18. Oktober 2019
Seit meinem letzten handwerklichen Beitrag zum Schleifen von Gieß- und Kunstharz ist schon wieder einige Zeit vergangen. Seitdem habe ich meine Fertigkeiten hauptsächlich bei der Endbearbeitung von Armreifen angewendet und mich auf diesem Spezialgebiet verbessern können. Diese Erkenntnisse zu Methoden und Schleiftechniken möchte ich heute mit Dir teilen.
Nach wie vor gehört das "Schleifen" zu den bei mir am häufigsten nachgefragten Themen, weil es eben nicht auf Anhieb klappen möchte. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass man daran gerne verzweifelt, wenn man nach stundenlangem Schleifen und Polieren doch nur ein stumpes Ergebnis bekommt.
Daher liefere ich (den Versuch) eine(r) Systematik dazu, in der Hoffung, dass es hoffentlich vermitteln kann, was das "je ne sais quoi" beim Kunstharz-Schliefen ausmacht.
Ich bekomme öfter gespiegelt, dass meine Beiträger ellenlang, zu lang sind, und daher splitte ich den Beitrag in zwei Teile. Im heutigen Teil geht es um Armreifen , bei denen nur der Eingießrand bearbeitet werden muss, der Rest aber gut gelungen ist.
Das ist der einfachere Part. Hier besteht die Kunst darin, die gute Oberfläche des Armreifs nicht zu verrunieren, wenn man dem Eingießrand zu Leibe rückt.
(Pech: der einfache Fall tritt bei mir fast nie ein. Um den Beitrag fotografisch illustrieren zu können, habe ich mir Blüten-Armreifen von einer Düsseldorfer Harzkünstlerin ausgeliehe. Vielen herzlichen Dank für die Leihgaben.)
Der gesamten Oberfläche des Armreifs wird der zweite Teil des Beitrags gewidmet, der in den nächsten Tagen veröffentlicht wird.
Um den Eingießrand so zu bearbeiten, dass er dem Rand auf der anderen Seite des Armreifs gleicht, haben sich bei mir folgende Arbeitsschritte bewährt:
1) Grobschliff Eingießrand mit der Maschine
2) Luftblasen aufbohren und aufgießen
3) Feinschliff Eingießrand mit der Maschine
4) Handschliff Innenkante
5) Handschliff Außenkante
So wie nachfolgend sieht der Eingießrand bei einem Armreif mit Einbettung klassischerweise nach dem Auslösen aus: aufgrund der Schrumpfung eingesunken, mit schafkantigem Rand, und unglücklicherweise mit kleinen Luftbläschen, die direkt an der Außenkante sitzen.
Luftbläschen lassen sich bei der Arbeit mit Einbettung - wie hier mit feinporigem Blütenmaterial - und bei gewölbten Armreifen leider nicht ganz vermeiden. Direkt an der Außenkante platziert sind sie glücklicherweise unproblematisch zu beseitigen.
Nach langjähriger Erfahrung ist mein erster Handgriff immer der Grobschliff. Oft kommen Bläschen und Unregelmäßigkeiten erst zum Vorschein, wenn die ersten Millimeter Harz abgetragen sind.
Ich schleife den Eingießrand mit 180er Schleifpapier nass mit einer umgebauten Töpferscheibe.
Der Armreif wird beidhändig angepresst, um möglichst gleichmäßig Druck auszuüben.
Mit einer kreisförmigen Bewegung entgegen der Drehrichtung der Scheibe wird der Armreif 10 bis 15 mal über die Schleiffläche geführt.
Dann wird der Armreif um ein Viertel gedreht, und wieder Armreif beidhändig 10 bis 15 mal über die Schleiffläche gezogen. Noch zweimal wiederholen, dabei den Armreif jeweils um ein Vietel drehen.
Durch das Drehen vermeidet man, dass der Eingießrand schief wird.
Das Zählen hilft, durchzuhalten, bis der Schleifgang abgeschlossen ist.
(Das Verfahren lässt sich auch in Handarbeit ohne Maschine bewekstelligen, dazu wird das genässte Schleifpapier auf einer glatten Arbeitsfläche ausgelegt und der Armreif wie oben beschrieben darüber geführt. Ohne maschinelle Unterstützung dauert es etwa doppelt bis dreimal so lang.)
