16. Juni 2016
Harz einzufärben ist eins der Dinge, an denen man sich bei den ersten Harz-Gehversuchen (vermeintlich) die Zähne ausbeißt. Jeder Hersteller hat irgendein Farbsortiment "speziell für den Einsatz im Harz", und je nach Großherzigkeit desselben verfügt das Farbspektrum vielleicht auch über mehr als fünf Grundtöne.
Farbtöne aus Grundfarben mischen ist eine kleine Kunst, und auch wenn ich mich seit Jahren darin übe - bestimmte Töne kann man technisch einfach nicht erzeugen, auch wenn man sich dafür nackt vom Kronleuchter hängt. Farben haben auch unterschiedliche Eigenschaften, beispielsweise können sie blickdicht oder transparente Effekte erzeugen. Das macht es nicht einfacher zu einem gewünschten Farbbild im Harz zu kommen.
Nachdem ich einfach rücksichtslos alles mögliche ins Harz gekippt habe, steht fest:
Harz hat ein großes Herz und verzeiht unendlich viel, wenn es ums Einfärben geht.
Harz kann gefärbt werden mit:
- Pigmenten aus dem Künstlerbedarf, aber auch mit Lidschatten und Rouge*
- Nagellack*
- Tinte für den Tintenstrahldrucker
- Tinte
- Acrylfarben auf Wasserbasis*
(Gewürzpulver und Ölfarbe habe ich noch nicht ausprobiert, könnte mir aber vorstellen, dass das auch funktioniert)
Der letzte Punkt ist ungeheuer verwunderlich, technisch gesehen dürfte das gar nicht klappen, aber komischerweise funktioniert es. Und daher geht es im heutige Post um genau diesen Sachverhalt.
Aufatmen für alle menschen, die viel Geld und Mühe damit verschwendet haben, aus unattraktiven "Harzfarben" verunglückte Mischtöne zu erzeugen. Dispersionsfarbe oder Acryllack oder Acrylfarbe für den Bastelbereich tun es auch, sind überall zu bekommen und färben das Harz zuverlässig blickdicht ein.
Natürlich hat auch die Ketzerei eine Krücke: anders als Harzfarbe "speziell für den Einsatz im Harz" verändert Arcylfarbe die Harzeigenschaften: je nach Hersteller verändern sich die ursprünglichen Farben und je nach Menge beeinflusst der Wasseranteil die Fließeigenschaften des Harzes. Mehr als ein Pfefferkorn soll man auf eine kleine Menge nicht probieren, sonst wird das Harz furchtbar zäh und mag nicht mehr fließen.
Dies ist wiederum ein Umstand, den man sehr gut für kreative Effekte einsetzen kann, der sonst nur durch schnellen Härter oder vorgehärtetes Harz erzeugt werden kann.
Ohne zu wissen, was Mineralfarbe ist, ist mir beim Anblick der Farbpalette von Fleur (umfasst eigentlich 22 Töne, hier sieht man nur neun) direkt das Wasser im Munde zusammengelaufen. Und durch einen glücklichen Umstand wurden mir diese Farben zum Testen unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Was für ein Fest!
To-Do-Fleur Farben sind wasserbasiert und werden eigentlich für die Überarbeitung von Möbeln benutzt. Mehrere Schichten verschiedfarbiger Aufträge, durch Wachs getrennt und nachträglich geschliffen, ergeben das, was im landläufigen Crafterjargon als "Shabby Chic"-Style bezeichnet wird. Farben auf Silikatbasis eignen sich dafür besonders gut, weil sie sich sehr gut mit dem Untergrund verbinden, der Auftrag flexibel bleibt (da Holz arbeitet) und der Hersteller Fleur bietet darüber hinaus einen sehr hohen Pigmentanteil.
Wahrscheinlich werde ich diese Farbe niemals in ihrer ursprünglich geplanten Verwendung benutzen. Was aber ungeheuer reizvoll ist, ist der Gedanke, Möbelknöpfe aus Harz mit der Farbpalette von Fleur herzustellen. So kann ein überarbeitetes Möbel mit farblich passenden Knöpfen ergänzt werden. Die Shabby-Chic-Welt zeichnet sich insgesamt durch eine gedämpfte Farbstimmung aus, mit den Möbelknöpfen bleibt man maßgeschneidert in dieser Welt.
Hier ist mein erster Versuch von mit Fleur Farben gefärbtes Harz, das abwechselnd in Silikonformen geträufelt wurde:
Trapezförmige Schmuckelemente aus Harz, mit To-Do-Fleur Mineralfarbe gefärbt. Wenn ich mir vorstelle, was für eine Mühe normalerweise das Anmischen dieser subtilen Töne an Zeit gekostet hätte...
Erstens:
Die Farben werden im Harz etwas dunkler, als sie im Glas sind.
Zweitens:
Das Harz wird satt und blickdicht gefärbt.
Drittens:
Die Farben sind sehr dünnflüssig. Das Harz bleibt auch bei Zugabe größerer Farbemengen fließfähig.
Viertens:
Mischen sich zwei Töne unterschiedlich gefärbten Harzes, zeigen sich wunderschöne, malerische Verlaufseffekte
Fünftens:
Stellenweise zeigt sich ein pünktchenförmiger Ausfall der enthaltenenen Pigmente.
Sechstens:
Mischt man tropfenweise klares Harz zwischen die Schichten des gefärbten Harzes, entsteht ein "Krakeliereffekt", siehe folgender Vergleich:
Soweit gerüstet habe ich mich an die Umsetzung von Möbelköpfen gemacht.
Fafür wurden jeweils zwei bis drei verschiedene Farbtöne im Harz gemischt und in einem Guß in die Siikonform eingefüllt. Jeweils klares Harz dazwischengetropft sorgt für die spannenden Farbschlieren.
In schrägen Schichten gegossen wird die kantige Form des unregelmäßigen "Diamantknopfes" noch verstärkt, den ich für diese Umsetzung als Modell gewählt habe.
Insgesamt wirken die Fleur Farben im Harz satt und schön, bleiben aber in ihrer Welt der gebrochenen Farbtöne.
In den nachfolgenden Armreifen habe ich das Harz mit Fleur-Farben, aber auch mit anderen Acrylfarben gemischt (mittelblau, neongelb) und zusätzlich mit weißer Acrylfarbe vorhandene Fleur-Farbtöne aufgehellt.
Ich persönlich finde die Fleur-Farben wunderbar - gerade in Kombination mit meinen anderen Farbwelten. Sie sind sehr viel komfortabler als die Pigmente, mit denen ich sonst arbeite und bilden zu den transparenten Harzfarben von Cleopatre einen stimmungsmäßigen Kontrast.
An dieser Stelle meinen allerherzlichsten Dank an Kathrin Meury, die mir die Fleur-Farben zu Testzwecken überlassen hat!
Einen bunten Tag wünscht Dir, liebe Leserin und lieber Leser,
Edna Mo