6. Oktober 2020
Seit im April mein Atelier um- und ausgeräumt und tonnenweise Plastikmüll enstorgt wurde, bin ich massiv mit Karton, Paketband und der Heißklebepistole zugange. Damit werden neuerdings alle meine Gießkästen für Silikonformen zusammengeleimt, und die Plastikverpackungen haben ausgedient. Die "hot gun" ist mein neuer bester Freund!
Seitdem klepistoliere ich, was das Zeug hält. Da bleibt es nicht aus, dass im Zuge des Herumprobierens neue Ansätze für das Kunstharz-Gießen entstehen. Bei meiner neusten Entdeckung lassen sich mit nur einem Basteldurchgang sogar zwei Paar Ohrringe produzieren: der Heißleim dient nicht nur als Formgeber fürs Epoxidharz, die Heißleim-Rückstände (eigentlich ein Fall für den Mülleimer) werden ebenfalls zu Schmuck verwertet.
Die Klebepistolen-Technik ist kinderleicht, geht superschnell und erzeugt dünne und federleichte Schmucksteine aus Kunstharz, die ohne Nachbearbeitung auskommen. Den Heißleim-Ohrschmuck gibt es als Zugabe oben drauf. Also: ein echter Knüller!
Aber sieh selbst!
Um hauchdünne Harz-Schmusckteine herzustellen, benötigst Du tatsächlich nur:
* Das Material wurde mir von den Herstellern bedingungslos zur Verfügung gestellt
Locker aus dem Handgelenk und ohne viel Überlegung werden ein paar verschieden große Kringel mit dem Filzer auf die Overheadfolie gezeichnet.
Damit Vorderseite und Rückseite der Folie erkennbar sind, mache ich mit dem Filzer eine Markierung auf die Folie.
Wozu das gut ist?
Weil: Kunstharz löst den Folienmarker an, und der Farbstoff vom Folienstift verfärbt dann das Kunstharz.
Klar soweit?
Folie umdrehen und die Kringel ohne große Verrenkungen in Sachen Genauigkeit mit der Klebepistole nachziehen. Die Cléo Gun ist eine kleine Klebepistole, daher werden die Nähte etwas dünner als bei einer Standard-Klebepistole. Es gibt herstellerseitig nur farbige Munition für diese Pistole, was weiter unten noch eine Rolle spielen wird.
Wenn die Schmucksteine etwas dicker ausfallen sollen, baue die Heißleim-Naht doppelt auf.
Wenn der Leim nach etwa 10 Minuten abgekühlt ist, können die Formen direkt mit Harz gefüllt werden.
Epoxidharz mischen, färben, abwechselnd in die Kringel träufeln und aushärten lassen. So sieht das aus.
Wie soll das gehen, fragst Du Dich?
Aber das funktioniert tatsächlich.
->Die Klebeverbindung ist dicht, so dass das Kunstharz nicht ausläuft
-> durch die hochglänzende Folie werden die so erzeugten Schmucksteine auf der Rückseite hochglänzend
-> die Vorderseite wird durch die Eigenschaften des Epoxidharzes sowieso hochglänzend
Nach 48 Stunden ist das Harz ausgehärtet. Durch Biegen der Folie lassen sich die Kunstharz-Steine supereinfach aus dem Klebekringel rausholen. Ulkigerweise haftet der Heißklebe-Kringel nicht am Kunstharz, wahrscheinlich wegen der unterschiedlichen Flexibilität der Materialien und der glatten Heißleim-Oberfläche.
An der Folie haftet der Heißleim hingegen ziemlich gut.
Ergebnis: hübsch gemusterte, ulkig geformte, sehr flache und dünne Kunstharz-Schmucksteine, ideal für großformatigen Ohrschmuck!
Aber es kommt noch besser.
Erstens lassen sich diese Klebekringel-auf-der-Folie noch ein zweites Mal mit Harz füllen. Sogar noch öfter, wenn die Folie beim Auslösen nicht zu sehr geknickt wird und das Harz vollständig aushärten darf.
Zweitens lassen sich aus den Klebekringeln auch supertolle Ohrringe machen, denn sie sind extrem leicht und biegsam.
Man muss zuppeln, oder einen Spachtel verwenden, aber man bekommt die Kringel unzerstört von der Overheadfolie abgelöst.
Anordnung suchen: da die Elemente dünn sind, lassen sie sich mit der Schere in Form bringen, wenn es von den Proportionen der Einzeteile zueinander nicht passen sollte. Das nenne ich mal einfach.
Und dann: Bohrlöcher setzen, mit Ösen verbinden, Befestigungs-Pin anleimen, und fertig ist ein paar Ohrringe.
Der Entwurf geht schon in eine richtige Richtung. Ich mag es ja sehr, wenn die Ohrringe nicht identisch sind, sondern nur ähnlich gleich, und das passiert bei deisem Verfahren ganz automatisch.
Es gibt eine Art großformatiger Ohrschmuck, der aus farbigen Lederstücken zusammengesetzt wird. Wegen des leichten Materials kann man diese Ohrringe unbegrenzt komplex aufbauen. Mein erster Entwurf lässt erahnen, dass mithilfe der Klebepistolen-Technik zukünftig solche Entwürfe auch mit Kunstharz möglich sind. Yassss!
Ich bin fasziniert von jeder Art von Kringeln. Daher musste ich unbedingt mit den Heißleim-Rückständen auch etwas schmuckhaftes ausprobieren. Diese Gehänge werden sogar noch exotischer als die Kunstharz-Ohrringe: ich trage diese Exemplare oft und bekomme vieeeeellle Komplimente!
Man sucht zuerst eine geeignete Anordnung der Kringel.
Da die Kringel nicht gleich sind, fallen die Ohrringe unterschiedlich aus.
Am obersten Punkt mit einem feinen Bohrer ein Loch in den Klebekringel setzen.
Ich habe getüftelt und eine Art "Kaskaden-Anordnung" gefunden, die sich für das Befestigen der Kringel gut eignet, siehe Foto. Die Kringel werden mit einer Zusatzöse nach unten versetzt besfestigt, so fallen sie locker und schwingen schön.
Um alle Kringel an einem Punkt übereinander zu befestigen, eignet sich die Materialstärke leider nicht.
Ja, mich hat dann der Schwung etwas mitgerissen, und es entstanden noch verschiedene Kringelvarianten mit unterschiedlich farbiger Klebemunition. Selbst die farblose Standard-Munition (die dickere Nähte erzeugt, siehe Modell oben) ist für dezentere Ohrringe super geeignet.
Bis zu vier dünne Leim-Kringel lassen sich an einem Ohrring verbinden.
Statt nur an Haken lassen sich die Kringel auch mit Kunstharz-Schmucksteinen zu witzigen Mixed-Media-Exponaten zusammenfügen.
Klebepistole und Kunstharz: ein Perfect Match. Man ist völlig unabhängig von Silikonformen, die Heißleim-Formen sind in 10 Minuten einsatzbereit, und es entfällt sämtlicher Aufwand an Schleifen und Polieren.
Mir rattert jetzt schon das Hirn, wie sich das Konzept ausbauen lässt ... du darfst also gespannt sein, wie sich diese Idee in den nächsten Wochen weiterentwickelt.
Ich freue mich, wenn dir die kreative Bastelstunde Spaß gemacht und dich vielleicht sogar zu eigenen Kreationen inspiriert hat. Ich lade erst mal eine frische Portion Leimstange in meine heiße Knarre.
Frisch gekringelte Grüße sendet Dir
Edna Mo
PS: der Beitrag wird verlinkt bei HOT (Handmade on Tuesday) und bei der Handmadekultur.