25. Juni 2019
Werbung wegen diverser unbezahlter Hersteller- und Produktnennungen.
Draußen wütet Hoch Ulla mit sengender Hitze. Der Körper ist von Dauerschweiß überzogen, das Atmen fällt schwer, das Gehirn stellt schrittweise die synaptische Verkettung ein. Also Schotten dicht machen, die Verdunkelung hochziehen und sich erst wieder nach draußen trauen, wenn das Schlimmste vorbei ist. Dank Klimawandel verwandeln wir uns alle in Nightwalker, irgendwann werden wir nur noch nachts arbeiten und tagsüber schlafen, weil es andersrum gar nicht mehr geht. Was haben wir früher schadenfroh gekichert, wenn Graf Dracula bei der Berührung mit einem Sonnenstrahl zu Staub zerfiel. Zu blöd, dass wir erst jezt begreifen, dass dies nicht nur zwingend eine schriftstellerische Fantasie, sondern auch eine unbewusste Vorahnung unserer Zukunft war.
Nach diesem dystopischen Einstieg richte ich mein Augenmerk wieder auf mein Lieblingsthema: was man alles schnuckeliges mit Kunstharz herstellen kann. Das geht nämlich bei warmen Temperaturen besonders schnell. Heute geht es um eine Idee, wie sich dekorative Aufsteller oder Präsentatoren basteln lassen. Ich habe für meinen Auftritt bei der diesjährigen Gerresheimer Kunstmeile drei verschiedene Schmuckh-Aufsteller getüftelt, die auf der Kombination von einem bestehend Objekt mit einer Kunstharz-Scheibe bestehen. Weil alles auf den letzten Drücker entstanden ist, gibt es leider keine Schritt-für-Schritt-Anleitung, dafür ein How-to plus-Nachher-Bild sowie eine ausführlicher Erklärung.
Was hier aussieht wie eine hygge Tortenplatte, ist nichts anderes als ein Kerzenständer aus Holz und eine Vase, die in eine blickdichte Kunstharz-Scheibe eingegossen wurden. Rein handwerklich ist das kinderleicht. Außerdem kann man ausgemusterten Deko-Objekten damit eine zweite Chance verpassen, Upcycling in Sachen Deko-Zweitverwertung also.
Natürlich könnte man den Kerzenhalter auch mit der Heißklebepistole auf eine verschmähte Mireille-Mathieu-Schallplatte oder einen Porzellanteller kleben und hätte einen durchaus ähnlichen Effekt. Der Vorteil beim Kunstharz ist halt, dass man das Harz einfärben und daher das Endergebnis optisch stärker beeinflussen kann.
Du brauchst dafür:
- scheibenförmige Silikonform*
- irgendein aufrechtes stehendes, weißes Ding wie Kerzenhalter oder Vase
- Epoxi-Kunstharz**
- weiße Acrylfarbe
* Ich habe eine Silikonform mit 22 cm aus meiner eigenen Herstellung genommen.
Alternativ eine Backform nehmen, diese sind zwischenzeitlich in verschiedenen Durchmessern beispielsweise bei Ebay unter dem Stichwort "Silikonform Tortenboden" erhältlich.
** Weil ich Zeitnot hatte, habe ich mit dem Epodex-Harz gearbeitet, das für geringe Schichtdicken ideal ist und über 24 Stunden verlässlich aushärtet. Mehr zu Harz-Eigenschaften im Harz-Lexikon.
Das nachfolgende Foto (hier eine nachträgliche Simulation, wie bei der Tamponwerbung) zeigt schon den eigentlichen Kniff:
- es wird eine dünne Grundschicht aus gefärbtem Kusntharz gegossen,
diese härtet nach Packungsangabe vollständig aus
- Vase auf Boden oder Hals (was besser aussieht) mittig platzieren
- zweite Schicht identisch gefärbtes Kunstharz gießen, so dass die Vase ein paar Millimeter im flüssigen Harz steht
- Flossen weglassen und nach Packungsangabe vollständig aushärten lassen (Scheibe verzieht sich sonst)
- Nach dem Auslösen scharfen Schrumpfrand mit dem Cutter oder einer Metallfeile glätten.
