Ednamite: grüne Vase

Stell Dir vor, man könnte ohne Silikonformen - mit jeweils verlorenen Gießformen - Kunstharzobjekte gießen. Dass das eigentlich mit gefetteten Kartonverschalungen geht, habe ich im Kleinen schon ausprobiert. Ob das im Großen auch funktioniert? Beim Experimentieren kann man nur gewinnen - wenn nicht an Ergebnissen, dann an Erkentnis. Also gesagt, getan: aus zwei Pappröhren mit unterschiedlichen  Durchmessern habe ich eine Verschalung für eine Art Röhre gebaut, die man beispielsweise für so etwas ähnliches wie eine Vase nutzen könnte.

Kunstharzguss mit Einmal-Gußform aus Karton.

Kunstharzguss mit Einmal-Gußform aus Karton.

Damit die Gußform funktioniert und der Karton sich nicht mit dem Kunstharz zu einer kompakten Masse verbindet, werden die Kartonoberflächen (Außenfläche der Innenverschalung und Innenfläche der Außenverschalung) mit Melkfett eingestrichen.

Das geht so: Zuerst wird die Innenverschalung mit Heißleim auf einen stabilen Kartonuntergrund geleimt. Die nach außen zeigende Fläche ist die Innenseite der zukünftigen Kunstharzform. Diese wird mit Melkfett gefettet. Das geht prima  mit den Händen, oder man baut sich aus einem Vierkantholz und einen darum gewickelten Stück Baumwollstoff eine Art Flächenpinsel.

Die Außenseite der Innenröhre aus Karton wird mit Melkfett eingeschmiert.

Die Außenseite der Innenröhre aus Karton wird mit Melkfett eingeschmiert.

Dann wird die Innenseite der Außenröhre eingefettet. Das geht viel einfacher, wenn die Röhre noch lose ist und noch nicht auf der Grundplatte aufgeleimt.

Ednamite: grüne Vase

Die Außenröhre wird nun ebenfalls auf die Grundfläche geleimt, so dass beide Pappröhren sich nicht berühren. Das Foto habe ich im Eifer des Gefechts vergessen. Zu sehr war ich eingenommen von dem Prozess, dass nun wirklich krass konkret Kunstharz in den Zwischenraum zwischen den beiden Pappröhren gegossen wird.

Da die Gefäßserie "Ednamite" im Terrazzo-Look gegossen wird, habe ich im Vorfel rund 750 g Kunstharz-Granulat in verschiedenen Grüntönen sowie schwarz als farbige Platten gegossen und nach dem Härten klein gehackt. Das Kunstharz-Granulat wird dann mit cremeweiß gefärbten Kunstharz benetzt und in die Kartonverschalung reingeschaufelt. Das klingt jetzt recht einfach, ist aber eine rechte Sauerei, wenn der Spalt nicht so breit ist. Bei mir ist die Öffnung am Karton zwischen 5 mm und 15 mm breit, das ist echt ziemlich klein für so grobes Granluat.

Am Ende habe ich die klumpige Pampe an der größten Öffnung eingeschlaufelt und mit einem langen Holzstab überall im Kartonspalt verteilt. Das hat echt lange gedauert.

Insgesamt habe ich drei Anläufe zum Füllen der Hülle gebraucht, da mein Granulat zwischendurch alle war und ich erst mal neue Farbplatten machen musste. Aber dann irgendwann war die Röhre endlich voll mit Kunstharz-Zeugs.

Röhre aus Kunstharz im Terrazzo-Look in Kartonverschalung

Röhre aus Kunstharz im Terrazzo-Look in Kartonverschalung

Das Auseinandernehmen der Kartonverschalungen geht mit Gewalt und einer Zange ganz gut von Statten, wenn  auch der Karton an einigen Stellen doch am Kunstharz haftet.

Lösen des Kunstharz-Gießlimgs aus der Kartongussform.

Lösen des Kunstharz-Gießlimgs aus der Kartongussform.

Da der Karton das Trennmittel unterschiedlich stark aufsaugt, sind einige Stellen weniger gut gefettet als andere. So haftet der Karton doch stellenweise am Kunstharz.

