4. Februar 2019
Die Mühe, aus dem klaren Kunstharzgemisch die Luftblasen zu vertreiben, ist mir ganz und gar nicht unbekannt. Da ich derzeit verstärkt mit klarem Harz arbeite, fallen die kleinen Übeltäter optisch mehr ins Gewicht als bei Objekten, die blickdicht durchgefärbt sind!
Folgende Methoden zur Luftblasen-Reduzierung in Kunstharz-Einbettungen wurden von mir angewendet oder wurden mir mündlich zugetragen:
1) Das Harzgemisch langsam rühren, dann stehen lassen zum Entlüften.
2) Die Harzoberfläche mit der Feuerzeug-Flamme streicheln.
3) Eine Vakuum-Kammer benutzen.
4) Einen Heißluftfön benutzen.
Ich habe jahrelang die Luftbläschen einfach hingenommen. Und werde es - in gewissen Umfang - auch weiter tun. Denn trotz mannigfaltiger Methoden, um den unliebsamen Störenfrieden den luftigen Garaus zu machen, kriegt man sie doch nicht ganz in den Griff. Es gibt einfach Harze, die ein völlig klares Harzgemisch aufweisen und im Laufe der Aushärtezeit Bläschen ausbilden. Man sollte also nur da in den Krieg ziehen, wo auch ein Sieg wahrscheinlich ist. Aber ich möchte gerne besser werden und probiere daher alles mögliche aus.
Ich neige ein bißchen zur Ungeduld. Langsam rühren ist für mich wie ein zeitraubendes Ärgernis. Derzeit teste ich viele verschiedene Harze aus und habe zwangsläufig die technische Datenblätter verinnerlicht. Für dünnflüssige Harze wird die 3 + 2-Technik empfohlen. Bedeutet: Erst 3 Minuten langsam rühren, dann umtopfen, dann 2 Minuten langsam rühren. Um mich zu disziplinieren benutze ich eine Stoppuhr. Das hält meine Ungeduld prima im Zaum und ist eine kleine Harz-Meditation.
Die im Ergebnis nicht übermäßig blasige Harzmischung wird dann 15 bis 20 Minuten stehen gelassen, um die Bläschen von alleine aufsteigen und sich verflüchtigen zu lassen. Zum Entlüften topfe ich das Harzgemisch zusätzlich in ein Gefäß mit breiter Öffnung um, um eine möglichst große Oberfläche zum Entlüften zu erzeugen.
Dieser Kniff ist bei dünnflüssigen Harzen mit langer Verarbeitungszeit prima, wenn man zeitlich entspannt arbeiten kann und nicht auf die Uhr kucken muss.
Bei zähfließenden Harzen und schneller Reaktionszeit macht diese Methode allerdings keinen Sinn. Da ist das Harz schon geliert, bevor man ans Gießen kommt.
Yeah, die Feuerzeugflamme ist schon ganz effektiv.
Ideal für: Wenn die Silikonform bis zum oberen Rand gefüllt ist oder bei zähfließenden Harzen (Doming-Effekt), wo tendenziell flach gearbeitet wird.
Bei flachen Schichten in tiefen Silikonformen hat man allerdings keine Chance. Ich verbrenne mir notorisch die Finger, nur weil ich partout irgendwo ganz unten in einer Silikonform ein Bläschen vertreiben will. Autsch. Die verbrannten, gefühllosen Fingerkuppen haben mir - gelinde gesagt - den Rest gegeben.
Liegt sicher auch daran, dass ich kein Stabfeuerzeug benutze. Aber offenes Feuer ist in Arbeitsräumen, in denen tonnenweise brennbares Material lagert, eigentlich grundsätzlich nicht empfehlenswert. Daher habe ich in diese Richtung nicht weiter aufgerüstet.
Zum Glück konnte ich an Utes Erfahrungen teilhaben, die sich eine Vakuumkammer für die Einbettung von Blüten in transparente Kunstharz-Armreifen angeschafft hat.
Eine Vakuumkammer ist eine Art Edelstahltopf, der mit einer Pumpe verbunden ist. Man stellt ein Gefäß mit Flüssigkeit hinein, schließt den Deckel luftdicht, schmeißt die Pumpe an und diese erzeugt in der Kammer einen Unterdruck.
