19. August 2017
Hallöchen, heute wird es wieder richtig handwerklich hier.
Seit dem ersten Erfahrungsbericht zu Knetsilikon ist viel Zeit ins Land gegangen. In der ich viel mit diesem Material gearbeitet und neue Erfahrungen gesammelt habe, von denen ich hier ausführlich berichte.
Schwerpunkt des heutigen Beitrags ist der Silikon-Formenbau. Diese Arbeitsrichtung kommt ursprünglich aus dem Modellbau und beschreibt "wie man eine Gießform baut".
Eine Gießform benützt man im handwerklichen Bereich beim Einsatz flüssiger Gußmassen wie Gießharz, Gießholz, Gips, keramische Gußmassen, Beton oder Seife.
Silikon als Abformmasse hat viele Vorteile, daher wird es als Material schwerpunktmäßig für den Formenbau eingesetzt:
Ich steige direkt ein in die allgemeinen und produktspezifischen Eigenschaften des Materials:
Knetsilikon ist eine zwei Komponenten-Masse, die - einmal zusammengefügt - geschmeidig ist, sich durch Kneten und Modellieren in Form bringen lässt und dann an der Luft aushärtet.
Anders als Fließsilikon benötigt Knetsilikon keine zusätzliche Verschalung (Kiste zur Stabilisierung der Außenwände).
Pro Knetsilikon
- kinderleichte Handhabung
- schnelle Abformung, zwischen 10 und 20 Min
- Silikonform kann sofort benutzt werden
Contra Knetsilikon
- keine Oberflächengenauigkeit
- Shore-Härte 45 - 50 (zwar flexibel, aber nicht weich und elastisch),
daher nur für einfach Ausgangsformen ohne Hinterschneidung geeignet
- geringe Lebensdauer
Um die Eigenschaft besser zu verdeutlichen, stelle ich zwei Produkte gegenüber, mit denen ich gearbeitet habe.
Das ist einmal das Knetsilikon der Firma Silicones and More und das PataMould von Cléopatre.
Das PataMould wurde mir bedingungslos zur Verfügung gestellt, das Silicones and More Produkt habe ich selbst gekauft.
Das Knetsilikon von Silicones and More ist eine zähe Masse, die durch Zugabe einer roten Paste aushärtet.
Leider kann ich dem Produkt nicht viel abgewinnen, weil es für mich nicht anwenderfeundlich genug ist.
- die Masse ist sehr zäh, eher wie Kitt als Knet
- Schwieriges Abmessen der benötigten Mengen im Verhältnis 100 : 2 - 5
- Vermischen mit Handschuhen, das Einkneten der glibschigen roten Paste in die zähe Masse ist eine ziemliche Schweinerei
- nicht selbtstrennend mit Kunstharz
Mein erster Versuch mit diesem Silikon schlug fehl, weil ich zu wenig rote Paste genommen hatte und die graue Pampe einfach nicht fest werden wollte.
Es lässt sich nicht präzise bewerkstelligen, von Knetmasse und Paste kleine Mengen im richtigen Verhältnis abzuwiegen. Erst ab 100 g Knetmasse klappt es zuverlässig.
Mein zweiter Versuch mit dem Silikon (Hurra, es wurde fest!) ergab tatsächlich Silikonformen selbst modellierter Fimo-Ringe.
Nach dem ersten Harz-Abguß war klar, dass nichts so war wie es sein sollte: der Harz-Ring saß einbetoniert in der Form: Harz und Silikon hatten sich verbunden.
Ein Fall für die Mülltonne. Die Form wurde neu modelliert und bekam vor dem Guß mit Harz ein Trennmittel aufgepinselt. Dann klappte das Auslösen wunderbar.
Alternativ habe ich das PataMould von Cleopatre im Fundus, welches in einigen Punkten besser abschneidet.
Das PataMould ist leicht zu verarbeiten. Es ist weicher als das graue Knetsilikon, lässt sich mit Augenmaß im Verhältnis 1 : 1 abmessen und härtet zuverlässig aus.
