15. April 2022
Der letzte heiße Scheiß bei den kreativen Gussmassen ist Jesmonite, ein faserverstärkter Kunstharz auf Acrylbasis. Toll, möchte man da jubeln, endlich weg mit den gesundheitsgefährdenden Epoxid-, Polyesterglass- und UV-Harzen, ich nehm jetzt nur noch das gesunde Zeug, das ist gut für mich und die Umwelt.
Denn eins ist klar: die Arbeit mit Kunstharz ist eine eher gesundheitsunförderliche Tätigkeit. Auch wenn das Harz im gehärteten Zustand keine lösungsmittele mehr ausdampft - bei mechanischer Belastung wie Bohren und Schleifen können die in die Luft wirbelnden feinen Partikel eingeatmet werden, was man besser vermeiden sollte. All das könnte man zukünftig - dank Jesmonite - weniger vermummt und ohne Angst erledigen. Und der Name allein ist ja schon supersexy.
Als ich das erste Mal bewusst über Jesmonite recherchiert habe, hat es mir extrem in den Fingern gejuckt, eine schnelle Bestelltung über zig Hektoliter zu tätigen und mich Hals über Kopf in dieses neue Material einzufuchsen.
Was mich dann doch abgehalten hat: die Einsatzmöglichkeiten sind dann doch eingeschränkt. Das Material ist weißgrundig und nicht transparent, so dass die Optik immer leicht an Gips oder Zement erinnert. Es härtet binnen von 15 Minuten aus - eigentlich ein tolles Kriterium - so dass bei der Herstellung von Mustern wenig experimenteller Spielraum bleibt. Was mich aber am meisten abgeschreckt hat: Jesmonite ist nicht wasserfest. Und: alle machen das Gleiche. Nach dem 300 Millionsten gesprenkelten Tablett in Kapselform verspüre ich sogar visuellen Unwillen.
Was von diesem kurzen Aufflackern blieb, war der Ansporn, mit meinen zu Hause in rauen Mengen vorrätigen Epoxid-Kunstharz einen Terrazzo-ähnlichen Effekt wie bei Jesmonite auszuprobieren.
Denn Epoxidharz kann eigentlich alles, es ist nur manchmal schwer zu erreichen. Aber das hat mich ja noch nie abgeschreckt, etwas Neues auszuprobieren.
Was ich ausprobiert habe, um mit Epoxidharz tolle Terrazzo-Effekte herzustellen, davon möchte ich im heutigen Beitrag berichten.
Die farbigen Sprengsel, die den Terrazzo-Effekt ausmachen, werden vorab hergestellt und nach dem Trocknen "geschreddert. Ein idealer Vorgang, um sich von Tonnagen unliebsamer Reste zu trennen, so mein Plan. Also habe ich mich hingesetzt und schwarze Leftover-Gießlinge aus der DARK-Kollektion "kleingehackt". Zuerst mit der Schere (damit habe ich mir direkt eine fette Blase zugezogen), dann bin ich dazu übergegangen, die flachen Gießlinge mit zwei Zangen zu zerbrechen, was deutlich besser geklappt, aber ewig gedauert hat.
Um zu kucken, wie das aussieht, habe ich einen Mustertaler mit rosa gefärbtem Kunstharz und den schwarzen Schnipseln gegossen und nach dem Trocknen grob geschliffen (mit 180er und 600er Schleifpapier auf der Töpferscheibe).
Fazit: Schon nicht schlecht, aber ein bißchen grob. Die Bruchkanten werden durch den einsatz der Zangen aber wunderbar unregelmäßig.
Kleiner lässt sich das mit der Bandsäge bewerkstelligen (habs ausprobiert), aber das Gefahrenpotential ist bei der Bandsäge bei so winzigen Stücken enorm groß.
Eierschalen fallen in jedem Haushalt in ausreichender Größenordnung an, und wenn man den Haltbarkeitsstempel vorab mit Essigsäure entfernt, erhält man nach dem Zerstoßen wahlweise weiße oder braun-weiße Schnipsel. Der Grad des Zerstoßens bestimmt die Größe der Schnipel, es geht also auch ganz fein.
Einige Eierschalen habe ich mit Sprühlack un Acrylfarbe eingefärbt, um einen Farbeffekt zu erhalten.
Fazit: weiße Eierschalen in schwarzem Kunstharz - traumschön.
Nachteil: damit das Schwarz schön schwarz kommt, benötigt masn drei Schleifdurchgänge ( 180er, 600er und 1.200er Schleifpapier) und eine Runde Polierpaste im Anschluss.
Fazit farbige Eierschalen: zauberhaft!
Allerdings darf man die Oberfläche nicht schleifen, sonst schleift man natürlich auch die Farbe ab, und es bleiben vorrangig weiße Schnipsel übrig.
Oben: ungeschliffene Oberfläche bei Einbettung von farbigen Eierschalen, unten: geschliffene Oberfläche.
Gesagt, getan, beim nächsten Gießling wurden die groben Reste-Stücke mit feinen, braunen Eierschalen kombiniert.
Fazit: Supertoll, ich bin wohl auf der richtigen Spur!
Späne sind etwas, was beim Entgraten von Gießlinge mit dem Cutter übrigbleibt. Als ich mit der "Puzzle-Technik" angefangen habe, habe ich mal einen Beutel dieser feinen, länglichen Schnipsel aufbewahrt. Da es bei einem schönen Terrazzo-Muster auch auf eine gewisse visuelle Abwechslung ankommt, können zusätzliche Späne nicht schaden, oder?
Um neben den Eierschalen auch farbige, kleine Schnipsel zu erhalten, komme ich wohl nicht umhin - analog der Schnipselherstellung mit Jesmonite - farbige Harzplatten herzustellen.
Das ist recht einfach: Harz färben, auf eine Silikonmatte gießen, glattstreichen. Ca. 8 Stunden warten, bis das Harz fest, aber noch nicht komplett durchgetrocknet ist.
Fazit: die noch weichen Platte lassen sich ohne großen Schmerz mit der Schere fein schneiden.
Nachteil: die Außenkanten werden fast zu ordentlich.
Bei den nächsten Gieß-Experiment habe ich folgende Schnipsel kombiniert:
- grob gebrochene Stücke
- feine Eierschalen
- längliche Späne
- feines, mit der Schere geschnittenes Farbgranulat
Fazit: die Mischung macht es, das sieht richtig toll aus!
An der Form der Einbettungssprengsel kann man erkennen, dass kaum grob gebrochene Stücke zu sehen sind. Die Farbelemente haben alle gerade Außenkanten, was das Muster ordentlich wirken lässt..
Hier kann man die groben Schnipsel gut erkenne. Als zusätzliche Gimmick wurde Bernsteingranulat und bernsteingelbe feine Schnipsel eingearbeitet.
Fazit Fazit: wozu Jesmonite? Das Tolle beim Epoxidharz, dass man transparente Farbschnipsel in eine blickdichte Grundmasse einbetten kann. Die transparenten Farbschnipsel erinnern fast an eingeschlossenes Glas. Der Effekt ist also extrem zauberhaft, und es reizt mich enorm, daran weiterzuforschen.
Mit den vorliegenden Erkenntnissen bin ich außerdem bereit für den nächsten Schritt: dem Herstellen von Gefässen aus Epoxid-Kunstharz mit Terrazzo-Effekt, die dann nachträglich durch sexy Beine zu "Gefässskulpturen" zusammengefügt werden.
Kleinteilige Grüße sendet Dir
Edna Mo