27. September 2015
Was waren das für Zeiten, die fünfziger Jahre. Für Frauen hatte die Ära der Stilettos, Spitzbusen-Büstenhaltern und Petticoats nicht nur modisch sondern auch rollenspezifisch wenig Freiheiten zu bieten, aber die Herren der Schöpfung durften sich wenigstens bequem anziehen. Ich schwöre, Cary Grant hätte sich in Röhrenjeans als breithüftig outen müssen. Dass er als schönes Mannsbild so erfolgreich war, hat er sicher auch der figurschmeichelnden Bundfalte zu verdanken.
Die Idee zu einer fotografischen Dokumentation des Humph-Styles (nach Humphrey Bogart, der in diesem Oversize-Look eine besonders gute Figur machte) kam mir, als ich neulich wieder mit dem ICE zwischen zwei Großstädten reiste. Unbewußt hatte ich mir mein liebstes, bequemes und repräsentatives Sommeroutfit angezogen - eine superweite cremefarbene Bundfaltenhose (mit Hochwasser-Aufschlag), dazu ein weißes, weites Herrenhemd.
(Dazu die farblich passende Kette aus handmodellierten Perlen aus ofenhärtender Modelliermasse. Das war der erste Versuch der Form, die später als "Saugnapf-Perle" in weiteren Ausführungen modelliert oder als Harz-Gießling ihren Platz in meinne Schmuckdesigns behauptet hat.)
Wäre ich unbekleidet gewesen, hätten meine Mitreisenden bestimmt nicht doller starren können.
Der Vorteil einer Bundfaltenhose liegt klar an der Bequemlichkeit und den übergroßen Taschen, in denen man seinen halben Hausstand transportieren oder ein kleines Kätzchen unbemerkt verstecken könnte. Wenn ich mir die taschenbuchgroßen Körperausstülpungen ankucke, die heutzutage durch das optisch ungünstige Aufeinandertreffen hautenger Hosen und übergroßer Smartphones entstehen, muss ich sagen, dass eine Bundfaltenhose einfach eine überlegene Konstruktion ist. Zudem auch ein handwerkliches Meisterstück aus leicht glänzendem Mischgewebe, doppelt genähtem Bund und stabilen Taschenbeuteln.
Und so sieht dieser Look 60 Jahre später aus. Zeitlos und immer noch unglaublich cool.
Anders als sonst habe ich für diese fotografische Dokumentation eine prekäre Lichtsituation gewählt, die sämtliche Falten (gut für die Hose, im Gesicht vielelicht nicht so) im Seitenlicht plastisch herausmodelliert. Dass sich hieraus gleichzeitig eine warme und monochrome Farbstimmung ergeben hat, war ein glücklicher Zufall.
Es tut mir sehr leid, falls ich eurer Empfinden von Reinlichkeit auf eine harte Probe stelle, aber man kann entweder das vorhandene Licht nutzen und fotografieren, oder man kann sich gähnend langweiliger Hausarbeit hingeben. Darf ich also zusätzlich vorstellen: meine heimischen Staubmäuse!
Hose (Mondi) und Hemd: Sozialkaufhaus. Gürtel: Flohmarkt.