12. Juli 2016
Das Phänomen des "merkwürdigen Duos" ist heute mein Aufhänger. Das merkwürdige Duo besteht in der Regel aus zwei gegensätzlichen Charakteren, die sich mühevoll zusammenraufen und erst im Zusammenspiel eine unbesiegbare Mischung ergeben: Mulder und Scully beispielsweise, Bud Spencer und Terrence Hill, aber auch R2-D2 und C3-PO, um nur einige zu nennen.
Die Kombination von zwei Sachen, die nicht zusammenpassen und trotzdem toll funktionieren, füge ich heute ein weiteres Beispiel meines persönlichen Traumduos Harz und Tape und ein Tutorial hinzu.
Dem Thema Harz und Klebeband habe ich bereits eine erste Betrachtung gewidmet, da wurde eine Scheibe künstlerisch verfremdet, Heute zeige ich eine weitere Harz-Idee, die nur mithilfe von Klebeband umgesetzt werden kann, die ist eindeutig handfester und weniger "abgehoben".
Heute werden aus dem Spitzenornament WeCream in Kombination mit verschiedenen Harzprodukten Möbelgriffe hergestellt.
Transparente, spitzenartige, ornamenthafte, filigrane Möbelgriffe.
Wie soll das gehen?
Wie immer steckt der Teufel im Detail, und der heutige Teufel, der das alles möglich macht, ist das sogenanntes "Gewebeband".
Es klebt nicht so stark wie Doppeltape, ist aber ein bißchen nachgiebig und gleichzeitig sehr fest, was für diese harzgefüllte-Spitzenornament-Möbelgriff-Anwendung wichtig ist.
Was jetzt gleich langatmig in Bildern erklärt wird, geht in der Kurzform so:
Das Klebeband wird als "Boden" für das Spitzenornament benutzt, so dass die Kammern des Ornaments mit Harz gefüllt werden und das sonst flexible Ornament zu einem festen Objekt aushärten kann.
Das klingt bizarr und ist weder vom Harz- noch vom Klebeband- oder Modelliermassen-Hersteller so gedacht, aber es funktioniert merkwürdigerweise trotzdem.
DIY-Möbelgriffe aus Harz und WeCream-Ornamenten
Du brauchst für drei Möbelgriffe:
3 x WeCream*-Ornamente (die Anleitung zur Herstellung findest du HIER)
Dünnflüssiges Gießharz (hier: Crystal'Diamond*)
Zähfließendes Harz-Gel (hier: Glass'Lack*)
Transparente Harzfarbe Violett und Rot (hier: Color'Resin*)
Gewebeband breit
Minibohrer mit Fräsaufsatz, alternativ 5 mm-Bohrspitze
3 x M5 Flachrundschraube mit Hutmutter (Länge abhängig von der Möbelwand-Stärke)
3 x Aluminiumröhrchen-Abschnitt mit 13 mm Länge
(*Das gekennzeichnete Material wurde mir von der Firma Colles et Couleurs Cléopâtre freundlicherweise und bedingsungslos zur Verfügung gestellt.)
Schritt 1: Ornament auf Tape befestigen
Das Tape ist nur 5 cm breit, das Ornament aber breiter. Daher werden zwei Streifen Tape mit einer kleinen Überlappung aufeinandergelgt und festgedrückt.
Das Ornament wird mit der Unterseite auf die klebrige Seite des Tapes aufgedrückt.
Nun wird das Tape von der Unterseite mit den Daumen fest auf das Ornament aufgepresst, so dass die Struktur durch das Klebeband zu erkennen ist.
Dadurch wird gewährleistet, dass die einzelnen Stege im Ornament gut auf dem Klebeband haften.
Schritt 2: Hilfskonstruktion zum Gießen I
Aufgebracht auf dem Tape ist das Ornament noch immer flexibel und wellt sich sogar etwas.
Für das Auffüllen mit Harz muss das Ornament glatt liegen. Daher wird dasTape zusätzlich auf einem Stück Karton befestigt.
Alternativ geht auch eine Plastik-, Holz- oder Glasplatte.
Schritt 3: Harz färben
Der pinke Farbton wird mithilfe der transparenten Harzfarben von Cléopâtre erzeugt.
Es wird ein Teil Color'Resin Violett mit zwei Teilen Color'Resin Rot in einem Leergebinde gemischt.
