27. Juni 2022
Ich bin ein handzahmer Mensch und kann mich beherrschen. Auf diesem Blog gibts keine globalen Probleme - keine Panikallüren über Corona-Einschränkungen, kein Wehklagen über den Weltfrieden und keine Motivationsanfeuerungen für einen klimaertüchtigten Lebenswandel. Nur Kunstharz. Und schöööön!
Aber manchmal platzt auch mir der Kragen. Und ich muss meiner gepeinigten Seele etwas Luft machen. Zum Beispiel über die Deutsche Post. Ich gebe zu: die letzten Jahre habe ich gerätselt, wie man ein Schmuckstück aus Deutschland in die USA für 6,20 Euro transportieren und dabei vermeintlich noch etwas verdienen kann. Dass da irgendwo auf dem Weg von A nach B Menschen ausgebeutet und oder Subventionen verbrannt werden, ist selbst mir klar.
Offensichtlich ist das im Zuge der Tonnagen an Sendungen dank Corona der deutschen Post nun auch unangenehm aufgefallen, weshalb nun zum Ende Juni die "Warenpost international" einem Makeover unterworfen beziehungsweise abgeschafft wird. Das neue, freshe Prozedere wird nun auf das DHL Geschäftskundenportal verlagert, an eine Mindestbestellmenge von 200 Sendungen geknüpft, einem zweitägigen Anmeldeprozedere unterworfen, in eine maximal unattraktive Eingabemaske reingezwängt und mit einer kleinstteiligen System zur Entgelterhebnung unterlegt. So weit, so schön.
Jedes Jahr aufs Neue kommt ein organisatorischer Klopper um die Ecke, der den geplagten Kleinunternehmer:innen das Leben zur Hölle macht. Nach der DSGVO kam die Verpflichtung zur Anmeldung der Menge der in Umlauf gebrachten Verpackunsgmaterialien nebst einer Gebühr, die den Recyclingkreislauf sicherstellen soll.
Daneben drängt meine Verkaufsplattform Etsy aufs Beharrlichste, alle Waren versandkostenfrei anzubieten. Weil das nun mal der innige Wunsch des Internetkäufers ist (Danke Amazon, Du hast wirklich alles ruiniert!). Ich erwähne nicht, dass die Möglichkeiten, eine unterschiedliche Kostenstruktur in Etsy einzustellen, höchst rudimentär und fehlerbehaftet ist. Noch immer bekomme ich Ketten angezeigt, die 1.500 Euro kosten sollen, weil irgendwo ein Bug bei den Kommastellen schlummert. Auch bekomme ich in meiner Admin-Übersicht nur die Auslandskosten angezeigt. Und natürlich kann ich an keiner Stelle sehen, was den Kund:innen im Ausland überhaupt angezeigt wird, weil ich selber nicht im Ausland sitze und der Algorhythmus ja ein superschlauer ist.
Nachdem ich nun im letzten Jahr auf Etsy mühevoll für jeden Artikel einzeln verschiedene Preise fürs In- und Ausland eingepflegt habe, kommt nun die deutsche Post daher und kackt mir ans Bein.
Erst habe ich mich tagelang mit dem DHL Geschäftskundenportal beschäftigt und bin der festen Überzeugung: die wollen auf gar keinen Fall so was ähnliches wie Service anbieten. Bis man das Sendung gepackt hat, lässt sich nur schätzen, was der Transport kosten soll, da sich die Kosten neuerdings aus einer Grundpauschale nebst Kosten nach Gewicht zusammensetzen. Wer immer nur hundertfach drei gleiche Artikel versendet, hat mit dem System vielleicht eine Chance.
