19. August 2018
Im heutigen Atelierbericht geht es um Lennox und Corinna.
Lennox ist leider viel zu früh von Corinna weggerissen worden. Diese Lücke mit etwas anderem, einem Platzhalter, zu füllen, ist ein Wunsch, der mir schon bei anderen Erinnerungsstücken begegnet ist.
Ich habe mich sehr gefreut, dass Corinna mich übers Internet gefunden hat um ihre Erinnerungsstücke mit mir gemeinsam umzusetzen. Gemeinsam schreibe ich hier ganz bewusst, denn vom ersten Gedanken bis zum fertigen Stück gab es beiderseits viele Ideen, die in die Entscheidung, wie die Erinnerungsstücke am Ende aussehen, eingeflossen sind. So sind ganz individuelle Stücke entstanden.
(Foto Privatbesitz Corinna, mit freundlicher Genehmigung der Urheber)
Ausgangspunkt waren die Milchzähne von Lennox. Corinnas Idee war, dass diese zierlichen Zähne als Armband-Schmuckstein und als Anhänger in Kunstharz eingebettet werden.
Die Auflage war, dass allergiebedingt kein Metall verwendet wird.
(Foto von Corinna, mit freundlicher Genehmigung der Urheberin)
Nun bin ich zwar Schmuckkünstlerin, aber ich habe nur einen überschaubaren Fundus an Schmuckzutaten (auch wenn Kunden grundsätzlich davon ausgehen, dass ich jedes noch so abartige Teil in allen Farben, Formaten und Qualitäten herumliegen habe). Lieferanten zu recherchieren und Geschmackliches abzustimmen, ist eine Heidenarbeit und frißt Unmengen Zeit, die ich dafür nur bedingt opfern möchte. Daher habe ich Corinna gebeten, selber nach Armbändern aus Leder ohne Metallschließe auf die Suche zu gehen.
Anhand Ihrer Recherche-Ergebnisse war es dann meine Aufgabe, einen Plan entwerfen, wie der Schmuckstein am Armband zu befestigen ist.
Corinna schickte mir Ihre Ausbeute zu, und zwei der vier Armbänder kamen von der Machart in Frage. Durch eine doppelte Lage Leder ist es möglich, einen Schmuckstein mit Metallösen zu befestigen, ohne dass das Metall mit der Haut in Berührung kommt.
Armband-Schmucksteine habe ich schon einmal in früheren Zeiten hergestellt, und zur Probe befestigte ich zwei bestehende Steine aus meiner Kollektion an den von Corinna gelieferten Armbändern.
Dieser Probedurchlauf war sehr hilfreich, denn daran wurde festgemacht dass:
- die Schmucksteine stabil befestigt sind
- der Stein rechts mit der gewölbten Oberfläche gefiel besser als der flache Stein links
- der Stein sollte jedoch schmaler sein
- der Effekt mit der transparenten Kuppe und der farbigen "Bühne" darunter
auch für den Lennox-Armband-Schmuckstein und -Anhänger genutzt werden sollte.
Lederarmbänder mit bunten Kunstharz-Schmucksteinen von Edna Mo
Ich habe Corinna mehrere Steinformen für das Armband vorgeschlagen, die entweder schmaler oder gewölbter waren. Alle diese Steine dienen als Ausgangsform, durch Schleifen kann nachträglich jede Form noch individuell angepasst werden.
Wie ich immer sage: weniger geht immer, nur nachträglich Harz ankleben geht nur bedingt (dass es in einigen Fällen doch geht, zeige ich weiter unten).
Corinna hat sich für die Form des einen Mustersteins entschieden (obere Reihe rechts).
Im nächsten Schritte habe ich mehrere Zahn-Anordnungs-Vorschläge für den Armband-Schmuckstein vorgestellt.
Klar war, dass der Stein später deutlich schmaler geschliffen wird, so dass die Anordnung kompakt in der Mitte des Schmucksteins stattfinden sollte.
Corinna hat sich für die Anordnung mit den vier Zähnen entschieden, hier unten rechts im Bild.
Beim Anhänger wollte Corinna zunächst das Prisma haben.
Ich habe verschiedene Anordnungs-Vorschläge gemacht. Jedoch hatte ich den Eindruck, dass das Prisma eigentlich zu groß dimensioniert ist für die zierlichen Zähne.
Auch sollten Anhänger und Armband ähnlich gestaltet sein. Das Argument hat das Prisma leider aus dem Rennen geworfen. Denn durch die längliche Form ist es gar nicht möglich, den "Bühnen-Effekt" umzusetzen.
Alternativ habe ich einen deutlich kleineren Anhänger vorgeschlagen, den "halben Zylinder",
mit dem auch der "Bühnen-Effekt" umsetzbar ist.
Die Entscheidung fiel zugunsten des kleineren Anhängers und der schlichten Anordnung mit nur einem Zahn aus.
Nachdem alle Details zum Aussehen der beiden Schmucksteine abgsetimmt waren, konnte ich im Atelier mit der Umsetzung loslegen.
