29. April 2021
Und da bin ich schon wieder, mit dem dritten und letzten Kapitel zum Thema Knet-Epoxi. Nachdem jetzt rund sechs Wochen lang "knetepoxt" wurde, habe ich viele neue Kniffs und Tricks rund um das Kusntharz-Handling gewonnen. Im heutigen Kapitel geht es darum, wie gut sich Knet-Epoxi zum Modellieren eignet.
Fürs Kunstharzen benötigt man Silikonformen. Und die kann man selber machen, wenn man denn spannende Vorlagen zum Abformen hat. Für mich gehört die Entwicklung eigener Vorlagen als Kerndisziplin dazu. Sonst modelliere ich mit Fimo, Kaltporzellan oder Ton oder experimentiere mit PowerTex und allem, was formbar ist und dann aushärtet. Ein Großteil meiner Schmuckkreationen basiert auf Formen, die im Vorfeld eigenhändig modelliert wurden. Warum also dafür zukünftig nicht auch Knet-Epoxi nutzen??
Wenn Du weitere Information zum Umgang mit Knet-Epoxi benötigst, lese für die Grundlagen Kapitel 1 (Handling mit Knet-Epoxi und Muster erzeugen), sowie zur Weiterführung das Kapitel 2 (Kleben mit Knet-Epoxi) durch.
-> Vielen Dank an den Hersteller Siliconesandmore, der mir das Material unentgeltlich und ohne Bedingungen zur Verfügung gestellt hat.
Dass das Material mit seiner tendenziell fluffigen Konsistenz keine perfekte Formenkontrolle zulässt und daher nur bedingt gut zum Modellieren geeignet ist, habe ich mir nach den ersten Erfahrungen im kleinflächigen Auftrag für Muster oder zum Kleben fast gedacht. Trotzdem wollte ich ausprobieren, Ringe und Armreifen aus dem Material zu formen.
Die Freiform-Modelle dienen als Vorlage zum Abformen mit Silikon. Anders als in den beiden vorangegangenen Kapiteln werden keine Ergebnisse erwartet, die "fertiger" Schmuck sein sollen. Für "fertige" Objekte ist das Material in der Oberfläche doch zu weich und nicht resistent gegen Farben (es neigt zum Vergrauen).
Bei mir ist der Vorlagenbau kein linearer Prozess. Daher entstanden die nachfolgenden Fotos über einen längeren Zeitraum, in denen die Knet-Epoxi-Modelle immer wieder zwischendurch geschliffen, gefräst und ergänzend modelliert wurden. Oft sahen die Zwischenschritte völlig anders aus - und da kommt einer der großen Vorteile von Knet-Epoxi ins Spiel: es lässt sich endlos und ohne Qualitätsverlust überarbeiten.
Ich habe parallel auch das Einfärben mit Knet-Epoxi getestet, daher sind einige der nachfolgenden Teile stellenweise gemustert, das hat nichts zu bedeuten.
Für den ersten Anfang habe ich mir grobe Vorlagen für Ringe und einen Armreif-Durchmesser auf Overheadfolie gemalt. Daran sollten sich die ersten Formen mit Knet-Epoxi orientieren.
Das Modellieren des Lochs beim Ring ist mühselig, daher habe ich die beiden anderen Ringe ohne Loch geformt
Nach dem Härten die ersten Zwischenergebnisse der Ringe: dünne bis sehr dünne Scheiben, die man sehr gut weiterbearbeiten oder darauf aufbauen kann. Das ausgehärtete Material ist überraschend leicht und erinnert an Balsa-Holz aus dem Modellbau.
Testweise habe ich den einen Ring geschliffen, und das ging problemlos. Beim gehärteten Knet-Epoxi lässt sich mit 180er Schleifpapier eine glatte, matte und leicht poröse Oberfläche erzeugen.
Den grauen Ringrohling habe ich als Gerüst genutzt und eine Oberfläche aus Knet-Epoxi-Knübbelchen dazumodelliert. Erst die eine Seite, dann nach dem Aushärten die andere Seite. Die Knübbelchen fallen grober aus als beispielsweise mit Kaltporzellan.
Der erste Zwischenstand des Armreifs nach dem Härten: als Gerüst zum weiteren Aufbau ideal, sonst nicht besonders schick.
