14. Mai 2015
Mein Besuch auf dem Designerkram in Neuss letzten Sonntag war eine schräge Erfahrung. Ich fasse meine höchst persönlichen Eindrücke wie folgt zusammen:
- tolle Location mit supernetten Ausstellern und einer Bombenatmosphäre
- viele Artikel die derzeit überall zu haben und "en vogue" sind, aber auch einige ganz außergewöhnliche Dinge
- Gute Vibes durch prima Mucke
- jede Menge junger Männer mit prachtvollen, langen und schönen Bärten, roar
(ja, ich bin ein Bartfan, seitdem mein Mann Pelz im Gesicht hat sprießen lassen. Ich schäme mich auch nicht zu gestehen, dass ich über anderer Männer Gesichtsbewuchs gerne einen genussvollen Blick schweifen lasse. Wenn ich im nächsten Leben als Mann geboren werde, lasse ich mir einen mörderischen Bart wachsen, ich schwöre es euch!)
- hippe Besucher zwischen jung und mitteljung, die zum Teil mit herausragenden Stylings meine Perspektive als Aussteller zum optischen Genuss machten. Zumindest die schnuckelige junge Dame mit dem Ferkeltattoo und den Katzenshirt konnte ich bildlich einfangen.
Aber selten sind mir so übersättigte, lustlose und uninteressierte Besucher auf einer eintrittspflichtigen Veranstaltung begegnet, wie auf diesem Designerkram. Die hippen Bart- und Tattooträger glitten wie apathische Zombies durch die Gänge und haben mit leeren Augenhöhlen die Auslagen gestreift. Ein Großteil der Besucher wirkte, als wären sie rein zufällig durch ein Wurmloch in diese Halle geraten. "Huch, was soll ich hier...hab ich schon, kenn ich schon..." waren die Gedanken, die man an den Gesichtern und Blicken ablesen konnte. Von der anderen Seite der Auslage aus betrachtet.
Dies bestärkt mich in dem Gedanken, dass die mit Liebe hergestellten Dinge vielleicht doch vom Aussterben bedroht sind. "Der Markt bietet hochwertigen, anspruchsvollen Design Kreationen im individuellem Stil eine Plattform" so der Veranstalter. Aber am Ende haben viele Aussteller weniger hochwertige Einzelstücke als mehr in großer Stückzahl schnell zusammengefügte Industrieware angeboten. Innovative Handarbeit war, so kam es mir vor, nur wenig vertreten.
So wird wohl aus einem kleinen Designermarkt ein schicker Flohmarkt, der ebensolches Publikum anzieht. Erst die Mampfbuden abarbeiten und weil man schon mal da ist, geht man nach einem Schnapperl kucken. Aus der Perspektive kann ich die großen Modeketten fast verstehen, die in der schieren Masse der Konkurrenten dann lieber ihre T-Shirts in Kambodscha von Kleinkindern in Kellerlöchern bei Kerzenlicht von Hand nähen lassen, um den Fummel noch unter 5 Euro anbieten zu können. Und wenns das nicht mehr tut - wegschmeißen, neues kaufen. Wie auf dem Designerkram erlebbar, wird diese Wegwerf-Mentalität wohl auch zunehmend auf "Unikate" übertragen.
Ihr da draußen: wenn ihr ein Konzert besucht, eine Ausstellung oder ein Theaterstück, oder auch Clowns im Zirkus oder Enten am See: geniesst es und lasst euch darauf ein. Schließlich ist diese Form der Unterhaltung eigens dafür da, zu unterhalten und die Betrachter aus den Klauen des Alltags zu reißen, aus dem Trott und dem Einerlei. Man vertut sich nichts, dieses Geschenk einfach anzunehmen. Ist gar nicht so schwer: zollt dieser und jeder anderen Form der Unterhaltung doch ein wenig Aufmerksamkeit und ein kleines Lächeln.
Einen schönen Feiertag euch allen und meine besten Wünsche an die Väter dieser Welt.