21. März 2017
Ich werde dem Kunstharz zwischendurch wiederholt untreu. Ab und zu möchte ich gerne etwas anderes machen, etwas, wo nicht jeder Handgriff wohlüberlegt sein muss und man einfach "darauf los" machen kann. Und je krummer und schiefer das Ergebnis wird, um so besser.
Mit Kunstharz ist diese Arbeitsweise undenkbar. Dafür gibt es anderes Material, dass dieser rebellischen Laune besser entgegenkommt, und das ist Modelliermasse.
Nachdem ich anlässlich der Anleitung für die Untersetzer mal wieder mit Modelliermasse herumgespielt habe, hatte ich plötzlich ein furchtbares Bedürfnis, mehr damit zu machen.
Kneten und Rumfingern und die Hände in matschige Pampe stecken ist haptisch etwas anderes, als mit Gummihandschuhen in giftigen Flüssigkeiten zu rühren. Irgendwie lust- und wertvoll gleichermaßen.
Und so widme ich die nächsten Anleitungen dieser demonstrativ triebhaften Laune und werde mich der Modelliermasse hemmungslos hingeben.
Dekorative Gefäße lassen sich mit Plastik- oder Glasflaschen und lufthärtender Modelliermasse kinderleicht selber herstellen.
Mich reizt derzeit alles, was nicht technisch oder geradlinig anmutet. Mit der heute gezeigten Technik werden aus Schraubgläsern und Plastikmüll charmante Vasen, die in einem ganz anderen Look daherkommen, rustikal und organisch. Die individuellen Ergebnisse ergeben eine gewisse ungelenke Optik und verzaubern mit ihren morbiden Look jedes dekorative Arrangement.
Beide Sorten der heute verwendeten Modelliermasse habe ich schön öfter auf dem Blog vorgestellt (hier, hier und hier), aber erstmals zeige ich eine derartig spaßige Umsetzung. Als Gegenkonzept zum stets kontrollierten und langwierigen Giessharzen hat das richtig gut getan.
Ich verspreche Dir, dieses "Vasen-Schnitzen" macht echt süchtig. Selbst ich habe jetzt noch Gedankenblitze, was ich dringend an Mustern und Effekten ausprobieren möchte.
Hoffentlich kann ich Dich anstecken! Auf ans fröhliche Matschen!
Glatte Flaschen erhalten eine blickdichte Ummantelung aus lufthärtender Modelliermasse.
Die Form wird frei abstrahiert, die Oberfläche wird unregelmäßig und rau strukturiert.
Zusätzlich wird das Muster durch Farbe betont.
Zeitaufwand: je 30 Minuten an zwei Tagen
Trocknungszeit: einen Tag
Schwierigkeitsgrad: einfach
* Das gekennzeichnete Material wurde mir von der Firma Colles et Couleurs Cléopatre bedingungslos zur Verfügung gestellt. Bei Interesse an Bezugsquellen melde dich bitte per Mail bei mir.
Ein Päckchen Modelliermasse mit 145 g reicht für eine Smoothie-Flasche von 250 ml.
Teile die Modelliermasse in zwei Hälften und knete die beiden Portionen einmal kräftig durch. Die Oberfläche ist zunächst klebrig und wird dann geschmeidig und glatt.
Da die Masse lufthärtend ist, wird sie in der Packung mit geschlossenem Deckel aufbewahrt, bis sie zum Einsatz kommt.
Mit einer walnußgroßen Portion der Modelliermasse wird zuerst das Gewinde und die Halsinnenfläche ummantelt.
Eine großen Portion der Modelliermasse wird flach gestrichen und auf die Flasche gelegt.
Durch Drücken und Streichen wird die Modelliermasse um die Flasche gezogen.
Lege soviel Modelliermasse auf, bis die Oberfläche rundum mit einer 2 bis 3 mm dicken Schicht überzogen ist. Dabei werden die verschiedenen "Platten" der Modelliermasse überlappend festgeklopft.
Am Hals wird die Öffnung größer aufmodelliert. So wird die Form verändert und wirkt mehr wie eine Vase.
Die Form soll etwas ungelenk aussehen, wenn der Hals ungleichmäßig gerät, ist das besonders schön.
Die Oberfläche wird nicht geglättet, sondern bleibt so hubbelig, wie es eben beim Modellieren ohne Werkzeug üblich ist.
Beim Trocknen schrumpft das Material um 10 %.
Daher wird die Modelliermasse über den unteren Rand der Flasche gestrichen.
Als Strukturgeber habe ich getrocknete Walnüssen gewählt. Dadurch entsteht ein runzeliges Muster auf der späteren Vase.