- Skulpturenständer aus Eisen (über Boesner erhältlich)
- Silikonform* Zylinder, Kubus oder ähnliches, im Durchmesser größer als der Stab des Ständers
- Epoxi-Kunstharz**
- schwarze Acrylfarbe
- Alurohr mit 8 mm Durchmesser (Meterware vom Baumarkt, handgesägt)
- Dremel mit Fräsaufsätzen
* Ich habe hier eine Silikonform von einem Reagenzglas aus eigener Herstellung gewählt. Die Form ist dabei nebensächlich, das Format ist eher entscheidend.
** Weil die Schichtdicke hier mit 5,5 cm zu hoch für das Epodex-Harz ist und ich Zeitnot hatte, habe ich das SKResin 3221 gewählt.
Dieses schöne Stück ist handwerklich schon etwas anspruchsvoller. Nicht wegen Kunstharz, sondern wegen den fetten Bohrlöchern, die man in den Gießling setzen muss. Denn im Grunde ist der Gießharz-Teil nur das kleine trickreiche Ding, um den Skulpturenständer mit dem quer liegenden Alurohr zu verbinden. Daher kann die Form irgendwas längliches mit geeigenten Durchmesser sein.
- Verbindungsteil aus mit schwarzer Acrylfarbe eingefärbten Kunstharz gießen, aushärten lassen
- Eingießöffnung plan schleifen
- Bohrloch in die Eingießöffnung setzen. Erst mit einem kleinen Bohrer anfangen, dann immer größere Bohrspitzen wählen, bis der Durchmesser des Eisenstabes erreicht ist. Tendenziell darf der Gießling nicht locker sitzen, daher nach jedem Bohrspitzenwechsel kontrollieren, ob man das Teil "aufquetschen" kann.
- In das obere Ende des Gießlings eine Querbohrung setzen, erst mit Bohrspitzen dann mit Fräsaufsätzen, bis der Durchmesser des Alurohrs erreicht ist. Auch hier gilt: soll besser nicht zu locker sitzen.
Ich habe die Einzelteile nicht zusammen geklebt, so lässt sich alles immer wieder auseinander bauen und easy transportieren oder auch für andere Zwecke nutzen.
Du brauchst dafür:
- Dreibein (gebraucht über Ebay beim Bundeswehr- oder Campingbedarf erhältlich. Noch hübscher wäre es gewesen, das rostige Ding vorab mit Spühlack in einem metallischen Silber oder Kupfer zu behandeln. Aber hinterher weiß man es immer besser...na ja!)
- Silikonform kleine Scheibe*
- transparentes Epoxi-Kunstharz**
* Die für den Präsentator genutzte Silikonform stammt aus meiner eigenen Herstellung. Alternativ Back-Silikonformen verwenden. Ich habe bei Aldi neulich auf der Aktionsfläche zugeschlagen, da gab es Silikonformen für Hambuger-Buns für etwa 5 Euro in verschiedenen Durchmessern. Diese wurde fürs To-Do-Simulationsfoto genutzt.
** Aus nicht näher zu erläuternden, logistischen Gründen wurde hier jeder Teller aus einem anderen Kunstharz gegossen. Unschwer am Gelbstich bzu erkennen ist das Epodex-Harz in der vordersten Scheibe. Das Crystal Diamond ist beim Teller rechts und das EP72 beim Teller links verwendet worden (daran erkennbar, dass der Teller links nicht in Ruhe aushärten konnte und etwas schief geraten ist).
Bei dieser Umsetzung wird ein Teller nach dem anderen gegossen, daher braucht dieses futuristische Teil am Längsten in der Umsetzung. Aber die Optik mit den drei scheinbar schwebenden Scheiben ist dafür auch hübsch ungewöhnlich.
- ein Bein des Drebeins in die Silikonfom stellen. Nicht mittig, sondern näher zum Rand hin
- mit transparentem Harz aufgießen, bis Schichtdicke 1,5 cm erreicht ist
- Flossen weg und aushärten lassen
- Teller auslösen, schrafkantigen Schrumpfrand mit dem Cutter oder einer Metallfeile glätten.
- nächstes Dreibein-Bein posotionieren. Darauf achten, dass die Teller punktsymmetrisch auf den Mittelpunkt ausgerichtet und das Bein jeweils ähnlich platziert wird.
- Arbeitschritte noch zweimal wiederholen
Das wars auch schon wieder aus Frau Mo's munterer Kunstharz-Manufaktur. Ich freue mich, wenn Dir die beschriebenen Ideen gefallen oder Dich gar zu eigenen kreativen Leistungen inspiriert haben.
Komm mir gut durch die heißen Tage und auf bald
Grüßt Edna Mo
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