Da der Karton das Trennmittel unterschiedlich stark aufsaugt, sind einige Stellen weniger gut gefettet als andere. So haftet der Karton doch stellenweise am Kunstharz.

Man kann die Kartonrückstände mit einer Metallfeile wegfeilen, oder aber den Gießling über Nacht in Wasser einlegen. Der Karton lässt sich dann mit einem Spachtel sauber abkratzen.

Ednamite: grüne Vase

Es gibt noch diverse Zwischenschritte, die ich in der Dokumentation überspringe:

- Ausmerzen diverser Luftblasen an der Außenfläche mit nachträglichem Aufbohren und Befüllen mit transparentem Harz

- Schleifen der Außenfläche mit sehr groben Schleifpapier von Hand

- Glätten des Eingießrandes oben mit der Bohrmaschine und dem Schleifaufsatz für eine ebene Kante

Konkret wird die Form weiter aufgebaut, in dem die Röhre einen Boden erhält. Dafür wird die vorbereitete Röhre wieder mit der Heißklebepistole von außen auf einen Kartonboden geleimt. Der Kartonboden wird vorab wieder mit Melkfett behandelt.

 

Diese Kunstharz-Röhre bekommt nun einen Boden.

Diese Kunstharz-Röhre bekommt nun einen Boden.

Für den Terrazzo-Look wird vorab farbiges Kunstharz-Granluat auf den Boden verteilt.

Für den Terrazzo-Look wird vorab farbiges Kunstharz-Granluat auf den Boden verteilt.

Nun gibt es wieder etwas Zeitraffer. Nicht hier dokumentiert ist:

- das Ablösen der nun geschlossen Kunstharz-Röhre vom Kartonboden

- Bearbeiten des Bodens mit grobem 80er Schleifpapier von außen

- Bearbeiten der kompletten Außenfläche der Röhre mit 120er, 180er und 600er Schleifpapier

- das Anfertigen der Beine mithilfe einer Silikonform und einfarbigem Kunstharz

Die separat angefertigten Beine werden auf den Boden der Kopfüber stehenden Röhre gesetzt. Als Hilfsmittel dient mir klassisches Doppelklebeband, dass fest rund um die Rohre geklebt ist. Mit einer zusätzlichen Schicht Kunstharz und farbigem Kunstharz-Granulat werden die Beine fest auf dem Röhrenboden befestigt.

Hilfskonstruktion Doppelklebeband: so lässt sich eine zusätzliche Schicht Kunstharz auslaufsicher anbringen.

Hilfskonstruktion Doppelklebeband: so lässt sich eine zusätzliche Schicht Kunstharz auslaufsicher anbringen.

Dann fehlen wieder etliche Fotos von Arbeitsschritten. Hauptsächlich:

- Oberflächenbearbeitung der neu aufgeleimten Kunstharzschicht sowie der Angleichung der Oberflächen der separaten Füße.

Ednamite: grüne Vase

Meine Idee war, dass die unifarbenen Füße ein Stück weit in das Terrazzo-Muster hineinragen. Um das anzugleichen wurde ungefähr drei Stunden mit diversen Werkzeugen und von Hand geschliffen (und noch viel mehr geflucht). Aber am Ende ist alles so geworden, wie ich es mir grob am Anfang vorgestellt habe.

Grüne "Ednamite"-Vase aus Kunstharz mit Terrazzo-Muster auf vier geschwungenen Füßen.

Grüne "Ednamite"-Vase aus Kunstharz mit Terrazzo-Muster auf vier geschwungenen Füßen.

Das Ednamite-Thema ist durchaus eine Lehrstunde in Beharrlichkeit, denn der Aufwand steht überhaupt nicht im Verhältnis zu einem möglichen Verkaufspreis. Aber um sich selbst herauszufordern ist das Thema ein meisterliches Lehrstsück.

Vase im Terrazzo-Look in verschiedenen Grüntönen aus Kunstharz.

Vase im Terrazzo-Look in verschiedenen Grüntönen aus Kunstharz.