Leider kann das Silikon keinen Hochglanz abbilden. Bei meinem ersten Produkttest ist mir das zwar geglückt, mit Druck beim Aufpressen der Masse. Leider lässt sich das nicht zuverlässig reproduzieren - fast nie, wenn ich ehrlich bin.
Kunstharz-Objekte lassen sich unkompliziert auslösen, kein Trennmittel erforderlich.
Das Material ist ölig und hinterlässt bis zur Aushärtung einen Fettfilm.
Alles in allem ist das Patamould besser geeignet für Bastelfans wie ich, die gerne "schnell was abformen" wollen und das zuverlässig.
Die Oberflächen(un)genauigkeit ist jedoch so ein Punkt, der mir nicht so gut gefällt.
Durch die Weichheit des Materials modelliert man sich unweigerliche kleine Materialfalten und Luftblasen in die Oberfläche, dadurch werden Strukturen und Flächen nicht genau abgebildet.
Hochglanz lässt sich eher nicht abbilden. Dafür wäre dann doch eine zusätzliche Verschalung nötig. Und wenn man sowieso eine Gießkiste baut, kann man auch direkt Fließesilikon nehmen und bekommt dadurch originalgetreue Oberflächen ohne Abstriche.
Beim "Aufmodellieren" ohne Verschalung mit Patamould darf man nicht mit großem Druck arbeiten, sonst werden die Wandstärken zu dünn. Insofern kann man das Material nur zart auf die Vorlage "aufschieben", das ergibt dann aufgrund des verminderten Oberflächenkontakts die matte Oberfläche.
Knetsilikon ist aufgrund der Shore-Härte 40 - 45 nur bedingt flexibel, die Abformung einfacher Kegelvorlagen gelingt wunderbar. Diese Formen sind langlebig und oft einsetzbar.
Bei Vorlagen mit Hinterschneidungen gelingen Formen auch. Jedoch wird nach zwei bis drei Abgüssen das Material spröde und reißt beim Ausformen mehr und mehr am Rand ein. Die Form zerbröselt im Laufe der Zeit.
Wenn die Wandstärke dicker gewählt wurde, kann es sein, dass man den Gießling nicht mehr auslösen kann, weil sich das Material nicht mehr aufspreizen lässt.
Grundsätzlich kann Knetsilikon in Sachen Genauigkeit bei der Abbildung der Oberfläche dem Fließsilikon nicht das Wasser reichen.
Wer auf eine feine und detaillierte Oberflächenwiedergabe Wert legt, muss leider auf Fließsilikon und das damit etwas umständliche und langwierigere Handling mit Gießkisten ausweichen.
Wer matte und puckelige Oberflächen verschmerzen kann, und lieber schnell arbeiten möchte, ist mit Knetsilikon gut bedient.
Es gibt jedoch auch bestimmte Vorlagen, die mit Fließsilikon nicht so gut abzuformen sind.
Mehr dazu folgt im zweiten Teil.
Knetsilikon ist beispielsweise für bestimmte Zwischenschritte gut geeignet, wo man ganz schnell eine grobe Form für einen groben Harz-Gießling benötigt, der dann noch weiter verarbeitet wird. Hier kannst Du einmal einen idealen Einsatzzwecke als Interims-Lösungs nachlesen.
Und nicht unerheblich: das 450-g-Gebinde PataMould kostet mit etwa 40 Euro so viel wie das Knetsilikon mit 1,1 Kg.
Vergleich Fließsilikon: dort kostet das 1-kg-Gebinde rund 25 Euro.
Durch Knettechniken kann man die Oberfläche der Silikonform optimieren und auch kompliziertere Formen herstellen.
Wie man das Knetsilikon "austricksen" kann und zu besseren Ergebnissen kommt, verrate ich im zweiten Teil dieses Blogposts, der am 29.08. hier erscheint.
Völlig weichgeknete Grüße sendet Dir
Edna Mo
PS: Dir ist das alles vieeeeel zu kompliziert?
Auch kein Ding. Viel einfacher ist es, Silikon-Backformen zu nehmen, um mit Kunstharz zu arbeiten!
Lies dazu meinen Atelierbericht zu handelsüblichen Küchen-Silikonformen in der Anwendung mit Kunstharz!