26. August 2018
Wie Meister Yoda schon in Star Wars Episode 8 orakelte:
"Der beste Lehrmeister Versagen ist".
Viele handwerklichen Aspekte im Umgang mit Resin verlaufen ungefähr nach folgendem Schema: große Ziele haben - grandios scheitern - das Krönchen richten - weitermachen.
Der Umgang mit Katastrophen ist eine Übung in Sachen "wie-man-eine-Niederlage-in-einen-Sieg-verwandelt". Klappt das Handling (wieder mal) nicht wie gewünscht, ist man erstens vorgewarnt, behält zweitens einen kühlen Kopf und macht dann drittens instinktiv, was nötig ist.
Mit diesem sehr briefkastenonkelähnlichen Einsteig leite ich schnurstracks zu den eigentlichen Misserfolgen über, zu all den Ereignissen, die sich mir im Zuge der Herstellung eigener Armreifen-Silikonform in den Weg geworfen haben.
Die eigentliche Anleitung zur Herstellung von Silikonformen für Armreifen findest Du im vorigen Blogbeitrag. Der heutige Beitrag dient ausschließlich unterhaltsamen Zwecken, möglicherweise auch der moralischen Erbauung Anderer, vom Versagen geplagte.
Nimm Dir einen Keks und lass Dich von mir ins tiefe Tal meiner persönlichen Highlights der Silikonform-DIY-Fails begleiten.
Nicht ist so ärgerlich wie ein fehlendes Innengefäß für den Gießkasten.
Ich habe ja einen ziemlichen Verschleiß an Gelbe-Tonne-Artikeln, die sich für Gießkästen eignen. Zu dumm, wenn man alles soweit vorbereitet hat, aber das eine Innengefäß fehlt.
Nach 21 Uhr - keine Chance, schnell zu Aldi zu laufen und einen Smoothie mit der Plastikflasche in der gesuchten Größe zu kaufen. Also wühlt man in allen Schränken und sucht verzweifelt nach irgendwas mit dem richtigen Innendurchmesser.
Falls Dir in einer solchen Situation folgende Dinge als scheinbar geeignet in die Hände fallen - LASS ES!
Ja, es handelt sich hierbei um eine Kunststoffflasche, die Stoffmalfarbe enthält. Und ja, ich habe damit eine Silikonform gemacht. Beim Auseinandernehmen habe ich mehr als ziemlich blöd aus der Wäsche gekuckt. Die Flasche wollte sich ums Verrecken nicht auslösen lassen. Dass der Armreif eine besonders hohe Bauform hat und die Flasche sich zum einen Ende hin unglücklich verjüngt, hat die Sache nicht besser gemacht.
Was nun?
Durch meinem Kopf rasten sämtliche möglichen Szenarien: Farbe umfüllen, Flasche reinigen (alles mit dem Klumpen Silikon da außenrum), Flasche aufschneiden, mit der Zange rausdrehen. Dabei ist klar, dass man eine Farbflasche nicht wirklich ordentlich gereinigt bekommt und sie wahrscheinlich eine inkontinete Spur grauer Flüssigkeit absondert, während man mit ihr kämpft. Oder alles so machen, ohne die Farbe vorher rauszuholen, mit der Aussicht, eine monströse Farbsauerei zu veranstalten und die Silikonform zu verunreinigen.
Kurz: nach Abwägen der zeitlichen und logistischen Optionen blieb mir nichts anderes übrig, als es doch mit Geduld zu versuchen und die Flasche Millimeter für Millimeter "rauszuruckeln". Ich persönliche finde ja, dass die Disziplin des "zylindrische-Armreifen-mit-hoher-Bauform-aus-Silikonform-auslösen" olympisch werden sollte, denn es muss beeindruckend ausehen, ungefähr so wie bei einem Kugelwerfer nur ohne Kugel, wenn ich an dieser dämlichen Flasche zerre.
