5. Januar 2021
Obwohl ich schon seit Ewigkeiten mit Kunstharz arbeite, bin ich bisher ohne Einsatz einer Vakuumkammer ausgekommen. Die braucht man, um Luftblasen aus der angerührten Harzmischung zu vertreiben. Da ich viel blickdicht gefärbtes Harz nutze, fallen Luftblasen da überhaupt nicht auf. Mit Feuerzeug und Heißluftfön bin ich bislang gut ausgekommen, um Oberflächen zu glätten.
Aber nun war es auch für mich an der Zeit, mir so ein luftsaugendes Maschinegerät anzuschaffen (selbstfinanziert).
- bei der Umsetzung von transparenten Gießlingen
- bei transparenten Gießlingen mit Einbettungen, die Luftblasen gut einfangen,
wie Haare oder feine Blütenblätter
- bei der Umsetzung von transparenten Gießlingen mit hohem Volumen
- bei Einbettungen, die trocken arrangiert und nachträglich
mit transparentem Harz aufgegossen werden
- wenn die Umgebungstemperatur unter dem Idealbereich von 20 ° C liegt.
Die Eigen-Entlüftung des Harzes funktioniert aufgrund der reduzierten Viskosität
dann nicht mehr optimal.
Hier kann man eindeutig nicht-evakuiertes Harz an den feinen Luftbläschen erkennen. Da in Schichten gearbeitet wurde, treten auch die Luftbläschen in Schichten auf.
- Sie kostet was, nimmt Platz weg und will aufmerksam und pfleglich behandelt werden
- Man sollte jeden Handgriff an Kammer und Pumpe mit Bedacht machen.
Da wird ein- und ausgestöpselt und Hebel bewegt.
Es ist noch ein weiterer Arbeitsschritt mehr, der gemacht werden will, um zu einem guten Ergebnis zu kommen. Da es beim Kusntharzen bereits unzählige Arbeitsschritte sind, kommt es auf den einen mehr oder weniger auch nicht mehr an (man hört hier etwas Resignation durchklingen).
Feuerzeug und Heißluftfön helfen gegen Luftblasen an der Oberfläche, nicht gegen die tiefer sitzenden Luftblasen in der Harzmasse. Nur im Rahmen der kurzen Gelierzeit kann das Harz entlüften. Je dicker die Schicht und je kühler das Harz, desto eher verbleiben die beim Mischen eingerührten Blasen im Harz.
Aufgrund der Hitzefläche ist das Feuerzeug bei kleinformatigen Gießlingen ideal, der Heißluftfön bei großen Oberflächen.
-> Leider ist der Einsatz von Flammen bei feinen Einbettungen wie Haaren oder Blütenblätter oft nicht ratsam (Verkohlen oder Verkrümmen).
-> Der Heißluftfön erzeugt einen ziemlichen Luftstoß, feine Arrangements werden weggeblasen.
Umgangssprachlich verkürzt man es auf den Begriff Vakuumkammer. Das Konstrukt besteht jedoch aus mehreren Teilen: einem druckgeeignetem Behälter, Kammer genannt, und einer Pumpe, die das Vakuum im Behälter erzeugt.
Die Kammer ist in meinem Fall ein Edelstahltopf mit Silikondichtung, einem dicken Glasdeckel mit einer Ventilinsel und einer Druckanzeige (Vakuummeter). Mit einem Schlauch sind Kammer und Pumpe verbunden. In meinem Fall musste ich den Schlauch selbst anschließen, das hat dank Schneckengewindeklemme aber prima (beim zweiten Anlauf) funktioniert.
Die Kammer gibt es auch als gewölbten Glasbehälter, die primär in Laborbedarf genutzt wird. Man kann sie auch mit einer Pumpe zur Erzeugung eines Unterdrucks (fachgesimpelt: zum Evakuieren) nutzen, dann bezeichnet man die Konstellation als Vakuumexsikkator.
Vakuumexsikkator. Ein wunderbares Wort, ich muss es nochmal wiederholen!
Die Montage des Schlauches links am Ventil musste selbst erledigt werden. Hier kann man gut erkennen, dass das Vakuummeter mit Flüssigkeit (Glyzerin) gefüllt ist.
Der Deckel ist etwas unhandlich, weil der Diffusor unten heraussteht. Der hat den Zweck, einströmende Luft gleichmäßig in der Kammer zu verteilen. Ich behelfe mich mit zwei gestapelten Rollen Paketband, so dass ich den Deckel kippsicher ablegen kann.
An der Pumpe ist der Schlauch bereits befestigt.
Bevor die Pumpe in Betrieb genommen werden kann, sollte das mitgelieferte Öl eingefüllt werden.
Das geht ganz einfach: rote Kappe abschrauben, Öl langsam einlaufen lassen und zwischendurch die Ölanzeige beobachten.
