27. Februar 2018
Für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer meines Kunstharz-Workshops im März fasse ich im heutigen Beitrag die Technik mit Aluminiumdraht und Kunstharz am Beispiel von Ohrringen als kleines Nachschlagewerk zusammen.
Als flüssiger Werkstoff hat Kunst- oder Gießharz seine Tücken. Wenn man individuellere Ergebnisse haben möchte, als beispielsweise die durch Silikonformen vorgegebenen, hat man an der hier vorgestellten Technik hundertprozentig Spaß. Sie ermöglicht nicht nur eine Vielzahl an Umsetzungsmöglichkeiten für diverse Schmucksteine, sondern kommt in der Regel mit zwei Schichten Harz und fast ohne Nachbearbeitung aus. Die Technik ist daher ideal für Ersttäter/-innen und Neulinge im Kunstharz-Metier.
Neben Ohrringen lassen sich auch Anhänger, Ringe oder Broschen herstellen. Da meine Ideen übergesprudelt sind und einen Blogpost wahrlich überfrachten würden, folgt noch ein zweiter Teil, in dem weitere Umsetzungsbeispiele präsentiert werden (und vielleicht noch ein dritter Beitrag mit den Exponaten, die so gar nicht geglückt sind).
Die Technik basiert auf den Eigenschaften eines zähfließenden Überzugsharzes. Es wird dafür genutzt, eine dünne, hochglänzende Oberfläche zu erzeugen. Da das Harz in gemischten Zustand ungefähr die Konsistenz von zähem Honig hat, bleibt es beim Auftreffen auf eine Barriere sprichwörtlich "stehen" und fließt nicht weiter. Also eher ein Steh- als ein Gießharz.
Diese Materialeigenschaft machen wir uns zunutze. Mit 2 oder 5 mm starkem Aluminiumdraht werden Formen kreiiert. Da der Draht sehr weich ist, kann er problemlos von Hand oder mithilfe von Zangen geformt werden.
Die Formen werden dann mit gefärbtem Kunstharz gefüllt.
Klebeband dient dabei als Hilfskonstruktion, welches nach dem Härten entfernt wird.
Der Draht bleibt Bestandteil des späteren Schmucksteins.
Ich zeige im Beitrag die Herstellung großflächiger Kreolen, sowie zweiteiliger Pendelohrringe.
Aluminiumdraht, 2 mm rund oder 5 mm flach
Zähfließender Kunstharz, hier Glass'Lack(*) von Colles et Couleurs Cleopatre
Tesa Textiltape 5 cm breit
Flüssige Harzfarbe, Acrylfarbe und Pigmente nach Wahl zum Einfärben
Werkzeug: Seitenschneider, Metallfeile, Cutter
(*) das Material wurde mir vom Hersteller bedingungslos zur Verfügung gestellt.
In Deutschland erhältlich über amazon oder atelier-zsu.de
1)
Aus dem Aluminumdraht werden Mit dem Seitenschneider Stücke abgeschnitten und daraus Formen gebogen, die sich für Ohrringe eignen. Die spitzen Drahtenden werden mit der Metallfeile geglättet.
Links habe ich ovale Kreise aus 2 mm starkem Draht geformt, das werden großflächige Kreolen. Eine Befestigungsöse für den Ohrhaken ist direkt mit umgesetzt worden (so spart man sich das Bohren hinterher). Der Draht bleibt dabei an einem Stück und wird nicht auseinander geschnitten.
Rechts habe ich etwas kleinere Formen mithilfe von Zangen mit dem 5-mm-Draht geformt.
Die Drahtenden sollen aufeinanderstoßen, so dass eine geschlossene Form entsteht.
2)
Die Drahtformen werden auf die klebrige Seite des Textiltapes geklebt.
Die großflächigen Ohrringe erhalten noch eine Innenöffnung durch einen weiteren Drahtkreis.
Ist die Drahtform größer als das Klebeband, werden zwei Stücke mit etwas Überlappung aufeinander geklebt.
Das Klebeband hat den Vorteil, dass es sehr fein strukturiert ist und kein Muster ins Harz abdrückt. außerdem lässt es sich ohne Rückstände einfach wieder abziehen.
3)
Harz wird nach Packungsangabe gemischt, langsam umgerührt und umgetopft und aufgeteilt.
Für einen Marmoriereffekt wird Harz in drei verschiedenen Farben benötigt. Dafür eignet sich flüssige Harzfarbe, die Ohrringe werden dann halb-transparent.
Eine Portion Harz wird mit flüssiger Harzfarbe transparent violett gemischt.
Die zweite Portion wird mit silberfarbener Acrylfarbe metallisch silber eingefärbt.
Die dritte Portion Harz wird mit kupferfarbener Acrylfarbe metallisch kupfer eingefärbt.
4)
Damit ich die Formen ganz einfach von A nach B transportieren kann, lege ich sie auf eine dicke Pappe, die mir als Tablett dient. So kann ich die Teile da deponieren und aushärten lassen, wo mich die Ausdünstungen nicht stören (das Harz riecht nicht, aber dennoch sind die Dämpfe krebserregend).