Schritt 4: erste Schicht Harz gießen
Für die erste Schicht wird ein dünnflüssiges Gießharz gewählt. Durch die feine Konsistenz kann es in die kleinen Kammern des Ornaments fließen ohne zu viele Luftblasen zu erzeugen.
Die Mischanleitung für das verwendete Crystal'Glass (jetzt Crystal'Diamond), findest Du HIER.
Die Farbe kommt nach dem Mischen der beiden Harzkomponenten, dem Umtopfen und dem Entlüften in die Harzmischung.
Ein bis zwei Tropfen der oben angesetzten Farbmischung reichen aus, um einen halbvollen Messbecher Harz einzufärben. Das
Als Messbecher gilt ein 2 cl Schnapsbecher aus Kunststoff.
Mit einem dünnen Strahl wird das gefärbte Harz auf das Ornament geträufelt.
Überschüssiges Harz wird mit einem Holzspatel von der Oberfläche bis an den Rand gestrichen.
Das Harz soll gleichmäßig im Ornament und im Randbereich verteilt sein. Dann den Karton auf einer ebenen Fläche zum Trocknen auslegen.
Nach der Trocknungszeit ist das Harz stabil und unempfindlich, und das nun feste Ornament wird vom Klebeband abgezogen.
Falls etwas Harz über den Rand getreten sein soll, wird es ganz unprätentiös mit der Schere abgeschnitten.
An dieser Stelle mischt sich Mr. Fix ein.
Schließlich geht es um Klebeband, seine Kernkompetenz.
Was gibt es denn an dieser Stelle zu berichten? Bitte sehr, Mr. Fix!
Die Harzoberfläche, die vom Tape gebildet wird, erhält automatisch die Textur des Gewebebandes und wird daher matt. Da diese matte Oberfläche in einem zweiten Schritt mit Harz überarbeitet wird, ist dieser Umstand ganz und gar verschmerzbar.
Entscheidend ist, dass keine klebrigen Rückstände am Harz haften bleiben. Man spart sich das Abreiben mit Universal-Verdünnung und kann auf die üblicherweise kurrzeitig auftretende Lösungsmittelvergiftung dankend verzichten.
Schritt 5: Hilfskonstruktion zum Gießen II
Durch die erste Harzschicht ist das Ornament "verschlossen" und damit undurchlässig geworden. ZUm Teil ist aber noch die Ornamentstruktur zu erkennen. Die nächsten beiden Schicht Harz dienen zur Materialverstärkung, aber auch der Oberflächenverschönerung.
Im nächsten Schritt wird zäh fließendes Harz-Gel auf die bestehende Fläche aufgestrichen.
Um gegebenefalls überlaufende Harztropfen am Rand sehen und abstreifen zu können, wird das Ornament auf einem Sockel (hier: Schnapsbecher) befestigt und steht am Rand über.
Die matte Seitedes Ornaments zeigt nach oben. Die glatte Seite wird (beispielsweise mit Knet oder Kitt) auf dem Becher fixiert. Ideal ist es, wenn das Ornament plan liegt.
Schritt 6: Weitere Schichten Harz auftragen
Ab diesem Arbeitsschritt ist nur noch das zähfließende Harz-Gel im Einsatz.
Es hat den Vorteil, dass es sich "bombiert" auftragen lässt und eine kuppelförmige Schicht auf dem Untergrund bildet, die hochglänzend und glasähnlich aushärtet. Eine Mischanleitung findest Du HIER.
Das Harz-Gel wird nach Packungsanleitung gemischt, umgetopft und entlüftet.
Dann wird das Harzgemisch mit zwei Tropfen der pinken Farbmischung eingefärbt.
Im Mischbecher wirkt der Farbton immer deutlich intensiver als auf dem Ornament, das liegt an der unterschiedlichen Masse des Harzes.
In dieser Anleitung werden alle Harzschichten eingefärbt und mit jeder Schicht verbessert sich die Farbintensität.
Beim Auftragen und Verteilen des Harz-Gels mit dem Holzstäbchen wird verfahren wie in Schritt vier.
Wenn man feststellt, dass sich das Harz auf dem Ornament erkennbar in eine Richtung bewegt, ist das Ornament wahrscheinlich nicht ganz eben auf dem Becher befestigt.
Ups - Harz fließt eindeutig in eine Richtung. Der Becher wird auf eine dünne Pappe geschoben, um das auzugleichen.
Das wird dadurch ausgeglichen, dass eine dünne Pappe behelfsmäßig unter den Rand des Messbechers geschoben wird.