Da die Walnüsse eine beschränkte Lebensdauer haben, habe ich davon Repliken aus Giessharz angefertigt. Wundere dich also nicht über die bunte Farbe.
Natürlich sind alle anderen strukturgebenden und glatten Objekte (Kettenglieder, Gabelzinken, Schrauben oder Muttern, Musterstempel) genauso gut geeignet.
Der Strukturgeber wird über die Oberfläche gedrückt und gerollt.
Auch der Hals und die Halsinnenseite werden mit der Struktur versehen.
Die Vase trocknet über Nacht durch und wird am nächsten Tag weiter bearbeitet.
Pinsel mit schwarzer Acrylfarbe und einen feuchten Lappen (nicht nass) zurechtlegen und Handschuhe anziehen.
Der Lappen wird regelmäßig ausgewaschen und daher verlegt man diesen Arbeitsschritt sicherheitshalber in der Nähe eines Waschbeckens.
Mit dem Pinsel wird blickdicht Farbe auf eine Stelle der Flasche gestrichen, dabei die Farbe mit der Pinselspitze in die Vertiefungen der Struktur stupfen.
Direkt im Anschluss wird die überschüssige Farbe mit dem Lappen abgenommen.
Da die Farbe die Modelliermasse wieder anfeuchtet und die Oberfläche vergraut, muss zügig gearbeitet werden.
Daher immer nur stellenweise arbeiten und die aufgetragene Farbe sofort wieder abnehmen.
Den Lappen regelmäßig auswaschen, damit er wieder Farbe aufnehmen kann.
Auch den Rand und die Halsinnenseite nicht vergessen.
Die Farbe über Nacht trocknen lassen oder trockenfönen.
Wer die Flasche wasserfest versiegeln möchte, kann Sie mit einem Klarlack auf Acrylbasis behandeln.
Voila:
Aus einem Stück Plastikmüll ist eine Vase in Granitoptik geworden.
Bearbeite die Flaschenöffnung mit der Knet-Modelliermasse wie bei der ersten Flasche beschrieben. Auch hier kann die Öffnung ganz individuell formentechnisch verändert werden.
Schneide eine größere Öffnung in die Spritztülle und drücke die cremige Modelliermasse in Klumpen auf die Oberseite der Flasche.
Mit einem Spachtel wird die Oberfläche geglättet und die weiche Paste um die Flasche gestrichen.
Damit der untere Rand ebenfalls gut eingestrichen werden kann, wird die Flasche auf einen kleinen Sockel gestellt (hier ein kleiner Plastikbecher).
Mit dem Finger im Flaschenhals kann man die Flasche gegen Umkippen beim Auftragen fixieren.
Über Nacht trocknet die Modellierpaste zu einer stabilen und unempfindlichen Hülle.
An Stellen mit dickem Auftrag kann die Modellierpaste beim Trocknen einreißen. Das ist kein Unglück und sogar erwünscht.
Nach dem Trocknen wird die Oberfläche mit dem Schleifklotz bearbeitet. Damit wird die Oberfläche geglättet und erhält eine narbige Struktur.
Tupfe etwas schwarze Acrylfarbe auf den feuchten Lappen.
Tupfe den Lappen auf einer Zeitung oder Küchentuch ab, bis er nur noch wenig Farbe abgibt.
Tupfe ohne Druck den farbigen Lappen auf die Oberfläche der Vase.
Die oben liegenden Strukturen und Flächen nehmen die Farbe sofort auf.
Wenn Die Farbe dennoch zu dunkel geraten ist, kannst Du mit dem Schleifschwamm die Oberfläche anrauen und damit die Intensität reduzieren.
Na, auch Lust aufs Werkeln bekommen?
Mir hat die Arbeit mit der lufthärtenden Modelliermasse in der hier gezeigten groben und hemdsärmeligen Art richtig toll gefallen.
Kein Werkzeug, alles mit den Fingern gebosselt. Und ordentlich Farbsauerei zwischendurch, aber alles mit Wasser wieder abwaschbar (so ganz anders als beim Umgang mit Kunstharz). Diese Technik bedarf keiner großer Vorkenntnis und erzeugt ruck-zuck Ergebnisse, in zwei Tagen ist man schon fertig. Im Vergleich zu meinen sonstigen Harz-Anleitungen ist das der Wahnsinn!!
Ich freue mich, wenn ich Dich zum Werkeln inspiriert habe!
Herzlich grüßt Dich
Edna Mo
Der Beitrag ist verlinkt beim Creadienstag.