5. August 2020
Füße, Füße, Füße, ... überall, und das nicht nur wegen Sommer- und Sandalenzeit. Im Dekobereich gibt es keinen Topf, Halter, Pömpel, Napf oder Krug, der nicht auf kleinen Füßchen daherstolziert kommt. (Mir ist klar, dass man diese Stelzen hochdeutsch eigentlich "Beine" nennt, aber ich kann meine urschwäbische Prägung nicht verleugnen, nach der alle Körperteile unterhalb des Steißbeins allgemeinhin "Füße" sind.)
Mir kommt es so vor, als wären die Accessoires in der Wohnungsdekoration in den letzten zwei Jahren zu einer maximalen Verspieltheit mutiert. Noch ein Schnörkel und noch ein Muster und eine Verzierung und am Besten alles zusammen. (Mein Lieblings-Beispiel, dass man es vielleicht auch übertreiben kann, sind goldene Tisch- und Hängelampen in Form von Äffchen und Nilpferden, denen LED-Birnen aus den absonderlichsten Körperöffnungen ragen. Wer sich gern mit derart malträtierte Wesen umgeben möchte - bitteschön! Ich hingegen würde mich da maximal unwohl fühlen.)
Troddeln, Wohlfühl-Print-Postern, Topfpflanzeninfernos oder Folter-Tierlampen kann ich links liegenlassen, aber bei Füßchen werd ich schwach. Wenn ich Irgendwas befußtes sehe, will ich es anfassen und haben.
Als gewiefte Bastlerin ist es natürlich DAS PROJEKT, selber ein paar dekorative Füßchen auf die Beine zu stellen. Meinen ersten, frühkindlichen Aufschlag zum Füßchen-Fetisch mit anderer Konzeption findest Du hier.
Diesmal sollte es nicht um hohe Objekte mit angeklebter Harz-Scheibe gehen, sondern um Füße an für sich. Mit Kunstharz ist es per se möglich, verschieden beinartige Füße zu gießen und auf die Unterseite bestehender Gefäße zu kleben.
Dazu sind mir ein paar blitzfrische Ideen eingefallen, die ich heute präsentiere.
Als ich die Duftkerze im schwarzen Glas aufgestöbert habe (im Foto hinten rechts), war mir sofort klar: da müssen Füße drunter. Leicht geschwungene, elegante Füße. Oder wie Heidi sagen würde: Hauptsache, schöne Füße!
Die kleine, geschwungene Schale und die große, leicht gewölbte Schale sind als Ergänzung dazugekommen. Es handelt sich um Kunstharz-Repliken von Küchenutenislien, die in Natura nicht ganz so aufregend koloriert sind. Sie wurden mit Silikon abgeformt, und mit farbigem Kunstharz gegossen, damit alle Teile für diese Fotostrecke eine stimmige Gruppe ergeben. Das Kerzenglas und die große Schale sind matt, die kleine Schale weist ein glänzende Oberfläche auf.
Die neuen Füße sollen in der Anmutung dazu passen.
Schalen und Gefäßt mit glatter Bodenfläche oder nur einem kleinen Bodenrand
Silikonform (wahlweise gekauft oder selbst hergestellt)
Epoxid-Kunstharz für höhere Schichten (für die Kegelform) oder für flache Schichten (für die schmalen Füßchen, und zum Überlackieren)
Pigment Schwarz zum Einfärben
Handsäge mit Sägeblatt grob (alternativ Bandsäge)
Nassschleifpapier 180 / 600 / 1.500
Kreppband, Doppelklebeband, Schere
Die technisch einfachste Umsetzung ist es, eine Silikonform zu wählen, die Gießlinge erzeugt, die sich als Füßchen eignen. (Da sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt, man könnte auch Äffchen zu Füßen umfunktionieren, in Sachen Tier-Missbrauch gibt es im Deko-Bereich offensichtlich keine Grenzen mehr.) Passend zur flachen Form meiner Schale habe ich mich jedoch für eine weniger tierhafte, schlichte Kegelform entschieden. Die Form ist von Silikomart und stammt aus dem Patisserie-Bedarf, sie erzeugt hochglänzende Kegel.
Mit schwarz gefärbtem Harz wurden vier Kegel gegossen, die 3 cm hoch sind.