Zwischendurch das Resultat begutachten, dafür wird der Eingießrand mit einem Tuch getrocknet. Den Zyklus mit mit einer reduzierten Drehzahl (5 - 10 Drehungen) wiederholen, wenn noch glänzende Stellen auf dem Eingießrand zu sehen sind.
Der Arbeitsschritt ist dann abgeschlossen, wenn der Eingießrand keine überstehenden Kanten mehr aufweist und (bis auf die Luftblasen) gleichmäßig eben ist.
Bei größeren Senken im Rand müsste man mehrere Millimeter Höhe des Armreifs abnehmen, um einen ebenen Rand zu erhalten. Bei gewölbten Armreifen würde das die Proportion verändern, ist also nicht so toll. Daher schleife ich nur so weit Material ab, bis die Senken rundherum einen festen Harzrand haben.
Im zweiten Arbeitsschritt werden Luftblasen auf dem Eingießrand und an der Außenkante aufgebohrt. (Wer keine Luftblasen oder Senken am Eingießrand findet, darf direkt mit Punkt 3 weitermachen!)
Erst wenn die Öffnung der Luftblase trichterfömig geöffnet ist, lässt sie sich mit Harz verfüllen, ohne dass direkt wieder eine Luftblase eingeschlossen wird.
Luftblasen werden mit dem Bohrer vergrößert, damit das Harz problemlos in die Öffnung flutschen kann
Das Aufbohren erledige ich mit einem Minibohrer und einer 2 mm starken Stahlbohrspitze.
Für das Verfüllen der Luftblasen benutze ich das SK Resin 3221, und lasse es 30 Minuten vorgelieren. Gerade bei Luftblasen an der Außenkante besteht die gefhr, dass zu flüssiges Harz an der außenseite des armreifs herunterläuft und eine (deutlich aufwändigere) Oberflächenberarbeitung nach sich zieht.
Daher: sehr sorgfältig und präzise arbeiten und nach 15 Minuten noch einmal kontrollieren, ob der Harzklecks noch an Ort und Stelle ist. Falls sich doch etwas Harz illegal aus dem Staub gemacht hat: mit einem Q-Tipp Harz abtupfen und verklebte Armreif-Oberfläche mit Nagellack-Entferner abreiben.
Nach 24 Stunden Trockenzeit kann es dann mit der Bearbeitung des Eingießrands weitergehen.
Und wieder die Schleiftechnik: mit einer kreisförmigen Bewegung entgegen der Drehrichtung der Scheibe wird der Armreif 10 bis 15 mal über die Schleiffläche geführt.
Dann wird der Armreif um ein Viertel gedreht, und wieder Armreif beidhändig 10 bis 15 mal über die Schleiffläche gezogen. Noch zweimal wiederholen, dabei den Armreif jeweils um ein Vietel drehen.
Da man optisch die Güte des Schliffs nicht mehr erkennen kann, hilft bei den feineren Körnungen das Zählen enorm, um die Fläche gründlich und gleichmäßig zu bearbeiten.
Durch den Schliff des Eingießrands ist die Innenkante scharfkantig geworden. Zu sehr,um noch bequem zu sein. Daher wird diese Kante speziell bearbeitet.
Die Arbeitsfläche wird auf einen Tisch verlegt. Du brauchst:
- Holzklotz etwa 2 bis 3 cm hoch
- ein Halbrund-Holz
- Nass-Schleifpapier mit 600er, 1.500er und 2.000er Körnung,
in kleine Stücke geschnitten und rückseitig mit der Körnung beschriftet
- Schale mit Wasser, um den Armreif und das Schleifpapier abzuspülen
- Trockentuch
Methode A)
Das Schleifpapier wird so um das Halbrundholz gewickelt, dass das Ende auf der glatten Seite des Holzstabs zu liegen kommt. Mit dem Zeigefinger fixieren.
Die linke Hand packt den Armreif und fixiert ihn auf dem Schleifklotz ungefähr in einem 45° Winkel.
Mit der runden Seite des Halbrundstabs wird nur die Innenkante des Armreifs mit kreisförmigen Bewegungen und ohne großen Druck bearbeitet. 10 bis 15 mal pro Stelle, dann den Armreif weiter drehen und den nächsten Abschnitt bearbeiten.