Dass außerdem die Transportversicherung auf 20 Euro gesenkt wurde, dafür zig verschiedene Zustellzonen mit unterschiedlicher Preisgestaltung eingeführt, das Tracking in der Annahmestelle abgeschafft wurde sowie gar kein Tracking dazugebucht werden kann, macht die "Neue Warenpost" so supersexy wie ein eitriges Furunkel an einem Körperteil, das sonst dem Tageslicht nicht ausgesetzt wird. Testweise habe ich Versandgewichte bis 500 g in meine gängisten Zielländer hochgerechnet - preislich lieg die neue Warenpost etwa gleich viel (EU-Länder) bis zu 100 % höher (USA) als die alte Warenpost, und das bei weniger Komfort und Sicherheit.
Ich war versucht, den elenden Shop und die elende Schickerei einfach in die Tonne zu treten und mir ein anderes Hobby außer "wie man als Kleinunternehmer regelmäßig in den Wahnsinn getrieben wird" zu suchen. Aber ich bin ja handzahm und habe mich trotz enorm hochkochendem Unwillens in eine großangelegten Recherche zu anderen Versandmöglichkeiten gezwungen. Über das Privatkundenportal der deutschen Post habe ich das Päckchen mit Tracking bis 2 Kg für mich entdeckt (in Nicht-EU = 17 Euro, Weltweit = 19,89 Euro) und für den EU-Versand für das DHL Paket international bis 2 Kg für 14 Euro. Ersteres hat nur 50 Euro Versicherungswert mit der Zubuchung, Letzeres ist regulär bis 500 Euro versichert.
Das ist für Sendungen in die USA ein schlappe Preissteigerung von über 200 %. Katastrophal für die Kund:innen. Kann man denen das zumuten? Andersherum kostet der Versand aus der USA nach Deutschland in der Regel auch um die 20 Euro. Klingt für mich so, als wären das reale Preise, die auch mit dem Aufwand im Verhältnis stehen.
Die "Neue Warenpost" liegt preislich im Vergleich zwischen alter Warenpost und meiner neu geschöpften Versandkostenstruktur. Aber: die Online-Erstellung von Versandetiketten über das Privatkundenportal ist ein gespielter Witz im Vergleich zur an MS Dos erinnernde Oberflächen des DHL Geschäftskundenportals.
Wahrscheinlich ist das der Plan. Die Warenpost soll so gruselig gemacht werden, dass man notgedrungen auf die regulären DHL-Auslandspäckchen und -Pakete ausweicht. Damit die Post den Gewinn der Aktionär:innen in die gewünschte Bahnen lenken tut. Aber vielleicht mutmaße nur ich so herum und andere Versender:innen sind extrem glücklich damit.
Ich also zurück ins Etsy-Portal. Jeden Artikel der über 150 wieder händisch auf einheitliche Preisstruktur umgestellt und für die verschiedene Empfängerländer neue Versandoptionen angelegt. Tage später...
Bin ich gespannt, ob da zukünftig noch was geht ins Ausland, oder ob jetzt alle abwinken. Schließlich war die damalige Intention, meinen Shop auf Etsy zu eröffnen eben der, auch internationale Kunden erreichen zu können, und nicht mit einer eigene Webseite im Nirwana zu verschwinden. Anfänglich hat das auch gut geklappt, dann hat mir Corona mit den endlos langen Lieferzeiten der alten Warenpost den ersten Umsatzknick verpasst. Seit 10 Jahren verschicke ich ins Ausland. Und jetzt das. Ich sollte mich wohl direkt erschießen. Vielleicht kann ich mir ja eine Waffe aus China günstig liefern lassen?
So, genug davon. Ich schwenke nun emotional gereinigt zu den schnuckeligen Armreifen, die diesen Beitrag optisch so unbemerkt begleiten. Diese stammen aus zurückligenden Schaffensjahren und wurden nun erstmalig in ebenjenen Shop hochgeladen, wo sie - mit einigen anderen Armreifen - um 20 % rabattiert erhältlich sind. Noch etwa 14 Tage geht der Armreifen-Sale. Kuck bei Interesse vorbei!
International nicht mehr so günstig aufgestellte Grüße
sendet Dir Edna Mo