Kontrolliere im Gegenlicht und von einem tiefen Standpunkt aus, ob die Oberfläche des Ornaments gleichmäßig mit Harz bedeckt ist. Die Oberfläche sollte hochglänzend sein, ohne Dellen oder matte Vertiefungen.
Falls du so eine Unebenheit endeckst, schiebe mit dem Holzspatel etwas Harz aus der Umgebung darauf.
Das Harz soll nach Herstellerangabe trocknen. Dann wird das Ornament vom Becher gelöst und Knetrückstände mit einem weichen Lappen abgenommen.
Um die Materialstärke zu verbessern, wird auf der Unterseite eine weitere Schicht gefärbtes Harzgel aufgetragen.
Drehe das Ornament um, befestige es auf dem Becher und trage eine Schicht Harz auf, im gleichen Verfahren wie eben beschrieben.
Schritt 7: Bohren
Nachdem die letzte Schicht Harz getrocknet ist, wird das Ornament vom Becher gelöst und Knetrückstände mit einem weichen Tuch entfernt. Das Ornament ist durch die drei Schichten Harz fest und stabil geworden, wie eine Scheibe, aber immer noch transparent, so dass das ursprüngliche Spitzenmuster noch gut zu erkennen ist. Der Möbelknopf ist fast fertig, es fehlt noch die Befestigung.
Das Ornament wird mit einem Bohrer oder einem Fräsaufsatz, passend zur gewählten Schraube, in der Mitte durchgebohrt.
Schritt 8: Befestigung
Damit man den Möbelgriff gut greifen kann, wird mit einem Rohr-Abschnitt ein "Abstandhalter" angefertigt. Dazu wird Aluminiumrohr aus dem Baumarkt verwendet, der Innendurchmesser sollte so gewählt werden, dass die Schraube gut durchpasst. Für die M 5 Schraube (5 mm Durchmesser) passt ein Aluminiumrohr mit 10 mm Außen- und 8 mm Innendurchmesser.
Mit einem Schraubstock (hier nicht im Bild) und einer Handsäge mit grobem Metall-Sägeblatt werden drei Abschnitte in der Länge von ca. 13 mm vom Rohr abgesägt.
Damit die Sägeflächen eben sind und weder Möbel noch Harzornament beschädigen, werden sie auf einer Metallfeile plan gefeilt.
Sägekanten werden glatt gefeilt. Am Besten geht das, wenn die Feile an die Tischkante angelegt wird und flach auf dem Tisch aufliegt. Dann wird das Röhrchen mit etwas Kraft darüber geführt und dabei ab und zu gedreht.
Schritt 9: Möbelgriff zusammensetzen
Die Flachrundschraube (hat einen kuppelförmigen Kopf, der auf der Unterseite flach ist) wird von vorne durch das Bohrloch gefädelt.
Hinter das Ornament wird das Aluminiumrohr auf die Schraube aufgesteckt.
Das Schraubenende wird durch das Loch in der Schublade gesteckt.
Mit einer Hutmutter wird die Schraube auf der Schubladeninnenseite gekontert und fest angezogen.
Die Länge der Schraube bemisst sich so:
5 mm (Ornament) + 13 mm (Rohr) + X mm (Dicke der Schublade) + 2 mm (zum Festziehen der Mutter).
In meinem Fall beträgt die Schubladendicke 4 mm, es wird eine Schraube mit 25 mm Länge verwendet.
Fertig ...
... sind Möbelgriffe, die aus Modelliermasse und Harz, mithilfe von Klebeband, handgefertigt wurden.
Transparenz, Textur und die glasähnliche Oberfläche bilden einen ungewöhnlichen Kontrast. Dennoch sind die Griffe romantisch und filigran, und hochdekorativ. Ideal für einen Einrichtungsstil, der durch ungewöhnliche Details bestechen möchte.
Das war wieder eins der Wunderdinge, die man mit Harz und Klebeband und weiterem Material selber herstellen kann. Hätte mir das einer vor rund einem Jahr erzählt, hätte ich wahrscheinlich schallend gelacht. Nachdem ich Klebeband als magisches Hilfsmittel zum Harzen entdeckt habe, scheint mir nichts mehr unmöglich.
Ich würde mich freuen, wenn Dir die Anleitung gefallen, dich inspiriert oder gut unterhalten hat.
Daher verlinke ich den Eintrag auch beim Creadienstag!
Herzliche Grüße
die Spitze fest im Griff
von Edna Mo