Nachteil: durch die scharfe Kante geht das Schleifpapier schnell kaputt.
Methode B)
Das Schleifpapier wird in der rechten Hand auf die Innenseite der gestreckten Finger gelegt , wobei der Daumen das Papier fixiert.
Die linke Hand packt den Armreif und fixiert ihn auf dem Schleifklotz relativ aufrecht.
Es wird nur die Innenkante des Armreifs mit kreisförmigen Bewegungen und ohne großen Druck bearbeitet. 10 bis 15 mal kreisförmig oder auch mit geraden Strichen den Kantenabschnitt bearbeiten. Dann den Armreif weiter drehen und den nächsten Abschnitt bearbeiten.
Dann das Schleifpapier zur nächsten Körnung wechseln und von vorne beginnen.
Der Arbeitsschritt wird mit jeder Körnung wiederholt.
Nachteil: Beide Hände sollten den optimalen Winkel beibehalten, da sonst unweigerlich die Innenseite des Armreifs mitgeschliffen wird. Bei dieser Methode ist vielleicht etwas mehr Übung erforderlich.
Durch den Maschinenschliff der Eingießöffnung ist ein harter Übergang zur gerundeten Außenfläche des Armreifs entstanden. Um diesen weicher zu gestalten, wird nur diese Außenkante mit dem Halbrundholz bearbeitet.
Das verwendete Schleifpapier ist 600er, 1.500er und 2.000er Körnung.
Das Schleifpapier wird so um das Halbrundholz gewickelt, dass das Ende auf der runden Seite des Holzstabs zu liegen kommt. Mit dem Zeigefinger fixieren.
Der Armreif wird zur Hälfte auf dem Schleifklotz aufgebockt. Die linke Hand drückt den Armreif ferst auf den Klotz.
Mit der geraden Seite des Halbrundstabs wird nur die Außenkante des Armreifs mit kreisförmigen Bewegungen und ohne großen Druck bearbeitet. 10 bis 15 mal pro Stelle, dann den Armreif drehen und den nächsten Abschnitt bearbeiten.
Vorsicht, den Winkel des Halbrundtsabs möglichst beibehalten und nur die Kante bearbeiten.
In der Regel erwischt man spätestens bei diesem Arbeitsgang auch die (nun mit Harz gefüllten) Luftbläschen, so dass die Außenkante makellos wird.
Nach dem Schleifen ist der Eingießrand, die Innen- sowie die Außenkante matt, aber von der Form an den übrigen Armreif angeglichen.
Nach dem Schleifen folgt das Polieren. Aus Platzgründen verweise ich auf zwei Beiträge, in denen ich dazu schon ausführlicher berichtet habe. Version A) von Hand mit Polierpaste oder B) mit dem Flanellaufsatz an der Bohrmaschine.
Das Polieren zeigt, ob im Vorfeld "ordentlich" (meint gleichmäßig und gründlich) geschliffen wurde. Erst dann wird aus dem matten Rand ein glänzender Rand. Bleibt der Rand matt - es nützt alles nichts, dann muss man von vorne anfangen. Wobei ich im zweiten Durchgang dann mit dem 600er Schleifpapier starte, denn grobes Schleifpapier würde unweigerlich wieder tiefe Kratzer im Harz erzeugen.
Nach dem Polieren kann man nicht mehr erkennen, dass die Eingießfläche des Armreifs massiv bearbeitet wurde.
Diesen Beitrag konnte ich nach zweimonatiger Zwangspause endlich abschließen, dank meines nun fast wiederhergestellten linken Krüppelhändchens. Zwei dicke Fingergelenke habe ich noch und kann noch immer keine Faust machen. Aber die Schmerzen werden weniger! Welcome back!
Vielleicht hilft Dir ja meine Systematik, um bessere Ergebnisse bei deinen persönlichen Harzprojekten zu erzielen. Ich drücke die Daumen dafür! Im zweiten Teil des Beitrags wird es dann richtig anstrengend, da geht es um die komplette Außenbearbeitung von Armreifen.
Bis dahin: Gut Schleif!
Und viele Grüße von Edna Mo