Frisches Knet-Epoxi lässt sich problemlos auf bereits gehärtetes Knet-Epoxi aufsetzen.
Ausgehend vom ersten schlichten Reif wurde über mehrere Arbeitsschritte ein asymetrischer Kuppel-Armreif geformt. Hier ein weiterer Zwischenschritt.
Hier ein zweites Armreif-Modell, das wie eine Armreif-Manschette mit zwei gebogenen Klammern aussehen soll.
Dafür habe ich einen "Arm" aus Overheadfolie gerollt und darauf die erste Klammer modelliert. Die durfte erst mal aushärten.
In einem zweiten Schritt wurd der Rest der Manschette um die gewölbte Folie modelliert, das hat super geklappt.
Unten: Die fertig geformte und gehärtete grobe Manschette als erster Zwischenschritt.
Und dann folgt das Drama auch hier. Beim Schleifen habe ich entdeckt, dass das Knet-Epoxi vom ersten Arbeitsschritt nicht gut gemischt war. Unter der harten Oberfläche war der Reif bröckelig und ganze Stücke haben sich gelöst. In der Folge ist der Armreif erst mal zerbrochen.
Aber nicht verzagen, Knet-Epoxi wirds schon richten.... das kann ich zum jetzigen Zeitpunkt schon ohne Zögern sagen.
Also: Armreif wieder mit frischem Knet-Epoxi auf den Folien-Arm pappen und zusammenkleben, härten lassen, Innenseite mit frischem Knet-Epoxi nachbessern, härten lassen, schleifen und dann...
... hat man schon ganz brauchbare Modelle. Der Manschetten-Armreif lässt sich mit der Fräse auch auf der Innenseite gut bearbeiten und damit auf eine dünne Materialstärke bringen. In einer späteren Kunstharz-Version muss man das höhere Gewicht einrechnen, die Armreifen müssen auch tragbar bleiben.
Beim Kuppel-Armreif bin ich daran gescheitert, die Innenwölbung zu verschlanken. Als Modell ist er insgesamt zu dickwandig und daher nicht brauchbar.
Erste Armreifen-Modelle aus Knet-Epoxi. Die Manschette links ist dünn genug, um als Kunstharz-Replik nicht zu schwer auszufallen.
Die Formfindung mit Knet-Epoxi erzeugt tendenziell dickwandige Modelle, da das Knet-Epoxi dick aufgetragen besser haftet und mehr Stand hat als bei dünnen Formteilen. Das nachträgliche "Ausdünnen" ist aber dann doch ein langwieriger und nicht immer von Erfolg gekrönter Prozess.
Daher habe ich noch einen zweiten Ansatz verfolgt: bestehende Kunstharz-Schmuckstücke verändern durch nachträglich aufgebrachtes Knet-Epoxi komplett ihre Form. Also ein Mix aus Ankleben und Modellieren. Dazu habe ich einen Ring und einen flachen breiten Armreif ausgewählt.
Hier einen Ring mit sehr kleiner Ringschiene und schlichter Kuppelform.
Im ersten Zwischenschritt mit vergrößerter Kuppe durch aufgebrachtes Knet-Epoxi.
An dieser Stelle kommen frei modellierte und kleb-modellierte Ringe in einem Zwischenschritt zusammen, ich habe diverse Formversuche ausprobiert.
Die eingefräste Ringschiene in der Ringscheibeoben rechts ist zu fein ausgefallen (Du weißt: dünne Ringschiene - nicht machen). Daher wurde die Innenwandung auch wieder mit Knet-Epoxi zugepappt.
Schleifen, modellieren, härten, schleifen, modellieren, härten ...
Zwischendurch habe ich das Fotografieren schlicht vergessen, weil die Ringe eigentlich nicht besonders ansehnlich aussahen. Die finale Form hat sich erst im Laufe der Zeit gefunden. Da Knet-Epoxi sich defininitv nicht für zierliche Formen eignet, bin ich den anderen Weg gegangen und habe Oversized-Ring-Modelle ausgearbeitet. Dafür ist das Knet-Epoxi super geeignet.
Wie man sieht, ist es bei Ringen beispielsweise ganz egal, ob man von einem bestehenden Ring oder nur einer dünnen Knet-Epoxi-Scheibe ausgeht - bei diesem Format wird man eher etwas modellieren, was größer ausfällt.
