4. Juli 2017
Liebe Leserin, lieber Leser,
gehofft habe ich ja, dass Möbelknöpfe ein gut gehendes Thema beim DIY-Basteln mit Kunstharz sind. Aber dass so ein großes Interesse mich überrollt, hat mich doch ein bißchen verwundert. Kundenaufträge sind bei mir an der Tagesordnung, Täubchen bitte in Kardinalrot, die facettierten Steine bitte in Pastelltönen und die transparenten Zylinder mit brauner und schwarzer Einbettung. Und aus einem dieser Kundenwünsche resultiert sowohl die vorangegangene Anleitung zur Silikonform-Herstellung als auch dieser Eintrag für die Umsetzung der Griffe in Kunstharz.
Das Charakteristische dieser Möbelknöpfe ist die raumgreifenden Einbettung. Die Kunst ist aber nicht nur die gelungene Einbettung, sondern auch die Verbindung des Harzkörpers mit dem funktionalen Teil eines Möbelgriffs, hier: einer M5 Sechskantschraube.
1) Wer es professioneller mag, kann stattdessen auch eine M4 Gewindehülse einbetten. Dadurch wird allerdings der Farbsockel am Ende des Zylinders höher und der transparente Körper kürzer als hier gezeigt.
2) Ein Zylinder wird in vier Schichten gegossen, von denen jede komplett aushärtet.
Ein Knopf benötigt also eine Woche Herstellungszeit. Um im Rahmen eines (stets aus meiner Warte betrachteten) kundenüblichen Geduldsfadens für die Herstellung eines ganzen Sets von Griffen zu bleiben, müssen also deutlich mehr Silikonformen her, als die zwei etwas mürbe gewordenen Förmchen, mit denen Frau Edna bis dato ihre Experimente im stillen Kämmerlein durchgeführt hat. Mehr Formen = mehr Knöpfe entstehen gleichzeitig.
Super: da hat man einen tollen Kundenauftrag im Sack und muss dann feststellen, dass die Formen just über den Jordan sind. Also zurück auf Start und erst mal Förmchen gemacht.
3) Neulich habe ich mich mit einem Chemiker über Kunstharze unterhalten. Er hat bestätigt, dass jedes Harz, egal welchen Herstellers, irgendwann eine Vergilbung aufweisen wird. Kunstharz ist eben auf Dauer nicht UV-beständig. Als Faustregel gilt: je länger die Härtezeit, desto langsamer wird sich der Vergilbungseffekt einstellen. Für Objekte mit einem großen transparenten Volumen nehme ich also das am lahmste aushärtende Harz, welches ich im Portfolio habe. Das sind 48 Stunden pro Schicht. Das bedeuted: jeden zweiten Tag eine Schicht gießen, ob man will oder nicht. Um irgendwann auch mal fertig zu werden, muss man Nerven wie Stahlseile und einen perfekt organisierten Terminkalender haben. Viele Menschen sitzen um 20.15 Uhr mit Popcorn vor dem Feierabend-Film oder nehmen in schummrigen Bars ihren ersten Cocktail in Angriff, ich schlurfe da immer ins Atelier, um eine Schicht zu gießen.
Mein Leben ist echt L A H M!
4) Bei den Einbettungen handelt es sich um Nudeln, und zwar um japanische Nudeln, einmal in dunkelbraun (aus Buchweizenmehl) und schwarz (sepia gefärbt). Japanische Supermärkte sind eindeutig der Vorteil einer Metropole mit großem asiatischen Einwohneranteil. Auch wenn es auf 95 % der Verpackungen keine Übersetzung in einer mir geläufigen Sprache gibt. Bei Nudeln ist das zum Glück nicht so erheblich.
Genug vorgeplänkelt. Los geht es mit der Umsetzung!
Schutzmaßnahmen wie Handschuhe und Atemmaske setze ich Voraus, ebenso wie sämtliche Hilfsmittel (Waage, Mischbecher, Holzstäbchen).
1) Harz nach Anleitung anmischen.
In jede Silikonform eine dünne Schicht eingießen (ca. 2 mm stark).
Aushärten lassen.
Damit die Einbettung durch herumfliegenden Staub nicht verunreinigt wird, decke ich die Form mit einem Stückchen Pappe ab.
Diese Tätigkeiten empfehlen sich bei der Anfertigung von Einbettungen übrigens auch nicht:
- Tragen von schwarzen Mohairpullovern
- Essen von Knäckebrot
- Maschinelles Schleifen oder Sägen von Holz
- Übermäßiges Raufen der eigenen Haare
Man wundert sich immer, was in so eine kleine Silikonform reinplumpsen kann. Aber: Was reinfallen könnte, fällt rein.
Nach einer erholsamen 48-Stunden-Pause an diesem Projekt bin ich ausgeruht genug, um den nächsten entscheidenden Arbeitschritt zu tun: das korrekte Platzieren der Nudeln.
Bitte nicht feixen, Du wirst schon sehen, warum man die Dinger da nicht wahllos reinschmeißt.
2) Die Nudeln werden in kurze Stücke gebrochen und sternförmig in die Form platziert.
Wichtig ist, dass die Mitte nudelfrei bleibt.
Das ist der Vorteil von Nudeln: durch ihr relativ hohes Eigengewicht schwimmen sie im Harz nicht nah oben, sondern bleiben bei vorsichtigem Eingießen ordentlich an ihrem Platz.
3) Harz nach Anleitung anmischen.