Die gefärbten Harze werden wird mit einem Holzstäbchen abwechselnd in die Drahtformen getropft, bis die Form voll ist und das Harz etwas übersteht.
Wie man an den Fotos sieht, kleckst man Schlieren in die Formen, das Harz fließt nicht. Dieser Arbeitsschritt artet gerne in eine ziemliche Sauerei aus. Ich empfehle etwas Geduld und Konzentration.
Nun nach Packungsangabe aushärten lassen.
TIPP
Hat man etwas Harz daneben getropft, kann man das mit einem Q-Tip vorsichtig abtupfen.
Bitte nicht aufdrücken, sonst hängt das Q-Tip am Klebeband fest.
5)
Die kleinen zweiteiligen Ohrringe werden schwarz-weiß marmoriert. Für die Füllhöhe von 5 mm eignen sich opake Farben besser als transparente.
Eine Portion Harz wird mit weißer Acrylfarbe eingefärbt, eine Portion Harz mit schwarzem Pigment. Die dritte Portion Harz bleibt klar.
6)
Die gefärbten Harze werden wird mit einem Holzstäbchen abwechselnd in die Drahtformen getropft, bis die Form voll ist und das Harz etwas übersteht.
Nach Packungsangabe aushärten lassen.
7)
Das Klebeband wird abgezogen. Draht und Harz ergeben nun ein festes, dreidimensionales (wenn auch flachen) Objekt.
So - nämlich matt - sieht die Seite aus, die mit dem Klebeband in Verbindung war.
Damit die matte Optik verschwindet, wird diese Seite mit einer zweiten Schicht des zähfließenden Harzes "überlackiert".
TIPP
Ist Harz über- oder an der Schnittstelle zwischen den Drahtenden ausgeflossen, werden diese Überstände mit dem Cutter entfernt.
Meist reicht ein kleiner Stupser, und das Harz löst sich von alleine vom glatten Aluminium.
8)
Für den zweiten Arbeitsschritt lege ich die Schmucksteine mit der glänzenden Seite nach unten wieder auf das Papptablett.
Harz wird nach Packungsangabe gemischt , langsam umgerührt und umgetopft.
Dann wird das Harz mit dem Holzspatel auf die Oberfläche getropft und bis zum Rand verteilt.
Bei den Kreolen habe ich ja schlauerweise eine Festhalte-Lasche mit angebaut. Bei den kleinen Steinen hilft mir ein dünner Holzspieß dabei, die Teile während des Lackierens festzuhalten.
Lieber in mehreren Schritten auftragen, bis die Oberfläche bedeckt und die Ränder alle benetzt sind. Dann tropfenweise Harz auftropfen, so dass die Oberfläche leicht gewölbt ist.
Bei zuviel Harz hilft ein Q-Tip, den Überschuss aufzunehmen, so dass das Harz nicht überläuft.
Nach dem Härten sind die Kreolen fertig! Obwohl der Ohrring großflächig ist, wiegt er kaum etwas, daher eignet sich diese Technik phänomenal gut für Ohrringe.
Da die Befestigungsöse vorhanden ist, wird nur noch der Ohrhaken eingehängt.
Technisch finde ich die Form gut gelungen (das war ja auch erst mein vierter Anlauf). Allerdings finde ich die kleine Befestigungsöse an der Kreole rechts besser. Der Ohrring hängt dann nicht so tief. An solchen Details kann man durchaus noch feilen.
Zwischenzeitlich bin ich ein großer Fan von Ohrringen ohne Ohrhaken, daher habe ich mit den zweiteiligen Exponaten hier eine Umsetzung mit Stecker probiert.
Das erfordert etwas mehr technische Konfektionierung.
Für die zweiteiligen Ohrringe wird mit je zwei zierlichen Schraubösen der obere und der untere Schmuckstein verbunden. Hier muss vorsichtig in die Schmalseite der Schmucksteine vorgebohrt werden.
Zur Befestigung am Ohr wird am kleineren Stein rückseitig ein Ohrstecker mit einem Tropfen zähfließendem Harz befestigt. Das muss zwar wieder über Nacht aushärten, aber dafür hält die Verbindung sehr gut.
Sprudeln bei Dir schon die Ideen, was man aus Draht, Harz und Klebeband noch alles anfertigen könnte? Ich war nicht mehr zu bremsen und muss mich selber ziemlich zurückhalten, das Thema nicht noch weiter zu deklinieren (erfolglos, übrigens).
Weitere Umsetzungsideen findest Du in meinem nächsten Beitrag.
Dass die Umsetzung wirklich nicht schwer ist, zeigen die Ergebnisse meines Workshops zu dieser Technik, die Du hier einsehen kannst.
Glanzvolle Grüße sendet Dir
Edna Mo
PS:
Die Technik lässt sich für viele Schmuckstücke anwenden, die Anleitung für die Herstellung von Ringen findest Du hier.
Ein Kundenauftrag hat sich diesem DIY angeschlossen, die Umsetzung von Creolen in Rot, Schwarz und Silber findest du hier.
PPS:
Die Anleitung wird verlinkt bei: