11. September 2015
Die Mühlen der Edna Moschen Schmuckherstellung mahlen langsam, jetzt, wo sich auch noch die Fotografie als weitere kreative Ausdrucksform in die Liste der Aktivitäten reingedrängelt hat.
Da ich gerne die Entstehung einer Kette aus gegossenen Harz-Elementen inklusive der Konfektionierung en bloc dokumentiere, dauert es bis zur Fertigstellung seine Zeit. Aber die Zusammenhänge gehen beim Splitten in verschiedene Arbeitsschritte einfach verloren, und das hat so ein liebevoll erarbeitetes Stück auch nicht verdient. Hier also mein: tribute to the black MIRA necklace.
Kurzer Rückblick zum Anfang: MIRA sind Harz-Repliken von Rinderknochenscheiben, benannt nach dem Hund, der sie mir nach dem Kauen freundlicherweise überlassen hat. Daraus habe ich bislang ornamenthafte Ketten-Anhänger gestaltet.
Nun habe ich drei Überlegungen in einen neuen Kettenentwurf einfließen lassen:
1) die Kette soll schwarz sein, bevorzugt, um sie auf schwarz zu tragen. Da die MIRA-Ringe eine matte Oberfläche mit glänzenden Stellen haben, bringen sie den benötigten Effekt auf einen schwarzen Pulli, so dass die Kette optisch nicht verschwindet sondern trotz Ton-in-Ton hervorsticht.
2) Seit dem legendären Ösenwickeln haben sich gänzliche neue Montagemöglichkeiten aufgetan: denn die MIRAs sollen sich nicht drehen, sondern stets mit der Oberfläche nach vorne zeigen.
3) Das Aneinanderreihen der Ringe ist optisch sehr spannend, es dürfen also ein paar Ringe mehr sein und die Kette opulenter als die bisherige 5-Ringe-Anhänger-Konstellation werden.
Also habe ich MIRAs aus Harz gegossen, wobei das Harz mit Künstlerpigmenten schwarz und grau eingefärbt wurde. Damit die Farbgebung in sich etwas unruhig ist, wurde zusätzlich mit klaren Stellen gearbeitet.
Nach dem Härten wurden die Rückseiten der Ringe mit vier Sorten Körnung nassgeschliffen, die Ringe dann ordentlich gewaschen und abschließend auf der Rückseite poliert. Unerwarteterweise kam zwischenzeitlich netter Besuch ins Atelier, so dass tatsächlich eines der seltenen Edna-at-work-Fotos entstanden ist. Und ja, ich trage im Atelier einen Kittel, da die Harzerei bis zum fertigen Giessling einfach ein elendes Drecksgeschäft ist.
Jetzt kommt der schwierige Teil: aus den ganz unterschiedlichen Einzelstücken kann man jetzt alle möglichen Kettenformen legen und es sind zig Anordnungen möglich. Erst durch die Bohrlöcher wird die Anordnung festgelegt, bis dahin kann man sich munter den Kopf übers Abwägen zerbrechen, ob die gelegte Version "Längsringe", "Plastron" oder "Querringe" jetzt die vorteilhafteste ist. Zur Vereinfachung habe ich alle Versionen mit Bleistift auf Papier abgepaust, um die Entwürfe nebeneinander zu legen und vergleichen zu können. Am Ende habe ich mich für die Anordnung "Querringe" entschieden, da sich bei dieser Reihung die Effekte "Ordnung" und "Unordnung" in etwa die Waage halten (unteres Foto der Reihe).
Nun kommt der zweite kniffelige Teil: die Montage. ich habe diverse Verbindungsmöglichkeiten für die Harzringe erwogen und ausgetestet: die erste Idee mit einem strengen Riegel aus Silberblech habe ich noch lange vor meiner Ösenwickel-Erfahrung überlegt und dann wegen mangelnder Beweglichkeit der Ringe untereinander direkt verworfen.
