24. August 2016
Es ist wieder an der Zeit, die Komfort-Zone zu verlassen und sich mit Dingen auseinanderzusetzen, die mir persönlich nicht so liegen. Wie das Thema der aktuelle Aktion "Mein Kleid - Mein Rock" der Ü30Blogger.
Röcke und Kleider finde ich im Gegensatz zu Gunda kompliziert zu tragen.
In Strumpfhosen kriege ich Atemnot und ohne mag ich meine Beine selbst im Sommer ungern herzeigen (vom Gefühl, dass sich schwitzige Schenkel aneinander reiben, mal ganz abgesehen). Aber der viel entscheidendere Grund ist, dass ich mich in Hosen selbstverständlich fühle und "unten offen" vielmehr verkleidet. Gleichzeitig eingeschränkt und exponiert. Was eigentlich ein Widerspruch an sich ist, offensichtlich aber zum landläufigen Frauenbild dazugehört.
Im Rahmen dieser Blog-Aktion habe ich versucht, das Thema für mch noch einmal zu "packen" und trotz "nackeliger Beine" ein Wohlfühleffekt zu erzielen.
Mein Sparringspartner ist der mir eigentlich viel zu enge, viel zu lange Jeansrock, ein frühes Beutestück der späten Neunziger vom Modeschweden. Ein furchtbares Stück, das sogar schon einige Jahre in meiner Upcyclingkiste dem drohenden Tod durch Zerschneiden entgegengeweint hat.
Dieses Ding ist der klassische Fehlkauf und angezogen eine echte Folter. Man kann in diesem Ungetüm nämlich überhaupt nicht richtig gehen, weil der Saum unten nicht breit genug ist für einen durchschnittlichen Schritt. Man wird eher zum Trippeln angehalten. Und es fühlt sich dabei so an, als würde im schenkelhohen Meer gegen die Strömung anwaten. Dazu die Erkenntnis, dass man unter einem Jeansrock auf keinen Fall Strumpfhose tragen sollte, weil der Rock sich mit jedem Schritt schraubenförmig an den Hüften hocharbeitet.
Dass und wie man eine Niederlage in einen Sieg verwandeln kann, gehört ja zu meinen persönlichen Lebensweisheiten. Und alle Jubeljahre zupfe ich dieses Jeanszelt aus meiner Kiste und überlege, was man bloß damit anstellen kann.
Eigentlich war ich auf der Suche nach Hosenträgern für meine Bundfaltenhose. Als Nachhaltigkeitsfreundin frage ich für so eine Beschaffung erst mal im Bekanntenkreis nach und siehe da: Ralf wollte sich gern langfristig von seinen blauen Hosenträgern trennen. Da sehe ich direkt Peter Behrens von Trio vor mir, höre DA DA DA und fühle mich blitzartig in meine Jugend zurückversetzt.
Man kann breite blaue Hosenträger nun clownesk finden oder nicht. Da man diesen Rock als Kleidungsstück aber generell nicht ernst nehmen kann, machen die Hosenträger als Ergänzung den Gesamteindruck nicht wesentlich anders. Und da dem Rock damit die mögliche Chicness gänzlich genommen wird, fühle ich mich darin auch spontan viel besser. Zusammen mit Turnschuhen ist die Kombination für mich absolut aushaltbar.
Technischer Vorteil der Hosenträger: wenn man den Rock mithilfe kurz eingestellter Hosenträger das entscheidende Stück höher am Leib trägt (so rund 25 cm), verflüchtigen sich einen Haufen Probleme ganz von alleine: plötzlich kann ich wieder atmen, durch den hohen Saum kann ich normale Schritte machen und insgesamt schlackert das ganz Ding locker und bequem um meine Hüfte.
No go Gürtel und Hosenträger - nicht bei mir. Da die Passform des Rocks nun überhaupt nicht mehr zu den darunterliegenden Körperregionen passt, wird das mehr ans Stoff aus dem Gesäßbereich mit dem Gürtel auf "Unter-Rippenbogen-Höhe" zusammengezurrt.
Blau kombiniere ich gerne mit Weiß (in Blau mit Blau sehe ich zum Fürchten aus), und gerne mit kleinen kontrastfarbigen Farbtupfen. Daher wurde der Jeansrock mit einer hellen Bluse, dem blau-roten-Stickgürtel von Künstler Roman Klonek und viel rotem Harz-Schmuck aus meiner Selbermach-Manufaktur kombiniert.
Die Bluse ist aus dünner Baumwolle, mit kleinen blauen Ankern bedruckt und hat ein Rückenteil aus Spitze. Spitze ist wegen des Kitschfaktors sonst nicht mein Fall, aber an diesem völlig unromatisch konstruierten Teil konnte ich nicht vorbei gehen.
Da das ganze Oberteil zur Transparenz neigt, kombiniere ich darunter als Farbtupfer einen orangefarbenen Bikini.
Kurzes Abschweifen ins Fototechnische:
derzeit experimentiere ich bewusst mit Mischlichtsituationen (Blitzlicht zum Tageslicht kombiniert, obwohl es eigentlich gar nicht nötig wäre). Da der Kamerabltz aber nur eine bestimmte Reichweite hat, habe ich für diese Aufnahmen eine externe Blitzlampe eingesetzt, mit mehr WUMMS.
Daraus ergibt sich eine ziemlich irre Lichtstimmung, die an einen Thriller erinnert: der Garten ist bei bewölktem Himmel eigentlich ein sehr düsterer Ort, daher gibt es im Hintergrund auch eine starke Schattenbildung. Davor im partiellen Licht exponiert ausgesetzt, die Person. Man erwartet fast, dass hinten urplötzlich ein Schatten durchs Bild huscht.
Am Hals trage ich eine der MIRAs, ein Arrangement aus Harz-Repliken von Rinderknochen.
Das klingt jetzt merkwürdig, ist es aber gar nicht. Zum weiterführenden Erläuterungen bitte hier klicken. In dieser Umsetzung mit lustigen Punkten und Klecksen schwindet der tierische Ursprung schon gegen Null.
Die Armreifenform habe ich ursprünglich in Fimo modelliert und von der geschliffenen Fimo-Vorlage eine Silikonform abgenommen. Mit Kunstharz habe ich diese Form schon -zig mal in diversen Gestaltungen umgesetzt. Nach einer ganzen Ära, in denen hauptsächlich marmorierte und opake Farbeffekte entstanden, arbeite ich jetzt mit dem Mix aus transparenten Farben und weiß, daraus entstehen wieder ganz andere Muster und Effekte.
Und was sage ich nun zum Thema "Rock-Ungetüm", nachdem ich den ganzen Tag damit herumgeturnt bin?
In dieser hochgezurrten Hosenträger-Umsetzung ist der Rock neben bequem auch lustig. Damit lässt es sich schon besser aushalten, solange es sich um ein überschaubares Zeitfenster handelt. Dennoch seufze ich wohlig und erleichtert auf, wenn ich wieder in eine Hose schlüpfen kann. Ich bin damit einfach bequem und ohne Einschränkung unterwegs. Komischerweise bilde ich mir auch ein, dass ich in Hosen generell besser aussehe.
Schau doch auch bei den anderen Teilnehmerinnen vorbei.
Viel Spaß mit den "verrockten" und "verkleideten" Ansichten der anderen U30-Bloggermädels wünscht Dir
Edna Mo