5. Juni 2016
Wie schön: endlich mal wieder ein Blogeintrag ohne mich. Möglicherweise ist es noch eine Nachwehe der Buchgeburt, dass ich der fotografischen Inszenierung meiner Person etwas überdrüssig bin, aber ich freue mich wie Bolle endlich mal wieder einen Post zum reinen und unverfälschten Umgang mit Kunstharz zu erstellen, der völlig unkonkret und ohne Anwendungsbezug ist.
Heute präsentiere ich:
(dabei ist mir aufgefallen, dass das Wort "kosmisch" und das Wort "komisch" ganz ähnlich sind).
Im August werde ich mich mit Harzobjekten an einer Kunstausstellung beteiligen, dem "Cosmophilen Congress". Da geht es um die fiktive Betrachtung von Entwicklungen, die technischer, biologischer oder kultureller Natur sein können, sich auf Reisen ins Weltall beziehen und auf jeden Fall noch nicht stattgefunden haben.
Genau. Das ist das eine flexible und sehr dehnungsweite Worthülse, die ermöglicht, dass bastelbegeisterte Künstler irgendein merkwürdiges, verschrobenes Objekt, dass irgendwie bizarr und unerklärlich ist, in einer Gruppenausstellung mit anderen merkwürdigen Objekten zusammenpferchen und das ganze Event unter einem besucherstromanlockenden Titel zusammenfassen und mit einem Schleifchen versehen können.
Ich werde für diese unglaubliche futuristisch anmutende Ausstellung etwas mit diesen transparent Harztalern erarbeiten, die ursprünglich als Deko für die Creativeworld-Messe in Frankfurt gegossen wurden und auch dort einen glanzvollen Auftritt hatten. In den Talern habe ich den sogenannten Pusteblumen-Effekt dargestellt, das ist eine bestimmte Muster, dass durch das Eintropfen flüssiger Harzfarbe entsteht. Welches im Übrigen leider nicht zuverlässig zu realisieren ist und daher ganz unterschiedlich ausfällt. Mal fleckig, mal strähnig, mal wolkig und dann auch in zarten Schlieren, wie es sein soll.
Diese armen Taler werden in den nächsten Arbeitsschritten tüchtige Einbußen an ihrer jetzigen Erscheinung hinnehmen müssen, es werden mehrere Schönheitsoperationen und die Applikationen materialfremder Prothesen erfolgen. Schließlich wird es ja cosmophil, und so ein Congress braucht viele Teilnehmer, die über fiktiven Nonsens konferieren und bedeutungsschwere Zusammenhänge aus dem Nichts herbeizaubern.
So kann ich diesen Beitrag einmal als abstrakte Augenschmeichelei verwenden, als Erholungspause von der eigenen Visage und als Dokumentations-Schritt für das künstlerische Upcycling meiner eigenen Erzeugnisse.
Ich bin übrigens ein großer Anhänger von völlig sinnberfreiten Zusammenhängen im künstlerischen Bereich. Wobei "sinnfrei" nicht als "perspektivlos" zu verstehen ist, sondern im Sinne "befreit von Sachzwängen".
Da kann ich mich am besten entspannen. Ich finde es auch völlig legitim, Sinnbefreiung als Kunstform oder auch als Paralleluniversum zur realen Welt zu leben, wenn sie als solche angekündigt ist und klar vom echten Leben zu unterscheiden. Nichts finde ich so schlimm wie die Tatsache, dass Leute viel reden, im Grunde nichts sagen, und dann noch glauben, sie hätten sich auf sozialer Ebene tatsächlich ausgetauscht. Denen sei es gegönnt.
Manchmal mag ich das nicht an mir, dass ich so gesellschaftlich unverträglich bin. Es passiert einfach viel zu schnell, dass ich mich bis aufs Blut bei den Plattitüden anderer Menschen langweile. Und dann denke, dass ich meine kostbare Zeit lieber im Atelier mit Farbwirbeln verbringen, als schier endlosen Monologen über realitätsbezogenen Unausweichlichkeiten wie die Arbeit, dem Alter oder dem Geldausgeben zu lauschen. Dem kann man sich ja sowieso nicht entziehen. Aber wenn ich mich entscheiden kann, ob ich mit mit der realen Welt oder einer ausgedachten auseinandersetzen möchte, wähle ich lieber Letzteres.
Denn über Sinnbefreites und die pure Fiktion rede ich mit großer inhaltlicher Tiefe und enormer Leidenschaft! Das tut einfach unwahrscheinlich gut!
Oder hast Du auch "etwas", bei dem Du völlig aus dem hier und jetzt loslassen kannst????
(Und damit sind keine bewusstseinserweiternden Substanzen gemeint).
Und so grüßt Dich
Edna Mo