Man muss sich das so vorstellen: ich stehe, die Silikonform halte ich mit beiden Händen vor der Brust, Ellebogen sind nach außen abgespreizt und presse mir den gelben Klumpen an mein Herz wie ein totes Neugeborenes. Es passiert - nichts. Knallroter Kopf, die Augen quellen schon aus dem Schädel, die Zähne knirschen und der Schweiß läuft mir übers Gesicht, während ich all meine Muskelkraft per Autosuggestion in meine 10 Fingerkuppen umleite und ziehe und drehe und stöhne und brülle und schwitze und noch mehr stöhne und brülle. Und Millimeterchen für Millimeterchen schiebt sich dabei diese vermaledeite Flasche aus dem Silikon.
Nach 20 Minuten hatte ich gewonnen und bin fertig mit der Welt. Die Silikonform ist übrigens super geworden, eine meiner besten. Auch die Flasche ist noch unversehrt.
Aber trotzdem muss ich das so nicht nochmal haben.
Hierzu gibt es leider kein Foto, denn ich konnte es einfach nicht glauben, dass ich diesen tolldreisten Akt purer und unverfälschter Doofheit tatsächlich fertig gebracht habe.
Als Innengefäß habe ich ein Glasgefäß genommen, irgendein kleines, leeres Schraubglas mit Gewinde. Gleiches Problem wie oben: wie auslösen?
Denn auch hier war wegen der Bauform des Glases und dem verjüngten Hals plus Gewinde nur das Auslösen in eine Richtung möglich. Einen Versuch Richtung olympische Disziplin habe ich gewagt, aber ohne jeden Erfolg. Das Glas saß bombenfest.
Wenn Geduld es nicht tut, dann rohe Gewalt. Ich habe den Silikonklumpen in ein altes Handtuch gewickelt und das Glas mit dem Hammer zertrümmert, (VORSICHT: ohne dabei den noch innensteckenden Armreif zu touchieren) und die Einzelscherben mit der Zange rausgefischt. Und obwohl alles nur Scherben waren, wollte sich das Silikon immer noch nicht von dem Gewinde des Glases lösen. Es hatte sich feinst in den Rillen des Gewindes festgesetzt. Um kleinste Splitter loszuwerden habe ich den Klumpen unter dem Wasserhahn vorsichtig abgespült.
Auch diese Silikonform ist super geworden, aber auch das ist eine brandgefährliches Verfahren, bei dem man sich übel verletzten kann. Also: Finger weg vom Glas als Innengefäß.
Es gibt so Menschen, die machen vor Ihren Silikonformen keine Krautsalat-und-Smoothie-Diat und haben dann keine praktischen Kunststoffbecher in ausreichender Zahl zur Verfügung. So ich bei meinem ersten Amreif-Silikonform-Versuch für die Anleitung Nummer 4.2. Da wollte ich ja Vier-auf-einen-Streich-Silikonformen machen, hatte aber nur drei passende Becher, mit nur einen passenden Deckel und nur zwei Innenflaschen und musste beim Rest improvisieren.
Ich stürze mich in sowas blauäugig wie ein Elfjähriger und habe statt stabiler Kunstoffbecher etwas dünnwandigere Becher ohne Deckel genommen. Ein stabiler Karton sollte eine Bodenfläche bilden, auf den Becher und Co. dann per Doppelklebeband fixiert werden sollten.
Von der absoluten Stabilität meiner Konstruktion überzeugt, habe ich noch solch lustigen Spaßfotos gemacht. Aber genau das hat meiner Konstruktion wohl den Rest gegeben.
Bei solch akrobatischen Verrenkungen brauche ich mich nicht wundern, wenn sich der Gießkasten später als undicht herausstellt.
