18. Dezember 2015
Wer gerne im Freien und am Busen der Natur schlendert und in wohldosierten Abständen gerne mit seine Augen über etwas Wohlgestaltetes streichen möchte, dem sei an dieser Stelle die Museumsinsel Hombroich in Neuss wärmstens empfohlen.
Was jetzt überdimensioniert kulturell klingt ist jedoch ein tolles Erlebnis- und Entspannungsprogramm, in dem eine Kunstsammlung mal auf ganz andere Art und Weise präsentiert wird. Nämlich draußen. Man spaziert dabei auf verschlungenen Pfaden zwischen Bachläufen und wilder Parkgestaltung und trifft in zum Durchschnaufen gerade lang genug geratenen Abschnitten auf ein wenig Kunst. Skulpturen im Freien der unterschiedlichsten Arten schmücken und ergänzen die Natur. An einer kleinen Wegbiegung eine Art Altar, dort eine überwucherte Figur, zwischen den Kastanienbäumen ein monströse Gruppe aus Rost. Und als sei das noch nicht Abwechslung genug, sind auf dem Gelände kleine Ausstellungshallen verstreut, in denen fernöstliche Werke und Kunst des 20. Jahrhunderts ausgestellt sind. Manche Ausstellungsräume sind einfach nur leer und spielen mit der akustischen Veränderung von drinnen und draußen.
Die atmosphärische Wirkung, mitten aus dem Naturerlebnis heraus in einen großen, weißen Raum zu treten, ist so ziemlich unglaublich. Innen - Außen, Fülle - Reduktion, Emotion - Ratio, Wildnis - Akkuratesse, das ist schon ein tolles Kontrastprogramm und ein Wechselbad für die Sinne.
Das Fotografieren ist dort nicht ausdrücklich verboten und in den Ausstellungsräumen sind Kameras, aber kein Wachpersonal. Nichts finde ich so mußetötend, wie ein uniformierter Mensch, der einem in den Nacken atmet, wenn man sich über einem Kunstwerk beugt. Absolut gruselig. Hier ist man als Betrachter jedoch "allein" und das ist erzeugt komischerweise eine ganz andere Stimmung. Man fühlt sich näher dran und unbeobachtet. Toll! Auf einem der Fotos versteckt sich ein übergroßes Stabile von Alexander Calder, den ich sehr verehre, und es ist absolut einzigartig, davon selber ein Foto machen zu können.
Zwei Ketten der eher pompöseren Art haben mich inspiriert, in Hombroich eine Inszenierung zu machen.
Eine zweireihige Kette in schwarz und hellem beige, in der sowohl Perlen aus Giessharz ebenso wie gestrickte Kringel aus Küchenzwirn miteinander kombiniert wurden. Die zweite Kette besteht aus gelochten Scheiben aus Giessharz in rot und schwarz, die wie ein flacher Kragen miteinander verknüpft wurden und im Nacken mit einem Bindeband aus antiker Kimonoseide gebunden wird. Die Perlen aus Giessharz wurden selbstverständlich formal von mir konzipiert und eigenhändig angefertigt. Und wie schön, diese beiden sehr exponierten Stücke in einem so prachtvollen Umfeld präsentieren zu können. Da hat sich Edna Mo bei der Kleidung zurückgehalten und die Bühne den anderen ästhetischen Protagonisten überlassen.
Und zum guten Schluß: Wer sich genug an diesem herrlichen Wechselbad der Sensorik gelabt hat, kann sich in der Cafeterie bei einer Pellkartoffel und einer Pflaumenmusstulle stärken oder dort einfach nur den ganzen Tag drinnen oder draußen sitzen, Tee schlürfen und auf das Wippen der Bäume kucken (der Eintritt von 15 Euro gilt für den ganzen Tag und die Cafeteria ist inklusive).
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Das ist kein affiliate Link, sondern ein Kulturtipp!
Habt ihr auch so einen idealen Ort zum "Abschalten" und "Auftanken"?