26. Juni 2017
Schade: im Rahmen der Aktion "Bloggerheimat" der ü30-Blogger wirst Du keine touristisch verwertbaren Insider-Informationen über Düsseldorf aus meiner Feder lesen.
Natürlich würde mir dazu etwas einfallen. Aber ich nutze das Lifestyle-Angebot meiner Stadt zunehmend weniger. Da, wo es schön ist, ist es schlicht zu voll. Nur zu bestimmten Zeiten, zeitlich diametral entgegen der Ströme der restlichen menschlichen Büffelherde, kann man die schönen Ecken genießen. Und dann möchte ich genießen und keine Fotos machen.
Hier und heute erzähle ich stattdessen Edna Mo's Homestory.
Das ist neu. Sonst sieht man mich im Blog "bei der Arbeit", also meine Hände bei den DIY-Anleitungsstrecken oder wenn ich mir selbst für Schmuck Modell stehe. Es geht aber diesmal ausnahmsweise um Edna Mo, wenn sie gerade nicht arbeiten tut.
Die Unterschrift lautet honigsüß: "Home, sweet home". Direkt gefolgt von: "Die meisten Unfälle passieren im Haushalt". Wundere Dich also nicht über das sporadische Auftauchen von Verbandszeug.
Diese Mo'sche Nabelschau würze ich mit paperazzimäßig-wichtigen Insiderinformationen. Ich finde, über mich ist noch längst nicht alles genug gesagt worden. Stundenlang könnte ich über mich monologisieren und reiße mich in meinen handwerklichen Beiträgen schon immer zusammen, nicht immer nur aus dem Nähkästchen zu plaudern. Diese Zurückhaltung ist mir heute wurscht und ich erzähle einfach drauflos fast alles!
Furchtbar, dass zu sagen, weil es so gar nicht cool und weltoffen und kulturbegeistert und reiselustig klingt. Aber: Ich bin unheimlich gerne zu Hause. Erstes Geständnis. Ab und zu bekomme ich Lagerkoller und muss etwas anderes sehen. Und bin heilfroh, danach wieder nach Hause zu kommen, weil es da gemütlich ist und so-wie-ich-es-gerne-habe und mich an der kleinen Welt, die mein Mann und ich uns geschaffen haben, aus Herzenslust erfreuen kann.
Jetzt das zweite Geständnis: ich bin gebürtige Süddeutsche, den Menschenschlag, den man gemeinhin auch als Schwaben bezeichnet. Weil mir dieser Menschenschlag nicht so ganz genehm ist, habe ich mit 18 Jahren die erste Möglichkeit zur Flucht ergriffen und bin über verschlungene Pfade in Düsseldorf gelandet. Geblieben bin ich dort, weil dann der Märchenprinz auf seinem glänzenden Pony angeritten kam, ich in heftiger Liebe entflammte und mich wohlwollend in sein Reich verschleppen ließ. Und da bin ich nun, in Düsseldorf.
Und weil im Wohnzimmer nach Jahrzehnten eine neue Couch nötig war, wurde in den letzten Wochen umgeräumt und ausgemistet und verschenkt und weggeworfen. Wie eine Krake hat sich unser Verschönerungswahn auf alle Zimmer erstreckt. Und zwar erstmalig in dieser Form. Wir waren soooo verdammt fleißig!
Und das ist schon eine kleine "Home, sweet Home"-Fotostory wert, finde ich.
Wenn in einem Jahr Schlumpfigkeit und Staubmäuse wieder die Herrschaft über die Behausung an sich zu reißen drohen, gibt es wenigstens Beweise, wie schön es sein kann.
Geständnis drei: Aus Scham über die (bisherige) Rumpelbude habe ich Homestory-Fotoaktionen bisher immer ausgelassen!!!!
Geständnis Nummer vier: die Mo's sind leider keine Putzperlen. Die geben den Staubmäusen lieber lustige Namen (Piet, Fanny und Irmchen oder so) und denken sich zum Wachsen und Gedeihen derselben herzerwärmende Geschichten aus. Neulich habe ich aus einer weichen Staubmaus einen Hasen geknetet, mit Flauscheöhrchen. Verdammt! Wer erst mal per Du mit seinen Staubmäusen ist, tut sich mit dem Wegsaugen echt schwer.
Dieser Wandklumpen ist ein Kunstwerk und wurde seit seinem Einzug sicherlich das erste Mal gestaubwedelt.