Von den drei Gießkästen mit Kartonboden sind zwei nämlich ausgelaufen. Das merkt man erst, wenn die Form so zur Hälfte mit flüssigem Silikon voll ist. Das flüssige Silikon hat nämlich die unangenehme Eigenschaft, Klebeverbindungen aufzulösen, wenn es irgendwie eine Chance hat, zwischen Klebeband und aufgeklebtem Objekt zu gelangen. Das braucht so ein bißchen, aber dann flutscht plötzlich alles auseinander.
Dann muss jeder Handgriff sitzen: zuerst das Silikon retten, alles mit Löffeln und Spateln wieder zurück in den Mischbecher kratzen.
(Wie damals, 1977, als meine Mutter den abgestürzten Frankfurter Kranz anläßlich meines Geburtstages mit dem Teigschaber wieder aufgesammelt hat.)
Mein Glück: ich habe ja noch zwei weitere Silikonformen "in Arbeit", so dass ich das ausgelaufene Silikon einfach dort weiterverwenden konnte.
(Meine Mutter hat den Kuchen damals übrigens mit einer weiteren Sahne-Krokant-Umhüllung wieder zusammengeklebt. Wahrscheinlich haben mich solche einschneidenden Kindheitserlebnisse überzeugt, dass handwerkliches Improvisieren die wahre Kunst im Leben ist.)
Die Einzelteile der beiden defekten Gießkästen habe ich auf auf Küchenkrepp gelegt und abtrocknen lassen.
Wäre mir dieser Effekt bei nur einer Silikonform passiert, lautet der Notfallplan A) so:
Spannend ist in der Analyse, dass es insgesamt drei Gießkästen mit Kartonboden gab, aber nur zwei davon ausgelaufen sind. Also wo lag jetzt das entscheidende Detail, dass den beiden inkontinenten Gießkästen das Genick gebrochen hat?
Folgendes kann ich für zukünftige Umsetzungen mitnehmen:
Kartonboden plus aufgeklebter Becher ist OK, aber dann
Wenn man ganz genau hinkuckt, kann man schon sehen, wie sich das Silikon unter den Becherrand schiebt.
Hier ein Foto des dritten und dichten Gießkastens, da kann man die Details "Becher stabil - Becherrand breit - Klebeband vollflächig" gut erkennen.
Insgesamt können sich nur drei Dinge auflösen,
das a) ist Boden und Becher, wie eben beschrieben,
b) die Innenflasche, wie es mir bei der Anleitung passiert ist, und der schlimmste Fall,
c) der Armreif löst sich.
So geschehen in der Anleitung 2016. Weil es ein so herrlich missratenes Missgeschick ist, binde ich die Fotos direkt noch einmal ein.
Der Notfallplan B) sieht in dem Fall so aus: den oben aus dem Silikon kuckenden Armreif mit Gewicht beschweren, so dass er am Boden angepresst wird. So aushärten lassen. Erst am nächsten Tag zu Ende gießen.
Fail bei der Silikon-Abformung: Objekt reißt sich vom Boden des Kasten los und muss mittels Gewicht angepresst werden.
Ist der Silikonpegel zu hoch, hilft nur Rettungsplan A) wie oben beschrieben: alles auseinander nehmen und von vorne anfangen, während die Uhr unheilvoll laut in deinen Nacken tickt und das Silikon immer zähflüssiger wird.
In der Analyse der Fotos sehe ich, dass beim Fail 2016 die nicht vollflächige Verklebung am Boden höchstwahrscheinlich ebenfalls der Grund für das Versagen der Klebeverbindung geführt hat.
Warum sich in meiner finalen Anleitung die Innenflasche gelöst hat, habe ich nun auch analysiert.
Die Flasche war schon mehrfach bei Silikonformen im Einsatz, insgesamt zwei Mal. Die Kunststofflasche war am Boden nicht optimal von Silikonrückständen gereinigt, so dass keine perfekte Klebhaftung erzielt wurde. Ich hätte den Boden der Flasche vorab mit Nagellackentferner entfetten sollen.
