19. Oktober 2015
Auf der Suche nach einer abgelegten Jeans, die sich zum Ausweiden und Vernähen für meinen Upcycling-Loopschal eignet, sind mir in der Restekiste zwei völlig vergessene Hosen in die Hände gefallen. Dank meiner erschlankten Hüften, die nun widerstandslos hineingleiten, haben diese Jeans den Scherentod überlebt.
Da kommt der Ü30 Blog Hop zum Thema Jeans genau richtig, um die verschmähten Hosen im Detail zu betrachten und ins rechte Licht zu rücken. Herzlichen Dank an das www.ue30blogger.de -Forum, das zur rechten Zeit meine Inspiration entfacht hat.
Ein kurzes Intro zu meinem modischen Selbstverständnis soll hier noch getätigt werden, da auf meinem Blog das Thema Bekleidung "nur" eine Statistenrolle zur Unterstützung meiner Schmuck- und Näh-Erzeugnisse innehat. Was auf diesem Blog geschieht, hat wenig mit dem landläufigen Modeverständnis zu tun. Es ist ein großer Spaß, der mit Kleidung gemacht wird, keiner festen Regel folgt und in dem die Kunstfigur Edna Mo als nicht-gewöhnlich inszeniert wird. Dabei wird alles kombiniert, was sich in meinem Kleiderfundus befindet, und das meiste ist weder neu, selten kostspielig und oft nähtechnisch von mir bearbeitet.
Den Auftakt macht eine Jeans, die vor knapp 20 Jahren auf dem Wühltisch von mir erbeutet wurde (10 DM), und die wohl eine Denim-Version der damals angesagten Longsize-Bermuda-Short für Männer sein soll. In der Vor-Stretch-Ära ist das Material eher standfest als schmiegsam und erzeugt am Bein eine störrische Optik.
Da die Hose zu kurz war, um selbst noch als Culotte durchgehen zu können, habe ich kurzerhand der Saum aufgetrennt. Durch den dunklen Streifen und den fransigen Saum hat die Hose klar an Stil gewonnen. Die Bezeichnung Culotte ist hier ironisch zu werten - die sonst so genannte Hose ist meist aus fließendem Material und eher elegant, also genau das Gegenteil von dieser Gewandung.
(Die stete Umbenennung ähnlicher Kleidungsschnitte über die Jahre ist ein Quell ewiger Belustigung. Die Culotte ist streng genommen eine Hochwasserhose, kommt schon seit Urzeiten als karierte Version bei Clowns im Zirkus zum Einsatz und war vor rund 30 Jahren schon mal als Clochard-Hose auf dem Markt. Jetzt wiedergeboren als geschrumpfte Marlene-Hose und erneut salonfähig.)
Dieses blaues Beinkleid überzeugt dagegen durch eine kartoffelsackähnliche Passform und ungeheure Bequemlichkeit.
Das Formenspiel der Hose kann nur durch ein noch schrägeres Oberteil gekontert werden. In diesem Fall eine kurze, taillierte Schößchenjacke aus Wolle, die auf dem letzten Flohmarkt für vier Euro in meinen Besitz wechselte. Die Größe der Schulterpolster lässt vermuten, dass die Jacke sogar noch betagter ist als die Hose. So breite Schultern haben durchaus etwas für sich - immer, wenn ich diese Jacke trage, bleibt der Sitz im Bus neben mir angenehm frei.
Um zu kaschieren, dass die Jacke kurz ist, während die Hosen auf den Hüften baumelt, hilft ein breiter Gürtel.
Kern des Stylings ist die Jeans, dazu ein schwarz-weißer-Mustermix. Neben der karierten Jacke aus Wolle gibt es eine glänzende Pünktchenbluse, einen Rautenpullunder, eine Strumpfhose mit Comic-Sprechblasen und Schnürstiefel. Letztgenannte Artikel sind gar zeitgenössisch.
Den letzten Schliff geben schwarze Lederhandschuhe und ein Stück Schmuck aus der Edna Mo Manufaktur, die Tribal Teabag Necklace, welche im Detail aus dem Giessharz-Replik eines gebrauchten Teebeutels besteht, garniert mit einigen Horn- und Knochenperlen.
Giessharz-Anhänger in Form eines Teebeutels, mit weiteren Perlen aus Horn, Bein und Glas als exotisch anmutende Kette.
Ich habe mich in der Hose bemüßigt gefühlt, andauernd Faxen zu machen. Glücklicherweise steht bei weiten Hosen der Bewegungsfreiheit nichts im Wege, so dass mein Bild-Dokumenteur und ich den fotografischen Ansatz "Dynamik" als Gestaltungsvariante ausprobiert haben. Man hat ja nicht umsonst jahrelang GNTM interessiert verfolgt.
Für alle, die es gerne nachmachen möchten: ins Bild hineinfallen und aus dem Stand hochspringen sind ganz famose Bewegungsabläufe, wenn man des ätherischen Herumstehes überdrüssig ist. So werden die Fotos dem Begriff Blog Hop auch eindeutig gerecht.
Dabei muss man laut "Hoppda Funkemarieche!" rufen und die Gliedmaßen durch die Gegend werfen. Das macht nicht nur völlig lustige Bilder, es trainiert grandios Oberschenkelmuskulatur sowie den Herz-Kreislauf-Apparat. Frisur und Make-up sind danach zwar hinüber, aber aufgrund des Spaßfaktors ist so eine Hüpf-Aktion eindeutig zur Nachahmung empfohlen.
Mir hat die Hose gute Laune gemacht und ich bin ganz neugierig darauf, wie man mit diesem Beinkleid noch weitere interessante Outfits gestalten kann. Oder in ehrlich: dafür, dass die Hose eigentlich einigermaßen daneben ist, kann man doch ein ganz freches Outfit daraus schnitzen.
Hast ihr auch so ein Stück im Schrank, dass ihr eigentlich gerne habt, aber irgendwie will einem keine schöne Zusammenstellung dazu einfallen?
Karojacke: Viventi by Bernd Berger, Hose: H & M, Bluse: Sozialkaufhaus, Pullunder und Gürtel: Flohmarkt, Strumphose: Wigglesteps, Stiefel: Doc Martens, Kette: Edna Mo,