Mit 600-er Nass-Schleifpapier wurden die Kegel von Hand matt geschliffen, damit sie zur Oberflächenbeschaffenheit der Schale passen.
Leider ist die Unterseite der Schale nicht ganz eben. Verschiedene Platzierungen der Füße im trockenen Zustand wurden ausprobiert. Ich habe mich für eine Anordnung entschieden, bei der der rechte Kegel auf einer erhöhten Stelle aufgesetzt wird.
Den Kegel habe ich auf der breiten Fläche mit 180-er Schleifpapier etwas kürzer geschliffen, um die unterschiedlichen Höhen auszugleichen.
Eine wasserdichte Unterlage wird untergelegt und die Schale darauf, sowie dieKegel daneben gestellt.
Mit zwei Tropfen Harzgemisch wird der erhöht platzierte Kegel auf der Fläche befestigt. Es empfielt sich, für Klebearbeiten dieser Art vorgeliertes Harz zu nehmen und wenigtens 15 Minuten zu beobachten, wohin der Kegel auf der glitschigen Fläche zu wandern gedenkt, was er aufgrund der geneigten Form der Schale selbstverständlich tut.
Ich habe dann Pappstreifen unter meine Unterlage geschoben, um die Schalenneigung auszugleichen. Den "Sonder"-Kegel habe ich zuerst angebracht und lasse ihn härten, bevor die anderen Kegel an die Reihe kommen.
In die Vertiefung wird transparentes Harz gegossen. Erst mal wenig Harz aufbringen.
Kegel auf die nasse Harzschicht aufsetzen und beobachten, ob Harz überlaufen möchte oder die Kegel ins Rutschen kommen, ggfs. mehr Karton zum Justieren unterlegen.
Aushärten lassen.
Nach 24 Stunden ist die Verbindungsschicht gehärtet und die Kegel sind fest mit der Schale verbunden.
Umdrehen - Fertig!
Für meinen Geschmack ist die Schale noch einen Mü zu flach.
Aber als Fuß-Einsteigerdroge lasse ich die Kegel allemal durchgehen.
Alles ist besser mit als mit ohne Füße!
Weil mir das Füßchentheme großen Spaß macht, habe ich zwei Musterfüße erstellt.
Mit 5 mm breitem Aluminiumdraht, Tape und Kunstharz habe ich eine Vorlage für einen breiten und einen schmalen geschwungenen Fuß erstellt.
Mit nur einer Schicht Harz erhält man mit der Draht-und-Tape-Technik Vorlagen, die über eine hochglänzende Oberfläche verfügen und man kann ganz verschiedene, flache Formen realisieren.
Mit Silikon wurde eine Negativ-Form der Füßchen erstellt. Da es sich um eine Form mit geraden Außenflächen handelt, ist die Herstellung simpel. Siehe "Silikonform-Erstellung einer einfachen Form".
Ich möchte für meine kleinformatigen Gefäße nur die schmale Fußform nutzen. Mithilfe der Silikonform werden vier Füße mit schwarz gefärbtem Harz hergestellt.
Die Gießsseite der Füße wird mit 180-er Nassschleifpapier geglättet, so wird der scharfkantige Rand entfernt, der beim Trocknen entsteht. Es ist auch die Vorbereitung für die nachfolgenden Schritte der Oberflächenbearbeitung. Daher sollte die Fläche solange geschliffen werden, bis sie einheitlich eben ist.
Die Eingießseite in unbearbeitetem (links),
und grob geschliffenen Zustand (rechts).
Jetzt kommt mein Kunstgriff: Die Füße werden halbiert, so dass ich insgesamt 8 Füße zur Verfügung habe. Toll, nicht?
Mithilfe von Kreppband markiere ich die Trennstelle. Mit der Handsäge und einem groben Sägeblatt werden aus einem Fuß zwei Füße gemacht. Dabei achte ich auf einen Schnitt-Winkel, der für die spätere Nutzung als Stelze gut geeignet ist.
Der untere Fuß-Abschnitt ist für die kleine Schale, der obere Fuß-Abschnitt ist für das Kerzenglas.
Die kleine Schale ist glänzend. Damit die Füße optisch passen, wird die geschliffene, flache Seite der vier Fuß-Abschnitte mit schwarz gefärbtem Harz "überlackiert".