Bei mir heißt das Ding "Mädchenseele". Es handelt sich um eine mittelalterliche Altarschnitzerei, um genau zu sein: eine hölzerne Wolke, auf der damals sicherlich ein geschniegelter, geschnitzter Engel stand, um eine Harfe hochzustemmen oder eine Verkündigung loszuwerden. Der Künstler Petr Heber hat das Ding entdeckt, geschwärzt und ein paar Nieten ins Holz gerammt. Jetzt hängt diese mirakulöse Bolle an meinem Bett und verströmt immer noch einen leichten Weihrauchduft.
Direkt gefolgt von Geständnis Nummer fünf: im Geschichten-Erfinden sind die Mo's unschlagbar. Leider werden wir aufgrund unserer völlig sinnfreien Eskapismus-Attacken von den uns umgebenden Mitmenschen oft milde belächelt. Unernstes hat einen hohen Stellwert in unserem Leben, höher als der Anschaffungspreis von Dieselbenzin oder Louis-Vuitton-Taschen oder den Überlegungen zur politischen Großwetterlage.
Wie könnte man den Alltag sonst auch aushalten?
Damit meine geneigte Leserschaft beim Anblick (derzeit noch) aufgeräumter Zimmer nicht in gähnende Langeweile versinkt, hüpfe ich ab und zu durchs Bild. Räume sind zum Wohnen da, und bei uns wird auf jeden Fall mächtig viel und leidenschaftlich gewohnt. Nichts finde ich so schlimm wie Räume, die ausschließlich für Zuschauer und Gäste hübsch gemacht werden und in die keine Unordnung einziehen darf. Man selber hat eine große Verantwortung, es sich so schön wie möglich zu machen, und Gäste sollen gefälligst dankbar sein, wenn sie überhaupt ins Allerheiligste eingeladen werden.
So sieht es also aus, wenn Frau Mo wohnt, Bitte sehr:
Geständnis Nummer sechs: Ich liege gerne. Bevorzugt flach auf dem Rücken oder auf dem Bauch. Sitzen ist mir ein Greuel. Wenn es um Entspannung geht, liege ich also, und das bevorzugt neben Mister Mo, da halten wir Händchen wie Teenager. Auf diesen L-förmigen, modernen Polstermöbeln geht das nicht. Abgesehen davon, dass diese Art von Monstermöbel nicht in das zwergenhafte Wohnzimmer passt. Daher haben wir uns für eine futuristische, motorbetriebene Liege entschieden.
Wie ein Relax-Sessel für alte Leute, nur eben für nebeneinander und ein bißchen hübscher. Das mit dem Kuscheln geht darauf wunderbar. Zu Blöd, dass wir uns dazu nicht schon eher durchringen konnten. (Ich erwähne das Wundermöbel nur deshalb so ausgiebig, weil es uns zu absoluten Höchstleistungen angespornt hat.)
Geständnis Nummer sieben: wenn sie nicht liegt, ist Edna Mo gerne und meistens in Bewegung.
Bewegungsunschärfe ist also ein weiteres Indiz für diese private Fotostrecke. Nach der traumschönen Verkünstelung mit den zwei unterschiedlichen Lichtquellen im Studio habe ich mich einfach hemmungslos aufs Tageslicht und einen lustigen, falschfarbigen Filter an meiner Zweitkamera eingelassen. Ich mag diese Zufallsfotos, die bei bewußter Bewegunsgunschärfe entstehen, sehr gerne. Das entspricht meinem Naturell, so sehe ich mich am Liebsten. Für produktorientierte Darstellungen ist diese Technik völlig ungeeigent, höchstens mal ein schmunzelige Ergänzung.
Und so wird diese Blogger-Aktion intensiv genutzt, um spaßige Fotos zu machen, wo es nicht auf optimale Erkennbarkeit ankommt.Die Räume bewegen sich nicht. Dafür bin ich in Action, und mache, was man halt so macht. Herumwuseln oder Liegen.
Und jetzt kommt der Schlenker zu den Unfällen im Haushalt. Selbstverstümmelung durch Kaktus wegen Bewegungsunschärfe beim Selfie-Shooting. Wenn es nicht so tragisch wäre, könnte man herzhaft darüber lachen.
Leserinnen und Lesern egal welcher Altersstufe ist dringend davon abzuraten, die gezeigte Fotosituation nachzustellen. Kakteen sind böse. Gewalttätig und hinterlistig. Sie stürzen sich einfach aggressiv und angriffslustig aus ihrem Topf, eine zerstörerische Lawine aus Stacheln und Nadeln, die alles Leben mit in den Abgrund reißt.