Das Öl sollte jährlich oder nach 20 Arbeitsstunden ausgetauscht werden.
What?
Soll ich für jedes Mal "Entblubbern" eine Kerbe in den Arbeitstsisch schnitzen?
Oder das Merkheftchen konsultieren. Da steht drin, dass wenn das maximale Vakuum nicht mehr erreicht wird, oder das Öl trübe ist, es ausgetauscht werden muss. Dafür wird das noch in der Pumpe befindliche Öl abgelassen.
Das Öl wird in die Öffnung unter der roten Kappe eingefüllt. Der blaue Zylinder rechts ist der Luftfilter.
Die Ölanzeige auf der Seite der Pumpe. Verbrauchtes Öl wird abgelassen, indem die unten sitzende Sechskantschraube gelöst wird. Das klingt nach einer lecker Sauerei. Ist man vom Kunstharzen etwas anderes gewohnt?
Je nach Austattung der Pumpe wird das unterschiedlich ausfallen.
Bei mir sollte vor Inbetriebnahme:
- aus dem Vakuummeter oben ein grüner Sisherungsstöpsel gezogen werden.
Das Glyzerin im Vakuummeter wird bei Kippen dann auslaufen.
Den grünen Stöpsel kann man danach auch wieder einstöpseln. Beim Harz anmischen ist man mit Handschuhen allerdings gehandicapt, das Ding ist kaum größer als ein Kekskrümel.
Daher lege ich den Deckel beim Evakuieren möglichst eben auf den zwei Rollen Pakteband an.
Der grüne Stöpsel kommt zurück ins Vakuummeter, wenn die Hände wieder frei sind.
- die Kappe vom Luftfilter entfernt werden (dient dem Schutz und wird nach Benutzen wieder aufgesetzt).
Harz wird wie gewohnt nach Herstellerangaben gemischt und umgetopft.
So sieht bei mir das Harz nach drei Minuten Mischen vor dem Evakuieren aus:
Durch den Unterdruck steigt das Volumen des Harzgemisches im Mischbecher an. Damit überlaufendes Harz nicht die Kammer verklebt (was den Effekt beeinträchtigen kann!), wird der Mischbecher in ein größeres (Notfall-)Gefäß gestellt.
Beides wird in die Vakuumkammer gestellt.
Der Deckel wird aufgesetzt, die Ventilhebel in die richtige Position gebracht und die Pumpe angeschaltet.
Sie brummt angenehm leise und sonor, ich habe mit mehr kreischigem Radau gerechnet.
Das Harzgemisch fängt nach 10 Sekunden an, erst kleine, dann große Blasen zu werfen und im Mischbecher hochzusteigen, es sieht aus, als würde es aufkochen. Man fragt sich unweigerlich, wieviel Luft bloß in so einer kleinen Menge Harzgemisch (hier: etwa 50 g) drin sein kann.
Offensichtlich viel!
Nach rund 60 Sekunden fällt das Harz im kleinen Mischbecher wieder in sich zusammen, dann kann die Pumpenverbindung geschlossen und die Pumpe ausgestellt werden. Es sind noch einige wenige Luftblasen zu sehen.
Das Vakuum bleibt bestehen, man kann den Mischbecher auch noch weitere Minuten im Topf lassen.
Zum Öffnen wird die Kammer mit dem rechten Hebel wieder mit Luft gefüllt.
Das macht ein schönes zischendes Geräusch, welches mich sehr an "Das Boot" erinnert!
Spätestens beim Wiederbelüften der Kammer verschwinden die letzten Luftblasen.
Nach dem Lüften ist das Harz sehr klar und tatsächlich frei von Blasen. Take a look!
Ich habe bisher transparente Anhänger mit eingebetteten Tierhaaren mit evakuiertem Harz umgesetzt, und bin sehr, sehr zufrieden mit dem Ergebnis.
Im Anhänger rechts kann man oben noch größere Luftblasen erkennen. Die stecken aber in den (nahezu unsichtbaren) Katzenkrallenhäuten und liegen nicht obenauf.
(Kann man Katzenkrallenhäute vorab auch evakuieren?)
Ich bin auch deswegen höchst zufrieden, weil bei den aktuellen Temperaturen und meinem nicht-heizbaren Atelier die Wohlfühltemperatur vom Harz mit 16 ° C deutlich unterschritten wird. Zwischenzeitlich war ich arg verzweifelt, weil der eine oder andere haarige Gießling einem Luftblasen-Inferno glich, siehe rechts.
(Zusätzlich habe ich noch eine Heizplatte angeschafft, auf der die Harzgebinde vorab gemütlich auf Betriebstemperatur kommen können. Mehr dazu aber im nächsten Technik-Beitrag!)
