16. August 2016
... oder fünf Gründe, warum Edna Mo kein Beauty-Blog ist.
Ich habe erst vor rund zwei Jahren zur handgemachten Hautpflege gefunden. Bis dahin wäre ich niemals im Traum darauf gekommen, dass man Hautpflege-Produkte selber machen kann, obwohl ich ja sonst bei vielen Themen völlig selbstverständlich "Hand anlege". Dieses Thema war in meinem Kopf irgendwie mit Reformhäusern, muffigen Zutaten und einem Gesundheitsanspruch verknüpft (erst beim Betreten des ersten Lush-Ladens habe ich so eine Ahnung bekommen, dass DIY-Hautpflege auch unkompliziert und fröhlich sein kann)
Und jetzt erlebe ich ungläubige Blicke und Misstrauen, wenn ich (beispielsweise ökologisch gesonnenen Mitmenschen) von der Fabrikation von Cremes in meiner Hexenküche berichte.
Die Werbung zu mirakulösen Wundern bestimmter Inhaltsstoffe ist so fabelhaft glaubwürdig und der Gang in Drogeriemarkt oder Parfumerie so alltäglich, dass viele Menschen (anders als ich) die Herstellung von Emulsionen mit hautpflegenden Eigenschaften in die keimfreien Labore chemischer Institute verortet haben, wo unter strengsten wissenschaftlichen Gesichtspunkten die Elixiere ewiger Jugend und Schönheit nach geheimen Rezepten zusammengebraut werden.
Beide Sichtweise sind natürlich völliger Quatsch.
Fünf Fakten,
die man sich im Bezug auf "Hautcreme" genüsslich durch den Kopf gehen lassen kann:
1) Creme ist eine Emulsion aus Wasser und Öl.
Medizinisch wirksame Zusatzstoffe wie Collagen, Omega 3, Pro-Xylane oder Hyaluron, die das "Mildern von Falten" und "eine sichtbar prallere Haut" verheißen, sind - bezogen auf die Gesamtmenge - nur in winzigen Dosierungen enthalten. Hautcreme kostet in der Herstellung - also kaum etwas.
2) Konservierung
Wasser fängt irgendwann an zu leben. Über
, die Verunreinigungen auslösen können. Daherwird Creme grundsätzlich konserviert.Auf Kosmetik ist seit einiger Zeit ein Haltbarkeitsdatum aufgedruckt. Auf einem meiner letzten käuflich erworbenen Cremetöpfe steht, dass die Creme über zwei Jahre haltbar ist. Und ich habe etliche Bodylotions über Jahre benutzt - ohne Verfallserscheinungen.
Wie viel und welches Konservierungsmittel wird wohl verwendet, damit Cremes scheinbar unendlich haltbar sind?
Eine ausgeflockte oder muffige Creme würde einen schon sehr abschrecken. Die Creme möglichst lange benutzbar zu halten, ist für die Hersteller also mindestens genauso so wichtig, wie ein gutes Produkt abzuliefern.
3) Außen Blei und Innen Luft
Die Kritik an überdimensionierten Pappschachteln und Dosen mit Doppelböden im Vergleich zur enthaltenen Menge an Creme ist ein Klassiker bei Stiftung Warentest.
Und immer wieder findet sich ein unschuldig dreinblickendes Töpfchen, dass im leeren Zustand genau so viel wiegt wie im gefüllten. Denn Creme wiegt fast nichts.
Ein schweres Tiegelchen suggeriert, dass die Creme "reichhaltig" ist und man etwas "Wertvolles" in Händen hält. Verkaufspsychologie eben.
4) Heilsversprechen
Mit der Psychologie geht es jetzt direkt weiter. Ob man eine Creme "gut" findet, liegt hauptsächlich am Duft, am Auftrage-Gefühl und den Effekten der Wasser/Öl-Mischung.
wird die wahlweise Haut getrocknet, oder Wasser wird in die Haut transportiert und/oder über den Fettanteil wird die Haut geschmeidig gehalten.
Hier ein Zitat aus Wikipedia:
"Lipophile Cremes vom W/O-Typ ziehen rasch durch die hydrophoben Hautschichten in die Haut ein. Sie haben einen leichten Okklusionseffekt, da die äußere, ölige Phase einen Film auf der Haut ausbildet. Die Wasserabgabe (Verdunstung) über die Haut wird gehemmt, in Folge wird das Austrocknen verhindert und die obersten Hautschichten quellen durch die Wasseranreicherung auf."
Und das ist auch schon das Ende der Magie. Falten zu lindern oder die Haut zu straffen basiert auf dem "Wasser-Rückhalte-Effekt", den die Wasser-Öl-Emulsion sowieso leistet. Jeder zusätzliche Wirkstoff sind Versuche, diesen Effekt möglicherweise zu verstärken.
Aber: wie soll man den Effekt einer Creme objektiv messen?
Die Wirkunsgweise beruht stets auf einem subjektiven Empfinden des Anwenders.
5) Einfacher gehts nicht
Wenn man, wie ich, als völlig ahnungsloser Mensch, aus Tee und Olivenöl einen Topf Creme zusammenrühren kann, ist man einigermaßen perplex über die Simplizität dieser Angelegenheit und um den vergleichsweise überdimensionialen Hype, der in Werbung und Geschäften, aber auch bei Menschen mit gesundem Menschenverstand, dazu betrieben wird.
Meine Creme soll besser werden.
