18. Juli 2015
Manchmal lebe ich lustvoll die Rolle eines infantilen Erwachsenen. Dann besorge ich wie hypnotisiert ein quietschgelbes Hemd, um es mit einer blauen Latzhose in die Kinovorstellung von den "Minions" anzuziehen (dabei steht mir gelb nicht besonders). Einfach mal aus der Rolle fallen und nach Herzenslust lachen. Und wundere mich dann erstens, daß ich den Altersdurchschnitt aller Anwesenden verruiniere und zweitens, dass bei den ersten Klängen der minionschen Interpretation des Songs "Hair" aus dem gleichnamigen Musical außer mir vor Brüllen keiner aus dem Sitz springt.
"Eskapismus, auch Realitätsflucht, Wirklichkeitsflucht oder Weltflucht, bezeichnet die Flucht aus oder vor der realen Welt und das Meiden derselben mit ihren Anforderungen zugunsten einer Scheinwirklichkeit, d. h. imaginären oder möglichen besseren Wirklichkeit." heißt es bei Wikipedia. Und das ist nicht wohlmeinend gemeint.
Ein bißchen wohldosierter Eskapismus hat bisher noch keinem geschadet, denke ich. Dank der virtuellen Fessel des Smartphones ist Eskapismus zwischenzeitlich auch keine musische Verschrobenheit sensibler Künstlernaturen mehr, sondern wird eigentlich schon fast lustvoll übertrieben öffentlich und pausenlos von jedermensch gepflegt.
Was ich eigentlich sagen will: Erstens, ein bißchen Scheinwelt ist aus meiner Sicht gut für die Psyche, das normale Leben ist nun mal nicht immer zum Lachen. Wenn man zu jeder Zeit weiß, wo man sich gerade befindet, ist das Eskapieren völlig unkritisch, so meine Einschätzung. Und zweitens: warum gibt es nicht mehr Minions-Merchandising für Erwachsene??? Damals hatte schon George Lucas kapiert, dass man T-Shirt mit Start-Wars-Motiven auch in Erwachsenen-Größen anbieten sollte. Mit Minions Butterkeksen kann man mich nicht so Recht aus der Reserve locken. Und ich würde sogar überlegen, eine Minion-Kitchenaid zu kaufen, oder ein Minion-Flauschekissen oder einen Minion-Fahrradsattel aus Leder, wenn es denn sowas gäbe. Was im Umkehrschluss heißt: selbst für die Augenblicke der persönlichen Realitätsflucht muss man sich selbst organisieren. Da hilft es nur, sich eine schurkische Banana ins Müsli zu schnibbeln, kurz zu schmunzeln und dann dem Tagewerk wieder fest ins Auge zu blicken!
Hier schön im Bild: eine Upcycling-Latzhose, bestehend aus einer Latzshort plus zusätzlichen weiten Hosenbeinen einer anderen Jeans.