmer 214 gemacht habe, war ich wohl offensichtlich da (wo?). Und auch andere Dinge sind mir aufgefallen: das geblümte Kleid über schwarzer Hose war wohl jahrelang mein einziges Styling-Totschlag-Argument (ich habe es heute noch, ich sollte mal ein Revival-Shooting machen), offensichtlich mochte ich lange Fingernägel (wie unpraktisch!), und meinen Pulsmesser habe ich auch nie abgelegt (ganz schön angebermäßig). Und blond wurde ich offensichtlich auch erst nach dem Januar 2007.
Viel Spaß beim Stöbern in Ednas Zeitkapsel!