Horray! Von Luftblasen bin ich nun erfolgreich befreit!
Klares Harz + Kalt + Haare = direkt Evakuieren!
Leider gibt es Vakuumkammern und Pumpen wie Sand am Meer und mit gigantischen Preisunterschieden. Von der Auswahl ist man total erschlagen. Da man die Kammer auch für zig andere Sachen nutzen kann, lohnt es sich, bei der Google-Suche noch ein Verwendungszweck-Schlagwort mit anzugeben, wie "Vakuumkammer + Epoxi".
Glücklicherweise gibt es viele Sets zu kaufen, bei der Kammer und Pumpe, aufeinander abgestimmt, erhältlich sind.
Hier einigeTipps, die man bei der Anschaffung für sich beantworten kann:
- Wie groß ist die bevorzugte Harzmenge?
Ganz praktisch sollte man für sich entscheiden, welche Volumen Harz man anmischt, und ein größeres (Notfall-)Gefäß dazurechnen. Daraus ergibt sich die Größenordnung für die Kammer.
Die Hersteller nennen in der Regel das Innenmaß der Kammer. Passt der Mischbecher mit Notfall-Becher hinein und kann man den Becher auch gut greifen? Falls einem das zu knapp erscheint, vielleicht besser auf das nächstgrößere Kammer-Modell ausweichen.
Zusätzlich kann man sich auch überlegen, ob einem die Zylinderform zusagt, oder ob man mit einer, flachen, breit gebauten Kammer besser auskommt (mehr Oberfläch - leichteres Austreten der Luftblasen). Zusätzlich gibt es auch Bauformen, bei denen die Ventilinsel direkt an der Kammer montiert ist. Damit kragt die Ventilinsel zwar etwas unhandlich nach vorne aus, dafür ist das Handling mit dem Deckel vielleicht einfacher.
In der Regel gibt es die zur Kammer technisch passende Pumpe, eventuell in zwei verschiedenen Ausführungen, die sich in der leistung unterscheiden. Hier gilt: Je teurer die Pumpe, desto leistungsfähiger: sie vakuumiert schneller (Liter pro Minute) und erzielt ein höheres Vakuum (Angaben in Pa und Microns. Warum das Vakuummeter dann zusätzlich noch bar anzeigt, bleibt unerklärt. Nicht so recht hilfreich!).
Die Fragen nach dem "wie viel - wie oft - wie schnell - wie teuer" muss man für sich selbst beantworten.
Bei meinen popeligen 50 g Harz in der 4,2 L Kammer läuft die Pumpe rund 60 Sekunden (und erzielt laut Hersteller ein Endvakuum von 25 Microns oder laut Vakuummeter einen Unterdruck von -1,0 bar). Damit komme ich gut klar.
Ob und wie gut bzw. schnell das geht, wenn die Harzmengen signifikant steigen, werde ich bei nächster Gelegenheit ausprobieren.
Wer hat aufgepasst? Hier im Foto alles pumpenrelevanten Details von links nach rechts gut zu erkennen: Öleinfüllöffnung, Luftfilter mit abgenommenem Schutzdeckel, Ölanzeige. Sehr gut!
Sonstiges
In evakuiertem Harz lassen sich Farbstoffe, insbesondere Acrylfarbe, nicht so gut einmischen.
Ist auch Unfug: beim Einrühren von Farbe wird auch wieder Luft eingerührt.
Da ist dann alles Luft wegsaugen wieder für die Katz!
Bei hochvolumigen, farbigen Gießlingen würde ich daher die Farbe vor dem Evakuieren einbringen!
Eigentlich hätte ich mich schon viel früher für eine Vakuumkammer entscheiden sollen, es hätte mir etliches an Unzufriedenheit erspart. Die rudimentären Herstellerangaben haben mich bisher total abgeschreckt, das ist alles kein bißchen hilfreich. Daher habe ich auf gut Glück ein Modell gewählt. Zufälligerweise lag ich damit richtig.
Bei meinem kleinen Modell liegt der Preis unter 300 Euro, das ist günstiger als eine Bandsäge und viel, viel günstiger als die Töpferscheibe (die ich zum Nass-Schleifen nutze).
Ich hoffe, der kleine Technik-Exkurs war für Dich hilfreich und hat Dir vielleicht die Bedenken genommen, ob so eine Anschaffung sich für dich lohnen könnte. Nach wie vor werde ich primär mit gefärbten, nicht-evakuiertem Harz arbeiten und die Pumpe nur dann zum "Tauchen" anstacheln, wenn ich sie explizit für transparente Gießlinge benötige. Dann aber ist sie ihr Gewicht in purem, funkelnden Gold wert!
Jetzt blasenfreie Grüße sendet Dir
Edna Mo