Einigen sehr bösartigen Kakteen hat Mister Mo ein Plätzchen in unserem Wohnzimmer eingeräumt. Die wuchern wie Unkraut, und sie zu beschneiden erfordert einen Ganzkörperschutz aus Lammfelljacke und Lederhandschuhen. Wie ich so übermütig sein konnte, mit einem zwar noch jugendlich kleinen, aber schief gewachsenen Kaktus Rumba zu tanzen, frage ich mich heute noch.
Nach zwei Tagen mit Verband habe ich es nicht mehr ausgehalten und habe mir einen Dorn in der Notaufnahme aus dem Daumen operieren lassen. Der russische Assistenzarzt hat eine ganze Zeitlang herumgeporkelt, ehe er den Stachel zu packen bekam. "Ist ganz schön tief", war sein Kommentar, und hinterher bescheinigte er mir schriftlich "der Fremdkörper wurde voll weggemacht".
Ergebnis: eine Woche konnte ich keine schwerwiegende kraft- oder detailorientierte Tätigkeit mit der linken Hans ausüben. Schön blöd. Für die kreative Auslastung habe ich mich also aufs Fotografieren beschränkt.
Wunderbar, so ein Leben ohne Fremdkörper!
Also Obacht und immer schön Abstand zu Kakteen halten! Die wollen nur ungestört sein und ihr Kaktusding machen und werden extrem unbequem, wenn man sich Ihnen auch nur nähert.
Besagter Attentäter wurde von Mister Mo umgehend wieder eingetopft (der Gutste!), daher taucht Mister Kaktus wiederholt an anderer Stelle auf.
Unser Wohnumfeld ist ordentlich umfangreich.
Wir unterscheiden im Mo'schen Jargon folgende Ortsbezeichnungen:
oben = die Wohnung
draußen = der Balkon
unten = das Atelier
hinten = der Garten
drüben = die Galerie
Da die Galerie ein Baby von Mister Mo ist, bleibt es bei der kurzen Erwähnung.
Sie ist allerdings der Grund dafür, dass es in der Mo'schen Behausung vor Malerei und Skulpturen nur so wimmelt.
Bei Interesse an einer Ausstellungsmöglichkeit in Düsseldorf wird die Lektüre der Webseite Galerie Artroom dringend empfohlen.
Geständnis Nummer acht: so etepetete wie die Wohnung aussieht - im Garten erwartet Dich das Gegenteil. Kitsch as Kitsch can. Normalerweise fotografiere ich da drum herum. Ist schon was peinlich. Aber heute nicht. Sei stark, liebe Leserschaft, aber da musst Du durch!
Mein Schwiegervater hat nach der Aufgabe seines Schrebergartens einen Unterschlupf für viele liebgewonnene Utensilien gesucht. Daher gibt es eine gruselig-spießige Windmühle (von mir wenigstens in freundlichen Farben upgecycelt) und passende Gartenzwerge (Herr Wichtig und Herr Wichtel). Damit sie nicht so auffallen, lassen wir das Gras um sie herum extra hoch wachsen.
Neulich ist auch noch ein weiß-violettes Plüsch-Einhorn (!) in den Garten eingezogen. Man kann es eigentlich nicht im Gestrüpp links von mir erkennen. Unsere (älteren) Nachbarn haben sich beim Sperrmüll seiner erbarmt und bei uns einquartiert. Sie freuen sich wie bolle, dass es wiehert und hufklappert, wenn man am Ohr zieht. Wenn die Sonne scheint und wir auf dem Balkon sind, hört man es aus dem Garten abwechselnd wiehern, hufklappern und kichern. Wer will da Spielverderber sein?
Erst hatte ich die Idee, das Plüschfell als Nährboden für Kresse zu nutzen. Bevor ich da aber tätig werden konnte, hat die Natur ihr Wunderding getan und das Einhorn so überwuchert, dass es glücklicherweise nicht mehr auffällt.
Ich fand es sehr schön, mein Wohnumfeld fotografisch neu zu entdecken und viele hübsche Ecken und Hintergründe aufzustöbern. Das macht große Lust, den einen oder anderen Winkel weiter fotografisch auszunutzen. Ganz unglaublich, was man nicht sieht, wenn man es direkt vor der Nase hat.
Ohne Werbeblock in eigener Sache kommst Du mir nicht davon. Hier der Überblick über die handgefertigten Schmuckstücke aus Kunstharz und Modelliermasse, die diesen Beitrag auch modisch zu einem Augenschmaus gemacht haben:
Schau einmal bei den anderen ü30-Blogerinnen vorbei, was sie spannendes über ihre Heimat zu berichten wissen!
Gepiekste und genesende Grüße sendet Dir
Edna Mo