Zum Glück (ironisch gemeint!) habe ich nur noch drei weitere dieser Monsterwerke auf Halde, die der Fertigstellung entgegensehen. Bis diese Exponate fertig sind, habe ich mir sämtliche Muskeln, Gelenke und Sehnen im Schulter- und Armbereich zu einer einzigen Entzündung verdichtet. Man ist eben keine 30 mehr, verfluchte Scheiße! Wann darf ich endlich wieder nur harmlose Ohrringe und Kettenteile machen????

Detail: Terrazzo-Look mit Epoxi-Harz in Grüntönen.

Detail: Terrazzo-Look mit Epoxi-Harz in Grüntönen.

Ednamite: grüne Vase

Aber ich wollte es ja nicht anders. Also genieß die Show, ignoriere mein Jammern und erfreue dich an den schönen Ergebnissen solch übermenschlicher Anstrengungen.

Rundum schmerzende  Grüße sendet Dir

Edna Mo

Unikat-Vase auf vier geschwungenen Beinen aus Kunstharz, etwa 50 cm hoch, von Edna Mo.

Unikat-Vase auf vier geschwungenen Beinen aus Kunstharz, etwa 50 cm hoch, von Edna Mo.

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Edna Mo

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M
Genial! Genial! Genial!<br /> WUNDERVOLL!<br /> <br /> Liebe Edna, ( inzwischen hab ich so viel auf deinem Blog gestöbert, gelesen und gelernt, dass ich den Eindruck habe, ich würde dich auch kennen), das ist wirklich der Hammer!<br /> Die Idee , die Ausführung und besonders das Ergebnis finde ich klasse!<br /> Durch deine Ermutigung habe ich mein Kunstharz noch nicht in der Versenkung verschwinden lassen und giesse wacker vor mich hin. Draht und Tape funktioniert schon ganz gut, wenngleich ich nicht so perfekte Ergebnisse erziele wie du. <br /> Eine Armreif- Form ( 72 mm ! Auch hier danke für den Tip mit den Größen!) aus Fernost hat mir auch ganz passable Ergebnisse beschert.<br /> Als ich den Versuch mit der „runden Scheibe“ sah, (Pappe und Melkfett), überlegte ich, ob man so nicht auch einen Armreif herstellen könnte, der eher „ flach“ ist….<br /> Nach deinem gelungenen Ednamite Vasen Versuch , werde ich mich mal trauen…<br /> <br /> Vielen Dank für´s Teilhaben lassen an deinen kreativen Projekten!<br /> <br /> ….und solltest du mal einen Workshop machen….ich wär gern dabei!<br /> <br /> Herzliche Grüße, <br /> Martina
Antworten
E
Hallo liebe Martina,<br /> oooohhhhh, jetzt werd ich aber rot bei so viel Lob. Vielen herzlichen Dank dafür.<br /> Bei mir klappt ja auch nicht immer alles. Draht und Tape immer nur ab April bis November. Und auch wenn ich denke, ich müsste das aus dem EffEff beherrschen - dann flutscht mir eine ganze Ladung aus der Hand und ich muss von vorne anfangen.<br /> Bei der Verschalungstechnik schwanke ich immer noch zwischen Pappe/Melkfett und Kopierfolie bei großflächigen Vergüssen. Karton saugt wie verrückt das Melkfett weg, so dass man nachträglich ganz schön schuften muss beim Schleifen. Auf der Folie wird das Harz hingegen schön glänzend - allerdings leicht wellig, weil die Folie sich durch die Hitze des Heißleim verzieht. Da ist dann nur die Frage, was Dir bei der Weiterbearbeitung eher weiter hilft. Aber wie sag ich immer: Versuch macht kluch!<br /> Danke, dass Du deine Erfahrungen mit mit geteilt hast, das hat mich sehr berührt.<br /> Und wenn Dir ein Einzelcoaching auch weiterhilft - das biete ich sehr gerne an. Kontaktiere mich bei Interesse auf endamo@gmx.net oder per DM auf meinem Instagram-Kanal edna_mo_resin.<br /> Gutes Gelingen für deine Projekte und<br /> herzliche Grüße sendet Dir<br /> Edna Mo