Große Einzelösen hatten bei der Höhe der Gießlinge zu große Durchmesser und die Ringe hätten dadurch einen zu großen Abstand zueinander bekommen. Eigentlich sollten sie sich relativ eng aneinander schmiegen. Dann gabs noch die Version, die Ringe durch Kettelstifte und kleinen Ösen miteinander zu verbinden (unteres Foto, Verbindung rechts oben). Da war wiederum der Abstand nicht groß genug. Nachdem ich dann eine Zwischenöse gesetzt habe, waren alle Kriterien zwei Verbindungen pro Seite - Abstand - Beweglichkeit gottlob erfüllt.
Anhand der Bleistiftpause habe ich dann die unterschiedliche Platzierung der Bohrungen für die einzelnen Ringe überlegt und dann gebohrt. Ab diesem Punkt gibt es kein Zurück mehr, und jede Borhung muss sitzen. Dieser Arbeitsschritt ist immer mit einer großen Portion Schweißtropfen verbunden.
Dann kommt die Fleißarbeit: die komplette Verbindungsmechanik und damit die Kette zusammenbauen. In dieser Form wieder absolutes Neuland für mich. Und so war es denn auch keine Überraschung, dass durch die etwas größeren Abstände der Ringe untereinander die ganze Konstruktion ein tüchtiges Stück länger geworden ist als geplant. Traue niemals deinem ersten Eindruck, und so habe ich mithilfe zweier schwarzer Schnürsenkel eine Notbefestigung für den Hals gemacht und ein Probetragen inkl. Probefotos gemacht (Eintrag folgt in Kürze).
"Die Musik hat zu viele Noten, nehme er ein paar weg" ist ein schönes Filmzitat bezogen auf Mozarts musikalische Komposition.
Exakt so aber auch bei diesem Kettenentwurf: pro Seite ist ein Ring zuviel.
Gesagt, getan. Dank Schnürsenkel (zu schmal oder genau richtig?) kommt der Entwurf jetzt langsam in eine Richtung, bei der er tatsächlich schon so ähnlich wie eine Kette aussieht.
Aber: das Ziel ist in Sicht, jetzt gilt es, die letzten Kräfte zu mobilisieren ohne auf den letzten Metern schludrig zu werden.
Statt der Schnürsenkel soll jetzt noch ein vernünftiger Verschluss die Kette krönen. "All black everything" ist immer noch das Thema, also habe ich mal alles Schwarze rausgekramt, was sich zur Herstellung einer Nackenhalterung eignet. Aus meinen kubikmetergroßen Fundus sind diese Möglichkeiten ans Tageslicht gekrochen: schwarzer Rips (matt), schwarzes Polyester, ein ehemaliges Pyjama-Hosenbein (glänzend), feines Leder (eine ehemalige Lederjacke) und stabiles Leder (das war mal ein ehemaliger Schaftstiefel). Innerlich war ich total froh, dass ich damals die Stiefel gehäutet und beräubert habe, das Leder ist nämlich sehr glänzend und gleichzeitig so dünn und fest, dass es sich ideal für einen Verschluss eignet. Weil man es nämlich weder doppelt legen noch versäubern oder sonstwie weiter bearbeiten muss.
Aus zwei Streifen des Steifelleders, vier Nieten und einem Hakenverschluß aus versilberten Kupferdraht ist die Kette im Nacken zu schließen und mit einer Verlängerungskette auch flexibel in der Länge einstellbar.
Mit den verbliebenen Ringen wurde noch ein passendes Armband hergestellt.
Und da ist sie: Gestatten, Black MIRA. Angenehm!
Stilistisch ist die Black MIRA mit den geschwärzten Knochenringen, der metallischen Mechanik und der opulenten Kragenform angesiedelt zwischen Punk und Steampunk. Und damit eindeutig kantiger und eigenständiger als viele meiner anderen Ketten. Es wird sehr spannend, hierzu ein paar Stylings auszuprobieren. Man darf gespannt sein!