Die Silikonform vorsichtig in einem zarten Strahl mit Harz auffüllen.
Aber nicht vollständig, ca. 10 mm bis zum oberen Rand Platz lassen.
Der harzfreie Platz orientiert sich an der Höhe der Befestigungsteile. Gewindehülsen haben mehr Baulange, dafür sollte man rund 15 mm Platz nach oben lassen.
Ich benutze Gewindehülsen nur bei vollfarbigen, undurchsichtigen Möbelgriffen, da man die Hülse in keinem Fall später sehen wird. Bei transparenten Möbelgriffen ist eine M5 Sechskantschraube ein Kompromiss für die kleinsteformatige Möglichkeit, eine Befestigung zu platzieren.
Aushärten lassen.
4) Harz nach Anleitung anmischen.
Für die Farbe in den lindgrünen Sockelnhabe ich Kunstharz mit Fleur MIneralfarbe gemischt.
Beim Mischen mit Acrylfarben darf man auf einen Drittel Mischbecher Harz wie hier nur eine Messerspitze nehmen, sonst verklumpt das Harz und verliert seine Fließfähigkeit.
5) Das angemischte und gefärbte Harz wird in einer dünnen Schicht in die Silikonform gefüllt.
Damit das Harz eine gleichmäßige Oberfläche beim Trocknen ausbilden kann, lasse ich durch Drehen der Form das Harz in alle Winkel udn Ritzen fließen.
Jep! Aushärten lassen. Jetzt nur noch eine Schicht, dann ist es geschafft!
6) Für die letzte Schicht wrden die überstehenden Nudeln abgezwickt. Ich breche sie mit einer Zange ab. Ein Seitenschneider oder eine kurze stabile Schere würde es sicher auch tun.
7) Und jetzt wird die Schraube mit ihrem fetten Sechskantkopf einfach mittig auf die Harzoberfläche gestellt. Gleiches gälte für die Gewindehülse.
Geschnackelt? Darum sollen in der Mitte keine Nudeln hochstehen.
Keine Chance, die Schraube/ Hülse da schön aufrecht zu platzieren, wenn da noch eine fette Nudel ihr Endstück aus dem Harz drückt. Klar könnte man noch eine zusätzliche Schicht zur Begradigung gießen. Aber wer hat bei so einem Vier-Schichten-Acht-Tage-Mammut-Projekt noch Lust auf eine fünfte Schicht und einen zehnten Tag? Ich nicht.
8) Das Harz nach Anleitung anmischen.
Mit Farbe anmischen analog der dritten Schicht.
Vorsichtig das Harz neben der Schraube eingießen. Nicht die Schraube umwerfen und nicht das Gewinde einharzen, sonst wird es und damit der komplette Griff unbrauchbar.
Aushärtern lassen.
Wer sich das nicht so ganz zutraut, darf die Schraube/Hülse auch gerne mit einem Klecks Sekundenkleber fixieren.
Wurde versehentlich doch das Gewinde mit Harz bekleckert hilft nur eins:
Schraube unfixiert
- Schraube rausnehmen
- Harz zurück in den Mischbecher gießen (das klappt ganz gut!)
- neue Schraube aufsetzen (so gut es eben geht auf glitschigem Grund)
- Harz neu einfüllen
- verkleckerte Schraube wegschmeißen
Schraube fixert
- Mit einem in Nagellackentferner / Verdünnung getauchten Q-Tip-Stäbchen das Harz aus dem Gewinde ausstreichen (in Gewinderichtung). Benötigt rund fünf Durchgänge und ebensoviele Q-Tips und etwas Geduld, aber das Gewinde ist dann fast wie neu.
9) Endlich! Man darf den ausgehärteten Möbelgriff endlich aus der Silikonform lösen.
Dank der Schraube kann man eine gute Hebelwirkung erzielen, um den Knopf aus der Form zu lösen.
10) Traumhafte Möbelgriffe aus Kunstharz mit Einbettung liegen vor Dir.
11) Die letzte Harzschicht bildet beim Trocknen und durch die Schrumpfung einen dünnen, scharfkantigen Rand außen.
Damit die Oberfläche des Möbelstücks durch den Rand keine Kratzer bekommt, wird der scharfe Rand mit der (hier:) groben Seite einer Sandpapier-Nagelfeile geglättet.
Man kann natürlich auch Schleifpapier nehmen, dass um ein Vierkantholz gewickelt wird. Aber Jungs: in diesem Fall ist die Nagelfeile unendlich viel paktischer.
Was folgt unweigerlich: man muss direkt die nächsten Möbelgriffe in einer anderen Farbstellung umsetzen, weil die ersten so schön geworden sind!
Und mehr davon machen!
Und so schön sehen die Möbelgriffe aus Kunstharz mit Einbettung aus, wenn sie beispielsweise an ein Schubladenschränkchen geschraubt werden:
Deine Möbel warten doch nur darauf, grifftechnisch verschönert zu werden!
Und wer keine Lust aufs Harzen hat, schaut sich bitte die dreiteilige Anleitung für Möbelgriffe aus Kaltporzellan an, die kein bißchen so ähnlich aussehen, dafür aber nur in einem Bruchteil der hier aufgewendeten Zeit herzustellen und leider auch verdammt wunderschön sind.
So, genug erzählt. Schlaf schön oder hab einen guten Tag!
Herzlichst grüßt die sich heute sehr in Quassellaune befindliche
Edna Mo