Die finale Form der Köpfe wurde auf der Schleifscheibe ausgearbeitet, bei den Schienen kamen die Nagelfräse und die Feile zum Einsatz. Und so schnuckelig sehen die komischen Klumpen nach einiger Zeit der Bearbeitung dann aus.
Diese Modelle eignen sich auf jeden Fall zum Abformen mit Silikon!
Als Kunstharz-Repliken werden sie nicht zu den Leichtgewichten gehören. Gegebenenfalls müssen die Vorlagen in einem weiteren Überarbeitungsschritt noch weiter verkleinert werden. Aber das kann man erst nach dem Abformen und dem ersten Abguss mit Resin entscheiden.
Diesen schmalen flachen Armreifen kennst Du schon aus zig Umsetzungen. Im Original war das mal ein Modell aus Fimo. Die Innenöffnung wurde bereits von 6,5 auf 7 cm vergrößert, um den Armreifen auch für größere Hände tragbar zu machen. Für eine weitere Durchmesser-Vergrößerung ist der Armreif aber nun zu schmal.
Fazit: Armreif außenrum größer machen, damit innendrin auch weiter vergrößert werden kann, auf wenigstens 8 cm.
So bin ich vorgegangen: der Kunstharz-Armreif wird mit einem Streifen Doppeltape auf einer Overheadfolie fixiert und mit Knet-Epoxi um das Doppelte verbreitert.
Die auf der Folie untenliegende Fläche zeigt noch eine Nut.
In einem zweiten Arbeitsschritt wird die Nut mit Knet-Epoxi zugepappt. Härten lassen und dann grob schleifen.
An diesem Modell kann man sehr gut sehen, wie sich Giessharz und Knet-Epoxi zu einem kompakten Objekt verbinden. Der Ursprungs-Armreif hat die Materialdicke vorgegeben, so dass man den Knet-Epoxi-Überstand auf dieses Niveau herunterschleifen konnte.
Dieser Armreif braucht noch einen Schliff auf der Innenseite und ist dann ein perfektes Modell für die Silikon-Abformung. Es lassen sich wenigstens zwei weitere Innendurchmesser-Größen und weitere Armreifen-Experimente davon ableiten. Du merkst schon: das ist nur eine Blaupause für weitere Formfindungen!
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Als ich Knet-Epoxi das erste Mal ausprobiert habe, wusste ich überhaupt nichts damit anzufangen. Nachdem ich mich jetzt rund sechs Wochen damit beschäftigt habe, stelle ich für mich fest, dass es ein geiles Zeug ist.
Nicht, um damit konkret Schmuck herzustellen. Aber es ist ein Hilfsmittel mit sehr speziellen Eigenschaften, das - in der richtigen Situation angewendet - Wunder vollbringt.
Es ist ein tolles Modelliermaterial, insbesondere um bestehende Teile zu vergrößer oder zu verändern. Nimm als Beispiel einen Kunstharzring. Der hat eine feststehende Ringgröße. Durch Knet-Epoxi lässt sich die Ringschiene füllen und verbreitern, mit der Fräse wird in die ausgehärtete Masse ein neuer, größerer (oder kleinerer) Innendurchmesser gesetzt. Aus einer Vorlage lassen sich damit beispielsweise gleiche Ringe mit verschiedenen Ringgrößen umsetzen. Das ist ein Adaptionsschritt, der mit flüssigem Kunstharz so einfach nicht möglich ist.
Nach dem Test mit Mustern und Kleben weiß ich, dass für mich Knet-Epoxi ein Spezialist im Formenbau ist und mir ermöglichen wird, meine Schmuckdesigns in eine neue Richtung zu lenken. Ich habe schon viele tolle Ideen, wie ich dieses komische Zeug zu meinem Zeug und zum Helfershelfer neuer Kreationen machen werde.
Für mich war es ein großer Spaß, mich ausgiebig mit dem Material zu beschäftigen. Ich freue mich, wenn Dir der beschriebene Modellbau von Vorlagenteilen auch einen spannenden Einblick verschafft hat.
Frisch inspirierte Grüße sendet Dir
Edna Mo