Härten lassen.
Die Stellfläche der Füße werden mit einem winzigen Schnipsel Doppelklebeband auf der Schalen-Unterseite fixiert, so dass sie nicht umfallen.
Wichtig ist, dass die Füße so positioniert werden, dass die schmalen Seitenflächen direkt mit der Außenkante der Schale abschließen.
Man könnte die Füße auch weiter innen auf der Bodenfläche befestigen, dann ist die Konstruktion statisch nicht mehr optimal gelagert und die Umkippgefahr größer.
Zum Gießen wird die Schale umgedreht und auf einem kleinen Schraubglas kippsicher aufgesetzt.
Damit nichts rutscht, wird ein Schnipsel Doppelklebeband auf den Boden der Schale befestigt und die Schale mit dem Schraubglas fixiert.
Wasserdichte Unterlage unterlegen. Harz wird gemischt und schwarz gefärbt. Wenige Tropfen auf dem Becherboden aufbringen und kontrollieren, ob das Harz bevorzugt in nur eine Richtung fließt.
Bei Bedarf dünne Pappen unter das Schraubglas schieben und damit die Schieflage ausgleichen.
Das flüssige Harz mit einem Holzstäbchen bis an die Außenkante des Bodenrand ziehen.
Härten lassen.
Umdrehen - Fertig. Die nach außen abgespreizten "Füße" erinnern an Spinnenbeine.
Ist das nicht die ideale Schmuckschale? Oder sollte man doch besser einen kleinen Kaktus einpflanzen?
Weiter gehts mit dem "Oberteil" der zerteilten Füße.
Damit die Füße einen passenden Winkel zum Anschluß an die Unterseite des Gefäßes haben, wird mir der Handsäge ein kleiner Keil abgesägt. Damit der Winkel bei allen Füßen gleich ausfällt, mache ich mit Kreppband eine Markierung.
Mit 180-er Schleifpapier wird die Sägestelle geglättet.
Die schmale Stelle des Fußes wird später auf dem Boden stehen.
Die unteren Kanten werden mit 180-er Schleifpapier leicht abgerundet und die Aufstellfläche geglättet.
Links: Fuß im Urzustand. Rechts: schon etwas eleganteres Füßchen.
Mit 600-er und 1.200-er Nassschleifpapier werden dann alle Außenflächen bearbeitet.
Die schon vorab grob geschliffene Eingießfläche wird damit weniger stumpf, die glänzenden Flächen werden damit mattiert. Man trifft sich sozusagen "in der Mitte".
Mit um einen Pinselstiel gewickeltes Schleifpapier kann man die schmalen Seitenflächen besonders gut erreichen.
Im Foto rechts sieht man Vorder- und Rückseite der mattierten Füße.
Zum Befestigen wird das Kerzenglas umgedreht und die Füße mit einem winzigen Schnipsel Doppelklebeband soweit auf der Unterseite fixiert, dass sie nicht umfallen.
Wichtig ist, dass die Füße so positioniert werden, dass die schmalen Seitenflächen direkt mit der Außenkante des Kerzenglases abschließen.
Wasserfeste Unterlage unterlegen. Es wird ein wenig Harz gemischt und schwarz gefärbt. Nur wenig Harz auf die Bodenfläche gegeben, damit es nicht überläuft. Kontrolliere für 15 Minuten, ob sich das Harz in eine Richtung bewegt und justiere das Kerzenglas bei Bedarf mit einer Unterlegpappe. (Am besten unter der Unterlage, damit im Falle eines Überlaufens nicht die Pappe am Glasrand festklebt.)
Härten lassen.
Umdrehen - Fertig!
Sieht die Duftkerze jetzt nicht extra knuffig aus?
Hier der internationale Vorher-Nachher-Vergleich, links fußlos und rechts mit schönen Füßen!
Wunderbar, oder? Man hat gleich doppelt Lust, alles in Beschlag zu nehmen und einer Funktion zuzuführen.
Ich hoffe, meine Füßchenparade hat Dir viel Freude gemacht und Dich vielleicht auch zu einem Bastelprojekt inspiriert.
Gut (und vor allem - schön) gefußt grüßt Dich
Edna Mo.