Im unteren Foto siehst Du die beiden Silikonformen, in denen die erste Grundschicht Harz gehärtet ist und die Zähne in der besprochenen Anordnung bereits mit ein paar Tropfen Harz fixiert sind.
Hieran kann man wunderbar sehen, dass man mit der späteren Vorderseite des Schmucksteins "nach unten liegend" arbeitet. Man muss also die Anordnungen spiegelverkehr auflegen!
Und man sieht, das das steinalte Silikonformen aus Silikonkautschuk sind (daher die Farbe), die damals in meiner jugendlichen Naivität von Alltagsgegenständen abgenommen wurden.
Links war die Vorlage eine Nagellackflasche. Rechts war die Vorlage eine kleine Blisterverpackung. Wer sich technisch interessiert, kann die Herstellung eigener Silikonformen wie hier "Teilform abnehmen", unter diesem Link nachlesen.)
Nach der klaren Schicht kommt die zweite Schicht gefärbtes Harz.
Corinna hat sich einen schwarzen Untergrund gewünscht, damit die Zähen als kontrastreiche Zeichen darauf zu sehen sind.
So sehen die Schmuckstein aus, frisch aus der Form und nicht besonders spektakulär.
Da wegen der Metallallergie keine Metallöse gesetzt werden konnte, sollte die Befestigung des Anhängers mithilfe eines Lederbandes und da über eine Querbohrung erfolgen.
Nur: der Anhänger hat zu wenig Volumen in der Höhe. Das ist dem Umstand der flachen Silikonform geschuldet. Um das Bohrloch unsichtbar in der schwarzen Harzschicht verschwinden zu lassen, sollten noch etwa 2 mm Harz aufgebracht werden. Aber wie?
Eins meiner Lieblings-Hilfskonstruktionen beim Harzen ist Klebeband. Doppelklebeband hat den Vorteil, dass es klebt wie verrückt und eine glatte Oberfläche macht.
Also habe ich einen Rand aus Klebeband um den Schmuckstein gelegt und diesen (den Stein mit der Wölbung in der Silikonform liegend) mit ein paar Millimetern mit schwarz gefärbten Harz aufgefüllt.
Tadahhh: Misson erfüllt, Stein ist in der Höhe dicker!
Danach waren die Schmucksteine fertig vorbereitet zur Endbearbeitung
Der Armband-Schmuckstein wurde mit dem groben Schleifpapier auf der Schleifscheibe zunächst in Form gebracht.
Das Bohrloch setze ich immer nach dem Grobschliff, wenn die endgültige Höhe des Steins gefunden ist. Der Armband-Schmuckstein sollte ja auch nicht zu weit "heraus stehen", so dass das Optimum an Höhe durch langsames Herantasten beim Schleifen ermittelt werden musste.
Dann wurden beide Steine rundum geschliffen und poliert.
Das endlose Schleifen überspringe ich mal.
So, fertig sind die Steine.
In der Seitenansicht des fertigen Armband-Schmucksteins kann man sehr gut den Effekt der transparenten Kuppe und der schwarzen Farbschicht als unteren Abschluss sehen.
Der fertig bearbeitete Anhänger:
Ich habe den Armband-Schmuckstein an beide Armbänder konfektioniert, damit Corinna entscheiden konnte, welche Version ihr besser gefällt.
Das sieht schon sehr gut aus, wenn der für das Armband speziell angefertigte Stein an seinem zugedachten Platz zu sehen ist.
Lederarmband mit aufgebrachtem Schmuckstein aus Resin mit Zahn-Einbettung, im Kundenauftrag hergestellt von Edna Mo
Auch der Anhänger darf sich mitsamt Lederband in seiner vollen Pracht zeigen.
Die metallfreie Verschlußversion mit dem Schiebeknoten konnte ich dank einer YouTube-Schulung mustergültig umsetzen.
Besonders hat mich an dieser Auftragsarbeit gefreut, dass statt einer klassischen "nur" transparenten Einbettung die Umsetzung mit Farbfläche im Hintergrund gewünscht wurde.
Die Tüftelei mit den unterschiedlichen Höhen der beiden Harzschichten sowie die Platzierung der Bohrlöcher ist eindeutig erhöhter Schwierigkeitsgrad. Aber ich freue mich, wenn es etwas kniffliger wird (Einbettungen neigen etwas zur Monotonie) und auch die Kundin/der Kunde aufgeschlossen ist, sich einer gestalterischen Idee anzuschließen, die sie oder er vielleicht vormals nicht im Kopf hatte.
Corinna war sehr zufrieden mit den Ergebnissen und schrieb mir "dass Anhänger und Armband förmlich an ihr festgewachsen seien".
Wenn jemand so begeistert ist, macht mich das auch happy!!
Zum Schluß platziere ich noch ein Foto von Lennox, dem kleinen Racker, der etwas ganz Besonderes war, wie man unschwer erkennen kann.
Rundum beglückte Grüße sendet Dir
Edna Mo
(Foto von Corinna, mit freundlicher Genehmigung der Urheberin)