Tatsächlich stellt man nur den Anmischbecher mit dem Harzgemisch zum Entlüften in die Kammer, jedoch nicht die gefüllte Silikonform. Durch den Unterdruck fließt nämlich das Harz über und aus der Silikonform raus. Schöne Sauerei.
Ute hat trotz Vakuumkammer immer noch Luftblasen in den Armreifen. Möglicherweise muss man die Kammer in anderen Zusammenhängen nutzen, um ihr volles Potential auszuschöpfen.
Dieser Umstand sowie die rund 200 bis 300 Euro Anschaffungspreis haben mich bis dato davon abgehalten, so ein Gerät selbst zu kaufen. Siehe auch meine orakelhaften Bemerkung im Post-Intro. Da muss man sein Harz schon gut kennen um zu wissen, ob es das auf diese Weise blasenfrei bekommen lässt.
Aber wer weiß, vielleicht bin ich in ein paar Jahren bereit für eine Vakuumkammer.
Der Heißluftfön (auch Heißluftgebläse oder heat gun genannt) hat als neueste Errungenschaft Einzug in mein Atelier gehalten (wie man der abstrakten Fotostrecke entnehmen kann). Ich bin respektvoll bei Geräten, die man nicht auf Menschen oder Tiere halten soll, und habe daher den Einsatz auf Stufe 1 (300 °C) und dem gebührenden Abstand von 30 cm zum behitzenden Objekt (mein Anmischbecher) eingehalten.
Da rächt sich, dass man in einem Kellerloch arbeitet. Der Heißluftfön hat ebenso wie der Haarfön ein Gebläse, und kaum angeknipst, erhob sich eine Wolke aus Staub, trockenen Kunstharzresten, Tierhaaren und Glitter (seufz, die Kundenaufträge mit den Erinnerungsstücken haben auch im Nachgang so ihre Tücken!) in die Luft und trieb munter über meine gesamte Arbeitsfläche. Bevor ich den Heißluftfon seiner weiteren Bestimmung zuführen kann, musste erst mal aufgeräumt werden. Ausmisten, Entkrusten, Entstauben, Patina abtragen. Meine Güte macht das Harzen einen Dreck!
Kurzum, in einer nicht ganz ordentlichen Umgebung muss man sich wohl überlegen, ob und wo man den Heißluftfön benutzt. Man könnte auch eine "Hitze-Kiste" nutzen, also eine saubere Box, in der ausschließlich die Harzmischung oder die Silikonform durch eine zentrale Öffnung angeblasen wird. Aber diese Hilfskonstruktion hebe ich mir für den Zeitpunkt auf, wo das Chaos wieder überhand nimmt. Oder ich mache einfach öfter mal sauber, das wäre ja auch mal ein schöner Nebeneffekt.
Seit dem Aufräumaktion habe ich einen leergefegten und sauberen Trocken-Arbeitsbereich. Da konnte ich die letzten Tage munter heißfönen, ohne Dreck hochzuschleudern.
Dazu fülle ich meine angemischte und umgetopfte Harzmischung in einen flachen Kunststoffbecher mit breiter Öffnung und halte mit Abstand den Fön darauf. Das Gerät benötigt ein bißchen Zeit, bis es auf Betriebstemperatur ist, und so schwenke ich den Fön etwa 15 Sekunden kreisförmig über dem Anmischbecher. Dann mache ich eine Pause und prüfe, ob der Kunststoffbecher noch seine materielle Integrität behalten hat (schmilzt ja bekanntlich schon bei weniger als 300 °C) und heißföne dann noch eine Etappe, wenn sich noch Blasen an der Harzmischung-Oberfläche zeigen sollten. Meistens reichen zwei Etappen, um die Harzmischung babyglatt zu bekommen.
Später kucke ich, ob sich beim eingefüllten Harz in der Silikonform noch Bläschen zeigen und heißföne bei Bedarf die Silikonform noch eine Etappe lang. Mit etwas Geduld platzen auch die letzten Bläschen!
Damit konnte ich die Verarbeitungszeit bei dünnflüssigen und zu Blasen neigenden Harzen deutlich beschleunigen! Bisher haben sich die 12 Euro Anschaffungskosten schon mal als gute Investition erwiesen! Weitere Erfahrungen zu den Ergebnissen folgen!
Heißgefönte Grüße sendet Dir
Edna Mo
(PS: der Heißluftfön wird selbstverständlich NICHT zum Haarefönen oder nassen-Hund-trocknen zweckentfremdet!)