Und dazu habe ich mich nach einer knapp einjährigen Pause in Sachen handgemachter Creme wieder an den Herd gestellt. Ziel war, mein Rezept zu überarbeiten und meiner idealen Creme einen großen Schritt näher zu kommen.
Mein Anforderungsprofil: ich möchte eine reichhaltige Creme, die meine trockene Haut geschmeidig hält, nicht so stark glänzt und sich leicht auftragen lässt. Also eine klassische Wasser/-Öl-Emulsion. Und am besten One-fits-all, so dass ich mich von Kopf bis Fuss damit pflegen kann.
Das Auftrage-Gefühl, einer der weichen Faktoren bei Creme, wollte ich dringend verbessern. Daher habe ich ein Grundrezept mit drei verschiedenen Emulgatoren ausprobiert, um Konsistenz und Verstreichbarkeit vergleichen zu können.
Emulgator - häh?
Hier hilft wieder Wikipedia:
"Emulgatoren sind Hilfsstoffe die dazu dienen, zwei nicht miteinander mischbare Flüssigkeiten, wie zum Beispiel Öl und Wasser, zu einem fein verteilten Gemisch, der sogenannten Emulsion, zu vermengen und zu stabilisieren."
Es gibt viele Emulgatoren, die zusätzlich einen Effekt auf die Konsistenz und die Verstreichbarkeit der Creme haben.
Im Vergleich bei Edna Mo:
Lanolin (Wollfett, eine wasserunlösliche Paste)
Tegomuls (ein Pulver)
Lamecreme (feste Pastillen)
Eine Fotoanleitung zur Herstellung von Creme findest Du hier in diesem Beitrag.
Grundrezept W/O-Emulsion (ca 1:1) für trockene Haut
das besagt, dass Wasser in Öl eingemischt wird und beide Anteile in einem Verhältnis von
ca. 1 : 1 vorhanden sind. Die Gesamtmenge beläuft sich pro Rezept auf ca. 230 g Creme
Wasseranteil
100 g destilliertes Wasser
Ölanteil
20 g Sheabutter
plus 80 g Öl deiner Wahl
Rezept 1) 40 g Reisöl, 30 g Mandelöl, 10 gr. Distelöl
Rezept 2) 20 g Reisöl, 20 g Weizenkeimöl, 20 g Mandelöl, 20 g Distelöl
Rezept 3) Sheabutter wurde erhöht auf 30 g. Dazu 30 g Mandelöl, 20 g Distelöl, 10 g Kokosbutter, 10 g Sojaöl
Emulgator
Der Emulgator wird prozentual zur Gesamtmenge dazuaddiert
Rezept 1) ca. 40 g Lanolin + 10 g Bienenwachs
Rezept 2) ca. 23 g Tegomuls + 10 g Bienenwachs
Rezept 3) ca. 23 g Lamecreme (Bienenwachs war aus)
Im Kühlschrank aufbewahrt, hält sich die Creme auch ohne Konservierunsgmittel gut drei Monate. Beim Umfüllen in den Badezimmertiegel nur mit heiß abgespülten Löffeln arbeiten und nicht mit den Fingern in den Vorratstopf fassen.
Bewertung Creme 1 - Lanolin
Beim Anrühen hatte ich die Befürchtung, dass diese Creme überhaupt nicht fest wird. Aber sie wurde es doch, wenn auch die Konsistenz an schmelzende Butter erinnert.
Fakt ist: diese Creme lässt sich hervorragend auftragen und vermittelt direkt ein Pflegegefühl.
Nachteil: durch den erhöhten Anteil an Lanolin ist das Hautbild glänzend. Als Körperpflege ist mir der Glanzeffekt egal, nur im Gesicht stört mich das ein wenig.
Bewertung Creme 2 - Tegomuls
Tegomuls nehme ich deswegen so gerne, weil die Emulsion einen sehr feinporigen Schaum ausbildet und von der Konsistenz an mit Sahnesteif geschlagene Sahne erinnert.
Fakt ist: diese Creme lässt sich weniger gut auftragen. Es bleiben weiße Rückstände auf der Haut, die erst nach mehrmaligen Darüberstreichen verschwinden. Eigentlich muss man sogar richtig rubbeln, um die Creme einzumassieren. Das Pflegegefühl ist gut, wobei man eigentlich schon nicht mehr beurteilen kann, ob das an der kräftigen Hautmassage oder der Creme liegt. Der optische Effekt auf der Haut ist eher matt.
Persönlich dauert mir das Auftragen am Körper zu lange und peinlicherweise habe ich öfter mal mit weißer Nase das Haus verlassen.
Bewertung Creme 3 - Lamecreme
Mein erster Einsatz von Lamecreme, ich bin positiv überrascht.
Die Creme ist weich und lässt sich gut und ohne Rückstände auftragen, dabei vermittelt sie ein mattes Hautbild. Kann natürlich auch dran liegen, dass ich das Lanolin ganz weggelassen habe. Pflegegefühl gut.
Aber: die entzündungshemmende Wikung des Lanolins werde ich bei meiner unreinen Haut möglicherweise vermissen.
Wie geht es weiter: Ich mache mir drei Badezimmertiegel und werde die Cremes abwechselnd benutzen und im Rahmen der Anwendung weitere Kriterien für das persönliche Gefallen oder Nichtgefallen sammeln. Nach rund drei Monaten werden die Vorräte aufgebraucht sein, und dann geht es in die nächste Runde:
Spaß mit Creme!
Und daher geht dieser Beitrag heute auch zum Creadienstag.
Buttrig gecremte Grüße
sendet Dir
Edna Mo