Dass die Flasche schon mehrfach beim Auslösen unten eingedrückt und verformt war, sollte ich vielleicht auch in meine Überlegungen mit einbeziehen.
Transparente Silikonformen für Armreifen sind ja das Sahnehäubchen, da man von außen sehen kann, was da drinnen passiert (zumindest solange, bis die Silikonform wegen der agressiven Lösungsmittel trüb wird).
Auch bei Einbettungen erlaubt transparentes Material eine optimale Kontrolle der Gestaltung.
Also habe ich beim Silikon-Dealer meines Vertrauens ein glasklares Produkt mit Shore-Härte 25 bestellt und ausprobiert.
Um mich auf Versuch Nummer zwei, den rosa und blauen Armreif in Silikon abzuformen, optimal vorzubereiten, habe ich mich in meiner Ernährung wieder stark auf Krautsalat fokussiert, und konnte wenigstens zwei traumschöne Gießkästen mit bombensicheren Deckeln sowie zerstörbare Innenflaschen ins Rennen schicken.
Dann der Schock beim Auslösen: die Silikonformen sind einfach zerbrochen.
Warum? Wieso? Was habe ich falsch gemacht?
Das ist der Moment, wo man am besten alles liegen lässt und ins Bett geht, denn in dem Moment ist man zu keinem klaren Gedanken mehr fähig.
Ich habe das technische Datenblatt zum Produkt vorgeholt und mir alles noch einmal durchgelesen. Ich konnte allerdings keinen Punkt finden, der mir eine Erklärung geliefert hätte.
Also alles fotografiert und den Hersteller angeschrieben mit der Frage, was da los ist.
Jetzt ist es so, dass Silikon auch für -zig andere Anwendungen gemacht wird, die Welt besteht ja nicht nur aus Resin-Verrückten. Ich weiß zwar bis heute nicht, wie genau Silikon in elektronischen Bauteilen eingesetzt wird, aber bei dem Produkt handelt es sich wohl um ein solches, das schlicht für gänzlich andere Einsatzzwecke gedacht ist.
Die Antwort hat mich beruhigt: ich selber habe nichts falsch gemacht, aber das Produkt ist einfach nicht für so eine Zugbelastung gedacht, die bei der Armeifen-Auslösung zum Tragen kommt.
Hätte ich mal vorher gefragt!
Jetzt habe ich noch etliches übrig von diesem Material. Nach Rücksprache soll es für einfache Schmuckteil-Abformungen ohne Hinterschneidung funktionieren, dann probiere ich das doch einfach aus!
Auch wenn es schade ist um die Zeit und das fehlende Ergebnis (abgesehen von den zwei traumschönen Gießkästen, die völlig umsonst geopfert wurden, und der Aussicht auf weitere Wochen mit Krautsalat, um meinen Fundus an Bechern wieder aufzufüllen) ist aus dem Herstellerkontakt die Möglichkeit entstanden, für zukünftige Silikonprojekte miteinander zu kooperieren. Das finde ich wiederum eine gute Perspektive, denn bei meiner (sehr kleinen und langfristigen) Idee, Resin-Workshops anzubieten, spielt das Anfertigen von Silikonformen auch eine Rolle. Wenn es dazu einen Partner gibt, der Material stellen möchte, wäre das famos.
Insofern bin ich jetzt gar nicht traurig, dass die Formen mit diesem Silikon nicht geklappt hat, sonst hätte ich wahrscheinlich viel später einen Akquiseversuch gestartet.
Und was ist die Moral dieser unendlichen Geschichte:
Wäre doch nur alles so einfach zu lösen wie hier, wo man sich mit Krautsalat-Smoothie und dem korrekten Aufbringen von Doppelklebeband eine Menge Ärger ersparen kann.
Beflügelt von dem, wie sich trotz aller Mißerfolge alles entwickelt,
verabschiedet sich beschwingt
Edna Mo